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Kaffeefahrt gegen Trickbetrüger durch Frankfurt

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Wie man sich vor Trickbetrügern schützt - das erfuhren Teilnehmer einer Stadtrundfahrt, die der Frankfurter Präventionsrat organisierte. FOTOs: sabine schramek
Wie man sich vor Trickbetrügern schützt - das erfuhren Teilnehmer einer Stadtrundfahrt, die der Frankfurter Präventionsrat organisierte. FOTOs: sabine schramek © Sabine Schramek

Immer wieder werden vor allem Senioren von Kriminellen um ihr Hab und Gut gebracht - mit fiese Methoden. Polizei und Präventionsrat klären auf. Auch mit besonderen Touren.

Stadtrundfahrten sind nicht nur für Touristen spannend. Aufgeregt steigen 44 Männer und Frauen in Schwanheim in den weißen Reisebus und lassen sich mit Vergnügen entführen. Dirk Herwig vom Präventionsrat weiß fast alles über die Mainmetropole und erzählt den Senioren auf Frankfurterisch Geschichte und Geschichten über Rebstock, Europaviertel, das verruchte Bahnhofsviertel, das Museumsufer und Alt-Sachsenhausen, den Henninger Turm, Ost- und Westhafen, das Gericht und immer wieder Ebbelwoi.

Erinnerungen kommen hoch und Staunen. Darüber, wie die Stadt wächst, wie sie aus dem hohen Bus aussieht. „Ich habe keine Enkel. Schade eigentlich“, meint Dieter Brum (73) und sieht einem kleinen Jungen beim Spielen am Straßenrand zu. „Mit einem Enkel würde der Ausflug in Museen noch mehr Spaß machen.“ Seit mehr als 200 Jahren ist seine Familie in Schwanheim zu Hause. Brums Frau ist vor drei Jahren gestorben. „Ans Museumsufer komme ich wieder. Da ist so viel Schönes“, nimmt sich der Ingenieur, der an der Musikschule sein Hobby Gitarre zum Beruf gemacht hat, vor und lächelt dabei.

Dass er keine Enkel hat, hilft ihm, wenn es um Kriminelle geht. „Der Enkeltrick funktioniert da nicht“, meint er augenzwinkernd. Seit zehn Jahren gibt es Senioren-Touren zur Kriminalitätsprävention. Nach drei Jahren Corona-Pause ist der Bus wieder auf Achse. „In diesem Jahr werden wir wohl unseren 1500. Gast begrüßen“, so Herwig, der das rappelvolle Gefährt zum Polizeipräsidium gleiten lässt. „Hier gibt es keine Heizdecken, aber Kaffee und Kuchen“, sagt er halb im Scherz, halb im Ernst. Senioren stark machen gegen Trickbetrüger - das treibt ihn an.

Polizeihauptkommissarin Susanne Hippauf erwartet die Gäste bereits strahlend. Sie ist nicht nur die Frau, die gerade den deutschen Pi-Rekord aufgestellt hat und 15 637 Nach-Komma-Stellen der Kreiszahl aufgezählt hat, sondern sie arbeitet bei der kriminalpolizeilichen Prävention.

Käse- und Streuselkuchen versüßen den Leuten die Vorträge. „Da kriegt man schon Angst, was sich die Verbrecher sich alles einfallen lassen“, flüstert Ruth Schäfer (89) kopfschüttelnd. Hippauf spielt Schockanrufe vor, mit denen Kriminelle Geld abzocken. Mit vermeintlichen Polizisten, Staatsanwälten und weinenden Frauen, die sich als Tochter ausgeben. Im vergangenen Jahr wurden in Frankfurt 379 Fälle des Trickbetrugs bei Personen über 60 Jahren angezeigt. 71 mehr als 2021. Dazu gehören Trickdiebstahl aus Wohnungen, betrügerische Haustürgeschäfte, dauerhafte Ausbeutung, Teppich- und Pelzbetrug oder falsche Handwerker, die sich Zugang zu Wohnungen verschafft haben.

Beispiele hat Hippauf jede Menge: „Gerade Schockanrufe sind schwer durchschaubar, weil eben der gespielte Schockmoment genutzt wird, bei dem das Gehirn aussetzt.“ Das betreffe nicht nur alte Menschen. Sie erzählt von einem Fall Anfang März, als eine 20-Jährige das Telefon abnahm. Die Täter gaukelten ihr einen Unfall vor, den ihre Mutter angeblich verursacht habe und erbeuteten mehr als 10 000 Euro „Kaution“. „Die Täter horchen die Opfer unauffällig aus und bekommen so Informationen, die sie sofort verwenden und das Gespräch damit glaubwürdig wirken lassen“, weiß Hippauf. „Die Polizei ruft niemals an, um eine Schreckensnachricht zu verkünden“, klärt sie auf. Ausweise vermeintlicher Polizisten vor der Haustür könne man nicht prüfen. Da helfe ein Anruf bei der 110 oder beim Polizeirevier, um nachzufragen, ob es gerade tatsächlich einen Einsatz an dem Haus gibt: „Die Kollegen kommen sofort.“

Unangekündigte Handwerker solle man nicht einlassen und sofort bei der entsprechenden Firma und bei der Polizei anrufen - „lieber einmal zu oft als einmal zu wenig“. Wenn Handwerker kommen, sei es gut, eine weitere Person zu holen. „Einen Nachbarn zum Beispiel, damit sich niemand unbeobachtet in der Wohnung bewegen kann.“

Die Täter finden ihre Opfer im Telefonbuch bei der Suche nach altmodischen Namen oder sechsstelligen Telefonnummern. Wer zum Opfer wird, traut sich oft nicht, eine Anzeige zu machen - „aus falscher Scham“. Der Präventionsrat und die Polizei helfen auf jeden Fall. Auch wenn ausgehändigtes Geld oder Schmuck oft nicht zurückgeholt werden können, gibt es den Opferschutz, damit die seelischen Wunden heilen können.

Brum und Schäfer nicken. „Wir passen auf“, sagen sie nach dem Nachmittag voller Eindrücke über die Stadt und Kriminelle.

Hilfreiches im Netz

Unter www.gewalt-sehen-hel-

fen.de gibt es weitere Infos über den Präventionsrat und Hilfe.

Erklärten Senioren, worauf sie achten müssen: Dirk Herwig vom Präventionsrat und Polizeihauptkommissarin Susanne Hippauf.
Erklärten Senioren, worauf sie achten müssen: Dirk Herwig vom Präventionsrat und Polizeihauptkommissarin Susanne Hippauf. © Schramek

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