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Immer mehr Kameras in der Stadt

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Diese Kamera am neuen Stadthaus ist eindeutig auf den öffentlichen Raum ausgerichtet. Sie ist allerdings  noch nicht in Betrieb.
Diese Kamera am neuen Stadthaus ist eindeutig auf den öffentlichen Raum ausgerichtet. Sie ist allerdings noch nicht in Betrieb. © Salome Roessler

Überwachungskameras sind in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Viele filmen verbotenerweise den öffentlichen Raum. Auch am neuen Stadthaus wurden Kameras mit fragwürdiger Ausrichtung installiert. Anders als die umstrittenen Exemplare an der EZB (wir berichteten) sind sie aber noch nicht in Betrieb.

Wer zwischen Schirn und Dom am neuen Stadthaus vorbeiläuft, kommt an drei Überwachungskameras vorbei. Eines der Geräte ist auf den Vorplatz des Gebäudes und den benachbarten Parkhausabgang gerichtet, die beiden anderen zeigen auf den Weg zwischen Schirn und Dom. Schilder, die auf eine Überwachung hinweisen, hängen nirgends. Die Kameras dürften aber auch gar keine öffentlichen Flächen wie zum Beispiel Straßen und Fußwege aufnehmen.

Das Stadthaus, für das noch ein Betreiber gesucht wird, wurde vor anderthalb Wochen eingeweiht. Laufen die Kameras jetzt? Nein, die Anlage sei noch außer Betrieb, sagt Michael Guntersdorf, Geschäftsführer der zuständigen Dom-Römer GmbH, auf Nachfrage. Ob und wann die Kameras in Betrieb genommen werden, könne noch nicht gesagt werden. Wenn es so weit ist, würden aber alle entsprechenden Vorschriften und Gesetze beachtet.

Guntersdorf führt aus, dass die Anlage auf Veranlassung des Frankfurter Hauptamtes aus drei Gründen geplant wurde: Sie soll einen Einbruchschutz für das Stadthaus ermöglichen, einer versehentlichen Einschließung von Menschen im Archäologischen Garten vorbeugen und Vandalismus am Gebäude und im Archäologischen Garten erschweren oder verhindern.

Die Frage, ob oder wie die insgesamt fünf Kameras am Stadthaus rechtlich einwandfrei betrieben werden können, war zunächst offenbar zweitrangig: Die Planung und der Einbau seien sinnvoll, weil eine Nachrüstung hohe Kosten, erneute umfangreiche Baumaßnahmen und eine optische Beeinträchtigung des Hauses nach sich ziehen würde, teilt Guntersdorf mit.

Schrillende Warnglocken

Beim Hessischen Datenschutzbeauftragten und der Initiative „Die Datenschützer Rhein-Main“ gehen bei jeder neuen Überwachungsanlage sämtliche Warnglocken an. Denn die Zahl der Kameras, die verbotenerweise den öffentlichen Raum aufnehmen, ist mit der Verfügbarkeit immer günstigerer Technik geradezu explodiert.

Ulrike Müller aus dem Büro des Datenschutzbeauftragten sagt, dass die Behörde in die Planung der Stadthaus-Anlage nicht einbezogen worden sei. Das sei zwar auch keine Pflicht, viele Institutionen und Unternehmen machten das aber trotzdem, damit am Ende alles juristisch sauber sei. Müller hat gestern, nach Bekanntwerden der Kameras, Kontakt mit dem Frankfurter Datenschutzbeauftragten aufgenommen. Zur Rechtmäßigkeit der Anlage lasse sich vor der Inbetriebnahme keine Aussage treffen. „Wenn die Kameras teils auf öffentliche Flächen ausgerichtet sind, können diese ja verpixelt werden.“ Gehe die Anlage in Betrieb, werde eine Anhörung folgen.

Bernd Grohe, ebenfalls Mitarbeiter des Hessischen Datenschutzbeauftragten, sagt, dass die Zahl der Beschwerden über Überwachungskameras vom Jahr 2014 auf das Folgejahr von 225 auf 312 gestiegen sei. Zudem arbeite man nach und nach eine Sammeleingabe der „Datenschützer Rhein-Main“ ab. Roland Schäfer, Mitglied der Initiative, sagt auf Nachfrage, dass die zwei Jahre alte Eingabe 369 Standorte mit insgesamt mehr als 800 mutmaßlich unrechtmäßig installierten Kameras umfasse.

Mangelhafte Kapazitäten

Schäfer beklagt sich über die geringen personellen Kapazitäten der Datenschutzbehörden. Der Hessische Datenschutzbeauftragte habe erst etwa 25 Prozent der Sammeleingabe bearbeitet. In der Hälfte der Fälle hätten Kameras neu justiert oder komplett abgebaut werden müssen.

Gesetzlich ist eine Kameraüberwachung nur bis zur Grundstücksgrenze zulässig. Der Hessische Datenschutzbeauftragte zeigt sich bis zu einem Abstand von 50 Zentimetern von einer Fassade weg kulant, etwa im Hinblick auf Graffitisprayer und Wildpinkler. Datenschutzaktivist Schäfer betont aber, dass es dafür „keine rechtliche Grundlage“ gebe.

(chc)

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