Kosten in Frankfurt explodieren: Jetzt trifft es Fernwärme-Kunden besonders hart
Abschlagszahlungen für Fernwärme schießen in Frankfurt durch die Decke. Verbraucherschützer gehen bereits auf die Barrikaden.
Frankfurt – Alles wird teurer: Lebensmittel, Strom und Gas. Doch wer am Fernwärmenetz der Mainova hängt, muss von heute an besonders tief in die Tasche greifen: Die Höhe der monatlichen Abschlagzahlung verdoppelt sich. Der Grund dafür ist, dass sich die Rohstoffpreise, die auf den Future-Märkten für Kohle und Gas gezahlt werden müssen, verdreifacht beziehungsweise beim Gas gar vervierfacht haben.
Dies wirkt sich in unterschiedlichen Kommunen unterschiedlich aus – je nachdem, wie groß der Anteil der fossilen Energieträger an der Erzeugung der Fernwärme ist. Jeder Versorger, auch die Mainova, hat deshalb eine eigene Formel, um die Preise zu ermitteln.
Energie in Frankfurt: Deshalb trifft es jetzt Fernwärme-Kunden
Diese Formel ist kompliziert. Unter anderem spielen die Preise für Gas und Kohle hinein, denn das Frankfurter Fernwärmenetz bezieht nur 28 Prozent seiner Energie aus der Müllverbrennung. 72 Prozent stammen aus den fossilen Quellen Gas (41 Prozent), Kohle (29 Prozent) und Öl (zwei Prozent, Zahlen aus 2021).

In die Abrechnungsformel fließt der Gaspreis mit 30 Prozent, der Kohlepreis mit 25 Prozent ein, die Energie aus dem Müllheizkraftwerk trägt 15 Prozent zu den Kosten bei. Andere Faktoren, die zu je zehn Prozent in die Gleichung eingehen, sind die Lohnkosten der Beschäftigten und die Verhältnisse am allgemeinen Wärmemarkt. Zehn Prozent der Kosten unterliegen nicht der jährlich errechneten Preisänderung.
Kritik an den Preisen: Verbraucherschützer kritisieren die Preispolitik in Frankfurt
An der Preiserhöhung für die Fernwärme gibt es massive Kritik – nicht nur in Frankfurt, sondern bundesweit. Peter Lassek, Leiter der Fachgruppe Recht bei der Verbraucherzentrale Hessen, berichtet: „Der Verbraucherzentrale Bundesverband bemängelt das Vorgehen der Versorger. Die Berechnung der Preise sei in viele Fällen „intransparent“. Oft sei es für die Verbraucher schwierig bis unmöglich nachzuvollziehen, warum Preise wie angehoben werden.
In Hessen stiegen die Preise für Fernwärme rasant, aber nicht in so hohem Maße wie für Gas. Wie hoch die Preissteigerungen ausfallen, komme auch darauf an, wie groß der Erdgas-Anteil beim jeweiligen Fernwärme-Versorger ist. Es gibt Lassek zufolge große regionale Unterschiede. Der Preis, den die Verbraucher zahlen müssen, hänge wesentlich vom Erzeuger und vom Fernwärmesystem der Stadt ab, daher seien pauschale Aussagen zur Preisentwicklung nicht möglich.
Gaskunden in Frankfurt zahlen „nur“ 20 Prozent mehr
Der Preisschock, der für 20.000 Haushalte in Frankfurt heute Realität wird, ist für die Bezieher von Fernwärme jedenfalls deutlich größer als für die Gaskunden. Deren Heizkosten erhöhen sich lediglich um etwa 20 Prozent auf 13,88 Prozent pro kWh (brutto).
Ulrike Schulz, Sprecherin der Mainova, verteidigt die Preiserhöhung: „Der Fernwärmepreis wird jährlich zum 1. Oktober angepasst, der Gaspreis häufiger. Die jüngste Erhebung hatte es am 1. Juli gegeben.“ Schon zu diesem Zeitpunkt war der Gaspreis also gestiegen, auf 11,30 Cent pro kWh - den Preis, der bis gestern zu zahlen war. Vergleicht man hingegen den Gaspreis von vor einem Jahr, so verdoppelte sich dieser ebenfalls, von 6,78 auf 12,97 Cent - netto.
Hohe Preise in Frankfurt: Entlastung durch Verringerung des Mehrwertsteuersatzes?
Der Preis für den Bezug von Fernwärme verdoppelt sich auf (brutto) 16,16 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Der Emissionspreis, die CO2-Abgabe, beträgt (brutto) 2,12 Cent pro kWh, so dass pro kWh 18,28 Cent zu zahlen sind. Bei einem Verbrauch von jährlich 12 000 kWh macht dies eine Heizrechnung von 2193,60 Euro; der Grundpreis beträgt bei einem zehn Kilowatt-Anschluss 511,60 Euro. Die monatliche Abschlagzahlung wäre 225,43 Euro. Die Mainova errechnete, dass dies eine Verdopplung der bisherigen Abschlagszahlung ist.
Entlastung könnte die seit einigen Tagen diskutierte Verringerung des Mehrwertsteuersatzes auch für die Fernwärme bringen. Die jährlichen Kosten für den Arbeitspreis der Fernwärme sinkt dann auf 1972,40 Euro, der Grundpreis auf 460 Euro. Die monatliche Abschlagzahlung sinkt von 225,43 auf 202,70 Euro.
Verbraucherschützer Lassek rät: „Es kann sich immer lohnen, die Rechtmäßigkeit von Preiserhöhungen zu hinterfragen.“ Wer die Preise erhöhen will, muss mit den Kunden Verträge abgeschlossen haben, die eine „wirksame Preisanpassungsklausel“ beinhalten. „Diese zu überprüfen ist rechtlich sehr komplex und entsprechende Streitigkeiten landen häufig vor Gericht“, so Lassek. Kunden müssten sich gegebenenfalls an die allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung in Kehl wenden. „Die Schlichtungsstelle Energie ist für Fernwärme-Streitigkeiten jedenfalls nicht zuständig“, sagt der Rechtsanwalt. (Thomas J. Schmidt)
In Frankfurt gibt es die weltweit größte Wasserstoff-Zugflotte, sie kommt ganz ohne Gas, Kohle und Fernwärme aus.