Im Wald zu baden, kann nicht schaden

Der Trend aus Japan ist nun auch in Frankfurt angekommen. Die TG Sachsenhausen 04 bietet gemeinsames Waldbaden an.
Was Japaner schon seit Jahren in ihrer Freizeit tun, um sich vom stressigen Alltag zu entspannen, können Frankfurter jetzt mit professioneller Anleitung im Stadtwald: „Waldbaden“. Der Trend, im Original „Shirin Yoku“ genannt, der in Japan in den 1980er Jahren seinen Anfang nahm, hält nun Einzug bei der TG Sachsenhausen 04. Der Verein hat auf dem Sportgelände Babenhäuser Landstraße seine Turnhalle im Sommer eröffnet. Dort werden Kurse etwa in Yoga, Tanz und Rückenfit angeboten - letzteres bietet Karin Koeswandhy an. Nun hat die Trainerin für Prävention und Gesundheit sich im Anleiten zum Waldbaden ausbilden lassen und ließ jüngst die ersten Mitglieder und Interessenten in einem Schnupperkurs daran teilhaben.
Schlendern, schweigen und schauen
Sieben Frauen und die Leiterin trafen sich am Sportgelände. Nach ein paar Aufwärmübungen ging es los in den Wald. Aber nicht etwa im Laufschritt, wie die jungen Männer vom Lauftreff Spiridon, die die Gruppe joggend überholten. „Langsam schlendern, das ist unser Tempo“, sagt Koeswandhy an.
Es geht darum, den Wald mit allen Sinnen zu erfassen - und ihn in Ruhe zu genießen. Die Handys sollen aus oder stummgeschaltet sein. Und so ist die erste Aufgabe an die Teilnehmer, einen Gegenstand - etwa ein Blatt oder ein heruntergefallenes Stück Holz - zu finden. Im Kreis erklärt jede, was sie damit verbindet - und warum sie gerne in den Wald geht.
Die Antworten sprudeln nur so: „Das feuchte Stück Holz mit Moos erinnert mich an den kommenden Herbst. Das Moos und der Geruch nach Erde, das gefällt mir im Wald“, sagt die eine. Eine andere Teilnehmerin hat ein Schneckenhaus gefunden, die nächste eine Eichel. „Ich liebe die großen alten Eichen“, erklärt sie. Alle stimmen überein, dass sie der Wald meistens entspannt und den Alltag vergessen lässt. „Hier kann man tief durchatmen“.
Dann geht es weiter schlendernd und schweigend den Weg entlang Richtung Weilruh-Pfad. Die nächste Waldbaden-Aufgabe lautet: Schaut euch die Grüntöne an. Erstaunlich, wie viele Schattierungen zu sehen sind, je nach Sonnenlicht-Einstrahlung. Dann sammeln sich alle um ein paar Baumstämme. „Schließt jetzt die Augen und lauscht. Welche Geräusche hört ihr?“ fragt die Trainerin. Ein Vogelschrei, das Rauschen der Blätter im Wind - und schon übertönen die Turbinen eines Flugzeugs die Waldklänge. „Der Lärm ist leider fast normal, man kennt es im Stadtwald kaum anders“, sagen die Sachsenhäuserinnen unter den Teilnehmern. „Gerade heute stört es mich besonders“, sagt eine.
Am Wegrand stehen Schilder, zu lesen ist über das Weilruhrauschen. „Die Bezeichnung besagt, dass es sich um einen Laubwald handelt.“ Tatsächlich stehen hier viele Buchen, deren Blätter im Winde rauschen - auch heute. Die Waldbadenden versammeln sich zur Pause um eine Sitzbank und einen großen Baumstumpf, packen Brote und Kekse aus.
Karin Koeswandhy erklärt Hintergründe des „Badens in der Waldluft“, wie die direkte Übersetzung aus dem Japanischen lautet. „Es geht darum, ins Hier und Jetzt zu kommen, zu atmen und die Farben Grün und Braun aufzunehmen. Grün wirkt harmonisierend, Braun vermittelt Sicherheit, Schutz und Frieden.“ Wer langsam und achtsam durch den Wald geht, entspannt und stärkt sein Immunsystem. Denn die Luft enthält Terpene, pflanzliche Duftstoffe, die positive Wirkung auf den Menschen haben.
„In der heutigen Zeit, der täglichen Informationsflut und Multitasking brauchen wir ,Digital Detox‘“, findet Koeswandhy. Die Teilnehmerinnen stimmen zu und bedanken sich für den entspannten Vormittag. Irgendwie war ihnen schon vorher klar, dass es einfach gut tut, im Wald zu sein.