In Frankfurt kommt die Kirche auf den Hund: Göttlicher Segen für Mensch und Tier

Seit 14 Jahren gibt es in der Wartburggemeinde eine ganz besondere Andacht - und wieder kamen viele Frauchen und Herrchen.
Frankfurt -Auch Tiere haben eine Seele. Darum gibt es in der evangelischen Wartburggemeinde in Bornheim seit 2007 jedes Jahr eine ökumenische Andacht für Mensch und Tier - inklusive Segen für kleine und große beste Freunde der Menschen.
Lola (14) grummelt leise, weil sich ein Chihuahua dem Wassernapf der schwarz-braunen Dackel-Pinscher-Mischlingshündin nähert. Der Chihuahua dreht ab und findet den nächsten Wassernapf. Auf Streit hat er keine Lust, und in der Kirche der Wartburggemeinde gibt es viel zu viel zu erschnuppern und zu entdecken. Der Prädikant in Rente Uwe Doehn (81) lacht. „Es ist genug für alle da“, sagt er und freut sich, dass nach und nach mehr als 30 Leute und eine ganze Menge Hunde in die Kirche zur ökumenischen Andacht für Mensch und Tier kommen.
Ein Foto als Erinnerung
Manche, wie Heike Besuch (72), haben Fotos ihrer Lieblinge auf ihren Handys. „Das war Nicki. Der war ein richtiger Hallodri und ganz schön schlau“, erzählt sie über den Pekinesen, der 16 Jahre alt wurde und vor sechs Jahren gestorben ist. Zur Tier-Andacht kommt sie weiterhin. „Hier ist doch meine Gemeinde“, sagt sie, obwohl sie nicht mehr in der Nähe wohnt. Sofort trifft sie Bekannte, krault einen Cockerspaniel und die Labradore Scout (10) und Buster (5), die freundlich und schwanzwedelnd jeden begrüßen wie alte Freunde.
Scout und Buster sind das erste Mal da. Ihre Besitzerin Sabine Jennewein (53) hat Doehn und seine Frau Gabi Behr Doehn auf der Hundewiese kennengelernt und so von der Andacht erfahren. „Eine wunderschöne Idee“, findet sie und die Hunde fühlen sich ebenfalls sichtlich wohl.
Die Leute sitzen an langen Tischen mit Wasser und Apfelschorle, die Hunde liegen derweil auf dem kühlen Boden. Alle lauschen Doehn, der von Regenbogen erzählt, auf der Gitarre spielt und singt. „Regenbogen sind mystisch und magisch. Als Noah mit seiner Arche gelandet ist und ausgestiegen ist, hat er zuerst einen Regenbogen gesehen und die Stimme Gottes gehört“, sagt er und singt „Darum soll mein Bogen in den Wolken sein“ als ewigen Bund zwischen Gott, Noah und aller lebendigen Kreaturen.
Doehn geht weiter und weitet mit seinem Liedtitel „Sieh den Regenbogen“ auf LGBTQ die Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich und queer - aus, die „den Regenbogen zu Recht als Symbol gewählt haben. Ein echter Skandal, dass sie so lange verboten waren.“ Doehn, der auch promovierter Philosoph ist, befasst sich in seinen Liedern und Melodien mit denen, die eine Seele haben. Mit Menschen und Tieren gleichermaßen.
Auch Tiere haben eine Seele
„Auf dem Wagen“ ist ein Lied über ein Kälbchen zum Refrain von Donna Die. Das Kälbchen liegt auf einem Wagen gefesselt mit einem Strick auf dem Weg zum Schlachter. Und er zitiert singend Franz von Assisi, der mehr von Hunden als von Menschen hielt. „Der Hund ist noch im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.“ Auch Plato taucht auf. Damit, dass der Hund eine Seele hat. Das Wuffen der Vierbeiner im Raum tut sein Übriges dazu. Frieden ist das, was in der Andacht wichtig ist. Frieden mit allen. Das Lied „Hevenu Shalom Aleichem“, singen alle mit - auf Hebräisch und Deutsch. Wir wünschen Frieden für alle, Frieden für die ganze Welt. Auch der Segen soll den Zwei- und Vierbeinern Frieden bringen. Alle nehmen ihn dankbar an und applaudieren. Wenn es nach ihnen ginge, würden sie noch mehr als das Dutzend Lieder und Texte hören, die Doehn ausgesucht hat.
Doch auch das Buffet, das im Nebenraum aufgebaut wurde, lässt Gespräche zu. Bei selbst gemachten Frikadellen, Kartoffel- und asiatischem Nudelsalat, bei gerettetem Käse, Fleischwurst, Brot und Gebäck kommen die Hundehalter ins Gespräch. Ihre Tiere fühlen sich sichtlich wohl miteinander, beschnuppern sich und lassen sich kraulen, während ihre Besitzer miteinander essen, trinken und plaudern. Über ihre Lieblinge, das Leben, über Frieden und über Regenbogen. Es fängt leicht an zu nieseln und draußen erscheint er: der Regenbogen über dem Nordend.