„Mal schauen, ob ich nächste Woche fliehen muss ...“: Wenn in Bergen-Enkheim alle feiern, wird einer zittern
Mark Gläser organisiert ehrenamtlich fast im Alleingang den Berger Markt und das Stadtschreiberfest in Frankfurt. Eine arbeitsreiche Aufgabe.
Frankfurt – Einen Witz macht Mark Gläser dieser Tage immer wieder, wenn er über den Berger Markt in Frankfurt spricht. Er sagt Sätze wie: „Mal schauen, ob ich nächste Woche ins Ausland fliehen muss“ oder „Wenn ich vielleicht aus Bergen-Enkheim verbannt werde, dann...“. Es sei wirklich nur ein Witz, versichert Gläser. Er glaubt nicht wirklich, dass die Bergen-Enkheimer ihn mit Fackeln aus dem Stadtteil jagen, weil der Berger Markt nicht das war, was sie erwartet haben. Die Häufigkeit des Witzes lässt aber erahnen, dass er als Organisator des Stadtteilschreiberfestes und des Berger Markts damit rechnet, sich harscher Kritik auszusetzen.
Frankfurt: Berger Markt versetzt Stadtteil in Ausnahmezustand
Da ist etwa die Sache mit dem Autoscooter. „Ohne Autoscooter ist es kein richtiges Fest“, sagt Gläser. Darum hat er mit zig Schaustellern und Verleihern telefoniert, unzählige E-Mails geschrieben und Kirmessen in der Umgebung abgeklappert. Die Menschen waren nett und hilfsbereit, haben ihn an immer neue Schausteller vermittelt. Mehr Telefonate, mehr E-Mails, aber am Ende kein Autoscooter.
Auch der Caterer im Festzelt auf dem Marktplatz ist ein Wagnis. „Bei ihm spielt Fleisch eine Nebenrolle.“ Gläser versuchte noch einen Bratwurststand zu bekommen. Wer es deftig mag, soll zufrieden sein. Das nächste Wagnis ist die musikalische Begleitung des Stadtschreiberfestes. Gläser hat die Hip-Hop-Unterhaltungsfirma „Baby Shoo“ engagiert. Rap-Musik passt mit ihrem Fokus auf Texte zwar zu dem Literaturfest, könnte aber auch einige Buch-Freunde mit einem engen Verständnis von Hochkultur empören. Gläser ist „positiv angespannt“.

Berger Markt in Frankfurt fiel vergangenes Jahr aus
Warum es sich Gläser zur Aufgabe gemacht hat, den Berger Markt und das Stadtschreiberfest zu organisieren, kann er nicht sagen. Eine Antwort könnte aber sein, weil es sonst niemand gemacht hätte. Eigentlich kümmert sich darum der Geschäftsführer der Kulturgesellschaft. Die Stelle ist aber seit knapp zwei Jahren unbesetzt. So stellte Gläser schon 2022 das Stadtschreiberfest auf die Beine und statt des Berger Marktes organisierte Wilfried Bender, CDU-Ortsbeiratsmitglied und Vorsitzender der Stadtkapelle, mit vielen Vereinen ein dezentrales Stadtteilfest. Der Berger Markt fiel aus. Das sollte dem größten Fest des Stadtteils nicht noch einmal passieren. So übernahm Gläser auch die Organisation des Berger Marktes - und all das ehrenamtlich.
Seit 2021 sitzt Gläser für die Grünen im Bergen-Enkheimer Ortsbeirat. 66 Jahre ist er heute alt. Mit dem Mandat sei er erst „Bürger“ geworden, sagt er. Er wohnt zwar schon seit 33 Jahren im Stadtteil, wirklich Teil Bergen-Enkheims ist er aber erst als Ortsbeirat in der Pandemie geworden. „Während Corona bin ich in den Nächten oft stundenlang durch den Stadtteil gelaufen, hab mir die Orte angeschaut, die ich nicht kannte.“ Wie ist die Verkehrsbeschilderung an der Kreuzung dort genau? Passt unter der Brücke des Fritz-Schubert-Rings eine Skater-Anlage? Im Ortsbeirat entwickeln die Mitglieder einen eigenen Blick auf ihren Stadtteil.
Aufgewachsen ist Gläser in Königstein bei seiner Mutter und Großmutter. Der Vater starb bei einem Unfall, als er fünf Jahre alt war. Als Jugendlicher geht er zu Treffen von Marxisten. „Ich habe mich immer als links verstanden“, sagt er heute. Nach der Schule studiert er Architektur, arbeitet danach eine Zeit lang im Architekturbüro Albert Speer + Partner. Später wechselt er in den Kunstbetrieb.
Berger Markt und Stadtschreiberfest bietet Gästen ein reichhaltiges Programm
Er entwirft Bühnenbilder für Oper- und Theateraufführungen. Vom Theater kommt er zum Film. Er gründet Ende der 80er Jahre eine Werbefilmfirma in Frankfurt. Er gestaltet Messeausstellungen für Mercedes Benz, produziert für die Deutsche Bahn einen Werbespot, in dem er mit Trapezkünstlern die Pünktlichkeit der Bahn bewirbt und er produziert Spielfilme wie „Bader“ über den RAF-Terroristen. Mit dem Organisieren kennt sich Gläser aus - auch wenn er sich als „chaotisch“ beschreibt. „Ich versuche es immer wieder, aber ich schaffe es nicht, einen Terminkalender zu führen“, sagt er. Der Berger Markt und das Stadtschreiberfest waren für ihn trotz der Erfahrung ein Vollzeit-Job. Ob er es noch mal machen würde, wenn sich kein Geschäftsführer für die Kulturgesellschaft findet und die Bergen-Enkheimer ihn nicht aus dem Dorf jagen? Er weiß es nicht.
Auch in diesem Jahr bildet das Stadtschreiberfest den Auftakt für das Berger-Markt-Wochenende. Am Freitag, 1. September, geht es um 19 Uhr auf dem Marktplatz los - ab 18 Uhr ist das Festzelt geöffnet. Am Samstag öffnet der Berger Markt um 12 Uhr. Ab 20 Uhr spielen die Mad House Flowers. Am Sonntag geht es um 11 Uhr mit einem Ökumenischen Gottesdienst um 11 Uhr los. Um 14 Uhr startet der Festumzug an der Leuchte. Montag ist Familientag. Ab 15 Uhr gibt es eine Zaubershow und Theater für Kinder. Am Dienstag öffnet die Tierschau um 9.30 Uhr, ab 11.30 Uhr spielt die Stadtkapelle. Den Abschluss machen um 19.30 Uhr „Gastone“, ein Feuerwerk um 22 Uhr und DJ-Musik bis Mitternacht. (Friedrich Reinhardt)
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