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Abfälle und Sondermüll: Illegale Müllberge in Frankfurt wachsen

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Von: Thomas J. Schmidt

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Immer wieder bleiben Müllberge in Frankfurt liegen. Obwohl auch die Zahl der Bußgeldbescheide steigt, bleibt das meiste wohl am Steuerzahler hängen.

Frankfurt – Umzug – wohin mit dem Sperrmüll? Nicht wenige Frankfurter machen es sich einfach: Immer wieder bleiben Berge liegen, werden auch Abfälle des Alltags und sogar Sondermüll irgendwo hingeworfen. Entsprechend steigt seit Jahren auch die Zahl der Bußgeldverfahren. „Meist aber bleiben die Kosten am Steuerzahler hängen“, sagt Michael Jenisch, Sprecher vom Ordnungsamt, „weil wir nicht immer die Verantwortlichen ermitteln können.“ Nicht immer findet sich im Müll ein Briefumschlag mit dem Namen des Empfängers oder kann ein alter Vermieter so hilfreich sein wie in einem typischen Fall in Fechenheim.

Dort, in der Leo-Gans-Straße, versäumte es ein ausziehender Mieter, einen Abholtermin zu vereinbaren. Was er nicht mitnehmen wollte, stellte er einfach auf den Bürgersteig und verschwand. Es blieb ein acht Kubikmeter großer Haufen Müll und Sperrmüll zurück. Die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) räumte ihn schnellstmöglich weg, da, wie Jenisch, erläutert, der Gehweg gefährlich eng geworden war.

Wie in solchen Fällen üblich, schaltete sich die Stadtpolizei-Dienstgruppe „Natur- und Umweltschutz/Abfallrecht“ ein und erfragte bei der Wohnungsbaugesellschaft Hinweise auf den Übeltäter, dem kurz darauf eine Ordnungswidrigkeitsanzeige ins neue Haus flatterte. 218 solcher Anzeigen hat allein diese Dienstgruppe im vergangenen Jahr erstattet. „1734 Mal wurden Ermittlungen aufgenommen“, so Jenisch. In 1614 Fällen ermittelte die Dienstgruppe wegen illegaler Müllentsorgung. Zudem haben die Stadtpolizisten 582 Schrottfahrräder und 44 Schrottautos beseitigen lassen.

Acht Kubikmeter Abfall und Sperrmüll hat ein ausgezogener Mieter in Fechenheim auf den Bürgersteig gestellt und verschwand, ohne einen Abholtermin zu vereinbaren. Das wurde teuer für den Mann, den das Ordnungsamt ermitteln konnte. Doch das gelingt nicht immer. FOTOs: Ordnungsamt Frankfurt
Acht Kubikmeter Abfall und Sperrmüll hat ein ausgezogener Mieter in Fechenheim auf den Bürgersteig gestellt und verschwand, ohne einen Abholtermin zu vereinbaren. Das wurde teuer für den Mann, den das Ordnungsamt ermitteln konnte. Doch das gelingt nicht immer. © Ordnungsamt

Illegale Müllberge in Frankfurt wachsen: Seit 2019 jedes Jahr mehr als 1600 Fälle

Wie viel Müll insgesamt in Frankfurts Straßen lag, kann Jenisch noch nicht sagen. „Außer dieser Dienstgruppe, deren Ermittlungen ganz sicher den Hauptteil ausmachen, gibt es auch andere Abteilungen der Stadtpolizei, die solche Funde melden.“ Eine Gesamtbilanz aller Abteilungen liegt für 2022 noch nicht vor. In den Jahren davor wuchs die Bilanz stetig: So kamen alle Abteilungen 2021 auf insgesamt 1818 Fälle illegaler Müllablagerungen, fast 200 mehr als 2020. Nur 1632 waren es 2019.

Mehr Menschen, mehr Müll. „Gerade mit Homeoffice sind die Menschen mehr daheim, sie produzieren mehr Müll“, so Jenisch. Er schätzt, dass dieser Trend anhalten wird. „Die Dienstgruppe hatte 2022 nicht weniger zu tun als im Vorjahr“, sagte er.

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Stark steigend war zuletzt auch die Zahl aller Bußgeldverfahren. 2021 waren es 721, ein Jahr zuvor 493 und 2019 lediglich 267. Dabei beginnt das Bußgeld mit 55 Euro, wenn man nur eine Zigarettenkippe wegwirft und erwischt wird. Das Bußgeld kann bis zu 100.000 Euro betragen. Teuer kann es auch werden, wenn die Polizei eingeschaltet wird: Immer wenn Farben, Lacke, Öle, sonstige umweltgefährdende Stoffe oder Altreifen illegal entsorgt werden, handelt es sich um eine Umweltstraftat. Hier drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis, in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren. Im vergangenen Jahr hat die Dienstgruppe 20 solcher Straftaten bei der Polizei angezeigt. Für die Entsorgung des illegalen Mülls ist dann wiederum die FES zuständig. Deren Sprecher Stefan Röttele erläutert: „Wir fahren nicht nur illegalen Sperrmüll ab, den die Stabsstelle Sauberes Frankfurt oder die Dienstgruppe Umweltschutz uns meldet.“ Häufig kämen die Meldungen noch von anderer Seite. Entsprechend sind die Zahlen hier höher als bei der Stadtpolizei, aber gegen den Trend abnehmend: „Wir haben im Vorjahr 3277 solcher Abfuhren vorgenommen, deutlich weniger als 2021, als es 3735 waren.“ Röttele erklärt sich das mit der Normalisierung des Lebens nach der Pandemie und mit der wachsenden Inflation. „Die Leute kaufen nicht mehr so viel neue Möbel.“

Die Kosten kann er noch nicht beziffern, er schätzt sie auf einen höheren sechsstelligen Betrag. Auch die Mobile Schnellreinigung der FES sei ja täglich werktags unterwegs und erledige zwölf bis 15 Reinigungsaufträge, weil sich irgendwelche Frankfurter mal wieder verantwortungslos verhalten haben. Manche Fälle sind kurios. In Fechenheim stand ein Anhänger, mit Müll beladen. Über das Kennzeichen konnte die Halterin ermittelt werden. Der Anhänger war schon seit Monaten nicht mehr versichert. Die Frau kassierte ein Bußgeld wegen illegaler Müllentsorgung und eine Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz. (Thomas J. Schmidt)

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