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Wie ein italienisches Steinhaus dem Frankfurter Fluglärm entgegentritt

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Das ist weder ein überdimensionales Ei noch ein zu groß geratenes Wespennest, sondern ein Trullo ? ein in Apulien gängiges Rundhaus aus Stein. Eine Nachbildung haben Aktive des Vereins WOFA Oberrad auf dem Buchrainplatz aufgestellt, um zu demonstrieren, wie laut es in Oberrad ist.
Das ist weder ein überdimensionales Ei noch ein zu groß geratenes Wespennest, sondern ein Trullo ? ein in Apulien gängiges Rundhaus aus Stein. Eine Nachbildung haben Aktive des Vereins WOFA Oberrad auf dem Buchrainplatz aufgestellt, um zu demonstrieren, wie laut es in Oberrad ist. © Rainer Rueffer-- FRANKFURT AM MA

Der Verein WOFA kämpft schon lange gegen den anhaltenden Fluglärm im Stadtteil. Am Wochenende griffen die Fluglärmgegner auf dem Buchrainplatz zu ungewöhnlichen Mitteln.

Obst, Gemüse, Brot oder Wurst sind ganz plötzlich nicht mehr so interessant. Die meisten Besucher, die zum Wochenmarkt auf den Buchrainplatz gekommen sind, interessieren sich am vergangenen Samstag mehr für das seltsame Gebilde, das im hinteren Teil des Platzes steht: Ein graues, rundes Haus, das an ein zu groß geratenes Iglu erinnert. Bei dem Rundhaus handelt es sich um einen sogenannten Trullo. Besonders häufig in der italienischen Provinz Apulien zu Gesicht bekommt.

Aufgestellt hat den Trullo der Verein ,,Bürger für Wohnen ohne Fluglärm und Absturzbedrohung“ (WOFA), der seit Eröffnung der Landebahn Nordwest (2011) gegen Fluglärm kämpft. Das außergewöhnliche Bauwerk soll den Verein dabei unterstützen, wie der WOFA-Vorsitzender Volker Hartmann erklärt. Er hat den 400 Kilogramm schweren Trullo bereits um 7 Uhr morgens mit einigen Mitstreitern aufgebaut.

,,Das Rundhaus verfügt über eine zehn Zentimeter dicke Lärmschutzwand“ erklärt er. Mit Hilfe von Lärmmessungen wolle der Verein dafür sensibilisieren, wie laut es in Oberrad wirklich sei. An dieser Stelle kommt Harald Jaensch ins Spiel. Der Pfarrer im Ruhestand hat sich schon aktiv gegen Fluglärm engagiert, als er noch seine Gemeinde betreut hat.

Recht auf Stille

Mit einer auf seinem Handy installierten Anwendung misst er den Durchschnittslärm auf dem Buchrainplatz. ,,Etwas über 60 Dezibel“, sagt Jaensch und deutet auf das Display. Dieser Wert liegt nah an der Grenze des verträglichen Lärms. Anschließend bittet er einige Marktbesucher in den Trullo. Kaum hat er die Tür geschlossen, dringen Geräusche von draußen nur noch gedämpft durch die dicke Wand. Jaensch zückt für eine Messung erneut sein Handy. ,,Durch den Abfall des Schalldrucks kommen hier nur noch 40 Dezibel an“ sagt er. Der durchschnittliche Lärm sei so zwar gesunken – das Lärmproblem aber noch nicht gelöst. ,,Niemand möchte auf Dauer in einem kleinen Trullo leben“, sagt Jaensch. Dazu komme noch, dass einzelne, laute Geräusche auch durch die Dämmung nicht aufgehalten würden.

Wie aufs Stichwort fliegt ein startendes Flugzeug direkt über den Marktplatz. Sogleich schnellt das Messgerät wieder in die Höhe – 65 Dezibel. ,,Und genau das ist das Problem, das wir mit dem Fluglärm in Oberrad haben“, erklärt Jaensch. Der Krach verletze seiner Meinung nach das Recht, Stille und Einkehr finden zu können. Diese könne nur durch eine Reduzierung der Flugbewegungen gewahrt werden.

So sieht das auch Daniela Fischer-Vöglin, die seit zwölf Jahren in der Nähe des Friedhofs wohnt. ,,Dort sollte es eigentlich leise sein“, sagt sie. In Wirklichkeit sei es aber so laut, dass sie sich nicht einmal auf ihrer Terrasse unterhalten könne. Den Trullo auf dem Buchrainplatz begrüßt sie. So könne sich jeder selbst ein Bild davon machen, welche Belastung der Fluglärm für die Betroffenen sei.

Kritik am Vorgehen

Diese Positionen macht Jaensch auch in einem Redebeitrag deutlich, als die Skulptur der Oberräder Gärtnerfrau direkt neben dem Trullo feierlich enthüllt wird (wir berichteten). Auch Hartmann ruft die Marktbesucher auf, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. ,,Es kann doch nicht sein, dass hier niemand eine Rede halten kann, ohne wegen des Krachs unterbrechen zu müssen“, schallt es über die Lautsprecher.

Die Beiträge während der Enthüllung stoßen bei einigen Oberrädern auf scharfe Kritik. ,,Ich finde das eine Frechheit“, ärgert sich etwa Inge Rosewick. Ihrer Meinung nach stelle der Verein die Gärtnerfrau in den Hintergrund. ,,Natürlich ist das mit dem Fluglärm nicht schön. Aber einige Gärtner sind extra für die Enthüllung angereist, und nicht für Reden gegen Fluglärm“, sagt Rosewick weiter. Hartmann kann die Beschwerden nur bedingt nachvollziehen. ,,Ich habe die Gärtnerfrau sowohl als Privatperson, als auch im Bürgerverein mitgetragen“, sagt er. Gleichwohl sei die WOFA immer offen für Kritik und wünsche sich die Diskussion mit den Bürgern.

Somit will der Verein auch weiter dem Krach in Oberrad entgegenwirken. Auch bei der nächsten Montagsdemo gegen Fluglärm – am 29. August am Terminal 1 – wollen die Fluglärmgegner wieder protestieren.

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