In der Schellgasse schmeckt jetzt das Stöffche

Das Apfelweinkontor widmet das älteste Haus Frankfurts dem Ebbelwei.
Frankfurt -Das Fachwerkhaus in der Schellgasse 8 gilt als das älteste Haus Frankfurts. 1292 als Scheune erbaut und hunderte Jahre später zum Wohnhaus umgebaut, hat das zweistöckige Gebäude mit hohem Giebel sicher schon viele Bewohner gehabt. Heute liegt es etwas versteckt, eine Etage tiefer als die Walter-Kolb-Straße, von deren Gehweg aus eine Treppe hinabführt. Ob im Gewölbekeller darunter schon einmal Apfelwein lagerte, ist nicht überliefert.
Historisches Ambiente
Geeignet wäre das Gewölbe dafür allemal, weiß Josef Grunenberg, Inhaber des „Apfelweinkontors“, das vor kurzem hier eingezogen ist. Zuvor war der 35-Jährige mit seinem Geschäft unweit von der Schellgasse 8 an der Wallstraße beheimatet. Das neue Domizil bietet aber mehr Platz und das passendere Ambiente für die Apfelwein-Tastings, die fast täglich stattfinden. Der erste Stock ist mit Apfelweingarnituren eingerichtet, gut 60 Personen können dort sitzen.
Bei den Gruppen-Events, die auch für Firmen buchbar sind, vermittelt Grunenberg seinen Gästen jede Menge Wissen über das Stöffche, seine Herstellung und Geschichte. Teilnehmer können Sorten aus eigener und fremder Machart probieren, damit jeder zu seinem eigenen Urteil kommen kann, welche am besten schmeckt: eher herb oder eher süß oder fruchtig. Der Trend geht zu letzterem, vor allem bei jungen Leuten oder Zugezogenen, die Ebbelwei noch nicht kennen. Ein Bembel mit traditionellem Ebbelwei steht auch stets auf jedem Tisch, für den Zwischenschluck auf den Durst.
Vielleicht hat schon Goethe dort gesessen
Grunenberg freut sich riesig über sein neues Domizil, das er vom Eigentümer, der städtischen ABG-Holding, seit Anfang des Jahres mietet. „Das Haus ist schon lange mein Lieblingshaus im Brückenviertel. Vielleicht hat hier schon Goethe gesessen und Schoppen getrunken“, meint Grunenberg. Zu seinem Geschäft passt es wie die der Deckel aufs Gerippte. Schließlich ist auch der Apfelwein historisches Kulturgut, wurde er doch vor einem Jahr von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben, zählt seit Jahrhunderten zum Brauchtum in Hessen.
Zwar ist die Schellgasse 8 sogar älter als jene Apfelweinkultur, wurde der erste Ebbelwei erst um das Jahr 1600 nachweislich am Main hergestellt. Doch das historische Ambiente passt. Schön wäre noch ein Schild, das auf die Schellgasse 8 hinweist. Geplant ist im Sommer Tische und Stühle im Garten aufzustellen. Außerdem sollen die Räume Künstlern als Ausstellungsort zu Verfügung stehen, am liebsten für Kunst mit Bezug zum Apfel und zu Frankfurt. Zudem betreibt Grunenberg das Apfelweinkontor zusammen mit seiner Partnerin Dayanna Moya. Die Künstlerin, die aus Kolumbien stammt, bemalt unter dem Label „art bembel“ Bembel nach individuellen Wünschen. Das neueste Modell ist der schwarz-weiße Eintracht-Bembel mit Adler, vom Verein zertifiziert. Zudem entwirft sie die Etiketten für die hauseigenen Apfelweine.
Das Apfelweinkontor steht für die verschiedenen Erzeugnisse der Hausmarke „Wein aus Äpfeln“, die in Friedberg-Ockstadt gekeltert und hergestellt werden. Auch sie sind ausgefeilter als klassischer Äppler, teilweise aus einer besonderen Apfelsorte und schmecken fruchtiger und frischer als gewohnt. Abgefüllt sind sie in Weinflaschen mit Drehverschluss. Und so wähnt man sich in dem mit warmem Licht ausgestalteten Verkaufsraum mit den 700 Jahre alten Stützbalken in der Mitte eher in einer edlen Weinhandlung als in einem Apfelweingeschäft.
Cuvée und Skyline-Schoppen
In den Regalen stehen etwa das Cuvée aus Goldparmäne und Bohnapfel, halb süß, halb trocken, oder der Skyline-Schoppen, erkennbar an den Etiketten mit schwarz-weißer Skyline, mit Blickrichtung vom Sachsenhäuser Ufer oder von der Flößerbrücke Richtung Wolkenkratzer. „Wir haben uns früher oft mit Schoppen ans Mainufer gesetzt. So kam die Idee, einen Skyline-Schoppen herzustellen“, erzählt Grunenberg.
Verkauft und beim Tasting ausprobiert werden auch die Schoppen befreundeter Kelterer, die sich so genannten modernen Apfelwein auf die Fahnen geschrieben haben. Es gibt Schaumweine, Perlweine, die wie Rosé aussehen, alle aus Äpfeln. Der teuerste kostet 55 Euro, aus dem Jahr 2008 von Andreas Schneider vom Obsthof am Steinberg in Nieder-Erlenbach. „Viele fragen mich, ob Apfelwein besser wird, je länger er lagert,“ sagt Grunenberg. „Dieser schmeckt auf jeden Fall sehr gut.“ Selbstgekelterter Ebbelwei, der nicht geschwefelt ist, sollte nach einem Jahr aber getrunken sein.