1. Startseite
  2. Frankfurt

Es fährt kein Zug nach nirgendwo: Viele Ausfälle bei Bus und Bahn in Frankfurt

Kommentare

Selbst die Hauptstrecke der U-Bahn betreffen die kurzfristigen Ausfälle, hier im U-Bahnhof Willy-Brandt-Platz an einem Sommerferientag. Personalmangel ist die Ursache für die vielen Ausfälle. Seit dem Ende von Corona hat sich die Lage bei den Verkehrsunternehmen verschärft - und auf schnelle Besserung können Fahrgäste nicht hoffen.
Selbst die Hauptstrecke der U-Bahn betreffen die kurzfristigen Ausfälle, hier im U-Bahnhof Willy-Brandt-Platz an einem Sommerferientag. Personalmangel ist die Ursache für die vielen Ausfälle. Seit dem Ende von Corona hat sich die Lage bei den Verkehrsunternehmen verschärft - und auf schnelle Besserung können Fahrgäste nicht hoffen. © Dennis Pfeiffer-Goldmann

Personalmangel, hoher Krankenstand, Urlaub: Die kurzfristigen Ausfälle bei Bahn und Bus in Frankfurt häufen sich.

Frankfurt - Viele kurzfristige Ausfälle bei S- und U-Bahn, Straßenbahnen und Bussen machen Fahrgästen in Frankfurt zu schaffen. Die Welle der Ausfälle zieht sich seit einem Dreivierteljahr, ein Ende ist nicht in Sicht. „Der Krankenstand beim Fahrpersonal ist weiterhin sehr hoch“, erklärt Wulfila Walter, Büroleiter von Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne). „Hinzu kommt, dass der Fachkräftemangel in der Branche deutlich spürbar ist - und das bundesweit.“ Es sei schwer, überhaupt Fahrer zu bekommen. Deshalb sei die Personaldecke bei den Verkehrsunternehmen „relativ dünn“. Das werde aktuell noch durch die Urlaubszeit verschärft.

Betroffen sind praktisch alle Linien. „Auf die U7 kann man sich nicht mehr verlassen“, erzählt Nureddin, der seinen Nachnamen nicht nennen will und gleich an der Hautpwache aussteigt. Er müsse sich jeden Morgen darauf einstellen, eine Bahn früher nehmen zu müssen, falls „seine“ Fahrt ausfällt, die ihn pünktlich zur Arbeit bringt. Selbst die RMV-App informiere nicht immer korrekt. Manchmal falle die U7 aus, die App zeige das aber gar nicht an.

Bis zu neun Prozent der Busfahrten in frankfurt fallen aus

Wer ohne App unterwegs ist, für den ist es noch unangenehmer. Fallen sogar mehrere Fahrten aus, werden Wartezeiten schnell sehr lange, erst recht beim 15-, 20- oder 30-Minuten-Takt bei Bussen in Stadtteilen. Dann müssen sich Busfahrer lautes Schimpfen der Fahrgäste anhören: Nach 40 Minuten Wartezeit an der Haltestelle am Samstagmittag auf dem Heimweg vom Wochenmarkt verliert auch eine Bornheimer Seniorin schon einmal ihre Fassung.

Während die Ausfälle im Frühjahr weniger wurden, sei „die Ausfallquote in den Sommermonaten wieder angestiegen, räumt Wulfila Walter ein. Im Juni fielen bis zu neun Prozent der Busfahrten aus, bei der U-Bahn drei, bei der Straßenbahn „etwas über vier Prozent“. Auf dem Höhepunkt der Ausfallwelle im vorigen November seien etwas mehr als fünf Prozent der U- und Straßenbahn ausgefallen. Im Frühjahr ging die Quote dann auf zwei Prozent zurück.

Zahlen für die Sommerferien hat man im Dezernat noch nicht. Doch immer wieder erleben Fahrgäste Ausfälle und lange Verspätungen. Meist erscheint dann in der Fahrplanauskunft ein Hinweis, dass Fahrten ausfallen, gefolgt von einer langen Liste betroffener Linien. Bei der Straßenbahn sind selbst Linien betroffen, die als Ersatz für die wegen Bauarbeiten eingestellten U-Bahnen 4 und 5 durch die Innenstadt rollen. Die 14 nach Bornheim stellte die städtische Verkehrgesellschaft (VGF) an zwei Tagen ganz ein, weil Fahrer und Fahrzeuge für den Stadionverkehr genutzt wurden. Heute (31. August) soll ab 14.30 Uhr auf der 14 jede zweite Fahrt ausfallen. Die 15 fährt nur alle 15 statt 10 Minuten und nicht von Oberrad bis Südbahnhof.

