Trend erreicht Frankfurt: In der Tönesgasse kann man jetzt Äxte werfen
Ein kanadischer Kneipensport, bei dem die Bahnen mit Maschendraht gesichert werden müssen, hält in Frankfurt Einzug. Ein Besuch bei „Woodcutter“.
Frankfurt - Darts kann jeder. Mit Pfeil und Bogen schießen können viele. Jetzt gibt es in der Töngesgasse etwas völlig Neues in Frankfurt. In gesicherten Abteilen kann man sich im Axt werfen ausprobieren. Der Trend wurde in Kanada erfunden, wird in den USA geliebt und ist jetzt aus Belgien nach Frankfurt geschwappt.
John Steward III. (36) trägt zwar kein Holzfällerhemd, aber ein schwarzes T-Shirt mit der weißen Aufschrift „Woodcutter“ - und eine rostfarbene Mütze. „Ganz wichtig: Ihr müsst in die Richtung werfen“, sagt er lachend und zeigt auf eine riesige runde Holzscheibe mit Kreisen wie auf einer Dartscheibe. Er nimmt eine Axt in die Hand, stellt einen Fuß nach vorne an den Rand einer langen Kokosmatte, streckt den Arm mit der Axt aus, nimmt den Oberkörper zurück, holt aus und lässt das scharfe Ding wie einen kleinen Pfeil mitten im Roten landen.
Axtwerfen bei „Woodcutter“ in Frankfurt: „Ihr braucht keine Kraft“
In der Töngesgasse 4 in Frankfurt hängen seit Kurzem zwischen Maschendrahtzäumen dicke Baumscheiben, es riecht nach frisch geschlagenem Holz. Auf hohen Holztischen steht Bier, auf Baumstämmen, die als Hocker benutzt werden, liegen Taschen und Mäntel von Besuchern, die es probieren wollen, mit der Axt ins Schwarze, beziehungsweise ins Rote zu treffen. Die ersten Versuche scheitern kläglich. Die Äxte landen über den Zielscheiben, prallen an Gummimatten ab - oder klatschen donnernd mit der Breitseite ans Ziel.
„Ihr braucht keine Kraft. Bleibt ganz locker“, schlägt der „Axe Master“, der Axt-Meister, vor. John kann nicht nur mit der Axt umgehen, sondern ist auch der Geschäftsführer des skurrilen Ladens. „Die Firma kommt aus Belgien und bietet dort seit vier Jahren Axt-Werfen an. Ein Trend, der aus Kanada kommt, in den USA überall zu finden ist und jetzt auch in Berlin und in Frankfurt.“
Axtwerfen bei „Woodcutter“ in Frankfurt: „Das ist ja wie Golf“
Die vier jungen Männer, die aus Frankfurt, Mainz und München kommen und „sich einen schönen Tag machen“ wollen, versuchen es nacheinander noch einmal. Schon viel besser. Die Handgelenke müssen fest sein. Artem (30) trifft die Scheibe. „Das ist ja wie Golf“, ruft er fasziniert. In den Drahtkabinen fliegen Äxte um die Wette. Wer es nicht freihändig schafft, kann mit der anderen Hand die Wurfhand umschließen und dann locker ausholen. Oder man lässt den Arm baumeln, die Axt gerade in der Hand und schwingt sie so von unten nach oben zum Ziel.

John und seine Mitarbeiterin Irene (23) können noch mehr. Die Axt auf dem Fuß, donnern sie das Gerät wie einen Fußball in die Mitte der Holzstämme. „Frauen lernen es oft schneller als Männer“, weiß John. „Sie gehen das Ganze mit Gefühl statt Kraft an. Nicht in den Armen liegt die Stärke, sondern im Oberkörper.“ Kaum gesagt, schon landet seine Axt auf dem Boden. Irene grinst und macht es noch mal vor. Volltreffer.
Am Rand in dem sonst in dunklem Grau gehaltenen Raum, der wie ein Loft wirkt, stehen benutzte Zielscheiben, die völlig ausgewetzt und ausgehöhlt sind vor lauter Treffern. „Wir benutzen hauptsächlich Pappelholz von toten Bäumen“, sagt John.
Axtwerfen bei „Woodcutter“ in Frankfurt: Immer wieder gibt es Tipps
Kleine Holzklötze aus zerkleinerten Zielscheiben sind fein säuberlich gestapelt. „Brennholz“, bemerkt Artem, der mit seinen Kumpels den Dreh raushat und immer selbstbewusster zielt - und trifft. Die Gruppe lacht viel, man gibt sich Tipps, und ab und zu gibt John neue Hinweise, wie es noch besser geht.
Die meisten Kunden in Frankfurt kommen in Gruppen. „Axtwerfen ist toll fürs Teambuilding. Viele große Firmen kommen mit ihren Mitarbeitern her“, sagt John. Man werde Stress los, habe mit Naturmaterial zu tun und lasse das Gemeinschaftsgefühl wachsen. „Außerdem respektiert jeder die Axt“, sagt er.
Wer nur zuschauen oder chillen will, hat jede Menge Platz hinter der Bar. Andere Spiele aus Holz warten auf einem großen Tisch, es gibt 240 Sorten Bier. „Viele Sorten, die sonst niemand in Frankfurt hat. Aus Belgien und Frankreich zum Beispiel“, so John. Um 23 Uhr ist Schluss. „Wer betrunken ist, darf ohnehin nicht mit der Axt werfen. Die Leute sollen hier Spaß haben und anschließen woanders feiern gehen“, sagt er augenzwinkernd und guckt den Besuchern zu, die immer mehr Ehrgeiz entwickeln, mit der Axt ebenso gut umgehen zu können wie echte Holzfäller. (Sabine Schramek)
Wer in Frankfurt ausgehen will, kann seit wenigen Wochen wieder in die Kult-Kneipe „Elfer“ gehen. Nach ihrem Umzug lockt sie mit Techno, Live-Musik, Karaoke und Leseabenden.