Fahrplan ausdünnen als schnelle Problemlösung in Frankfurt

Schnelle Lösungen gebe es nicht, gesteht der Büroleiter des Stadtrats ein. „Aktuell werden branchenweit Konzepte zur Fachkräftegewinnung erarbeitet.“ Bis sie griffen, werde es noch dauern. Als Sofortmaßnahme seien die Unternehmen bemüht, die Krankenquoten zu senken. „Bis das gelingt, werden wir notgedrungen gelegentlich den Fahrplan ausdünnen müssen“, sagt Walter. „Dies geschieht mit Augenmaß und nach Möglichkeit dort, wo die Auswirkungen auf die Fahrgäste so gering wie möglich sind.“ Beispielsweise wurde die Buslinie 79 durchs Lyoner Quartier in Niederrad eingestellt. Auch fuhr die U9 an vier Tagen nicht - dabei an drei Tagen, damit mehr Züge anderer Linien die Museumsuferfest-Gäste transportieren könnten.

Wieso aber erscheinen Ausfälle öfter nicht in der Auskunft? Das könne bei kurzfristigen Ausfällen geschehen, erklärt Walter, es gebe aber auch technische Fehler, etwa beim Übermitteln der Daten vom Fahrzeug zu Leitstelle und Rhein-Main-Verkehrverbund (RMV). „Die Partner im Frankfurter ÖPNV arbeiten mit Hochdruck an einer Beseitigung der technischen Fehlerquellen.“

Auf einen Notfahrplan müssen sich die Fahrgäste erst einmal nicht wieder einstellen. „Die aktuelle Situation ist zum Glück noch weit entfernt von der im Herbst 2022.“ Auch rechnet der Siefert-Büroleiter nicht damit, dass sich die Lage negativ aufs Image von Bahn und Bus auswirkt. „In vielen Fällen gibt es im dichten Nahverkehrsnetz Alternativen.“ Dank dichter Takte bleibe „die mittlere Wartezeite in der Regel unter 15 Minuten“. Im bundesweiten Vergleich liege die Zufriedenheit der Fahrgäste in Frankfurt seit mehr als zehn Jahren über dem Durchschnitt - gerade bei der Pünktlichkeit. Aber: Befragt wurden die Kunden zuletzt 2022. (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

Kommentar: Solange wenigstens die Hoffnung noch mitfährt

Fahrgäste in Frankfurt müssen leidensfähig sein. Es hakt immer öfter bei der Fahrt mit Bahn und Bus. Fahrgäste zahlen das mit Lebenszeit, die sie beim Warten oder auf dem Umweg verplempern. Wer dem Nahverkehr die Treue hält, muss aktuell schon ganz schön überzeugt sein.

Zur Wahrheit gehört: In Frankfurt ist die Lage noch verhältnismäßig gut. Die Macher des Nahverkehrs bemühen sich redlich. Sie steuern Ausfälle so, dass diese möglichst wenige Menschen betreffen oder es wenigstens Alternativen gibt. Auch fließen Informationen über Ausfälle meist, wenngleich das noch zuverlässiger werden darf. Personalmangel als Ursache ist weder auf Frankfurt beschränkt, noch auf die Verkehrsbranche. Dennoch muss sich die Stadtpolitik vorwerfen lassen, dass sie nicht frühzeitig genug einschritt. Sie kontrolliert mit der Verkehrsgesellschaft VGF den zentralen Akteur. Dieser kam, das zeigen die Ausfälle, zu lange mit einer nicht ausreichend zukunftsorientierten Personalpolitik durch. Das muss sich ändern, und dass die Verantwortlichen inzwischen nicht mehr da sind, kann es einfacher machen.

Selbst wenn die Personalnot nicht schnell lösbar ist, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Eine U-Bahn oder einen Bus zu steuern, muss attraktiver und besser bezahlt werden. Dafür muss die Stadt mehr Geld einsetzen. Es ist gut investiert: Denn wenn zu merken ist, dass sich alle bemühen, fällt es leichter, Bahn und Bus die Stange zu halten. Dann lassen die Fahrgäste nämlich wenigstens nicht alle Hoffnung fahren. (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

Bis Ende 2024 soll die Haltestelle Niddapark in Frankfurt saniert und die S-Bahn-Station eröffnet sein. 9,3 Millionen Euro wollen VGF und Stadt dafür investieren.

Auch interessant

Kommentare