Sie sind keine „Assistenten“ mehr
Verändertes Berufsbild: Kliniken bilden jetzt Medizinische Technologen aus.
Frankfurt, Lehrerin Nadine Rosenblatt bespricht an diesem Vormittag mit ihren Schülern im zweiten Stock des Gebäudes Gotenstraße 6-8 einen Test, den sie aus dem Gebiet der Hämatologie mit ihnen geschrieben hatte. Es ging darin um das menschliche Blut und die Möglichkeiten, es in seine Bestandteile aufzuteilen, aber auch um labortechnische Verfahren, um damit Nachweise über zuvor bestimmte Werte im Blut zu führen. Frage für Frage geht die Lehrerin die Antworten mit den Schülern durch, die sich alle zum Medizinischen Technologen für Laboratoriumsanalytik ausbilden lassen.
Die Szene spielt in der Medizin-Technologie-Schule für Radiologie und Laboratoriumsanalytik, die das Varisano-Klinikum Höchst betreibt. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Berufe in der medizinischen Technologie (MTBG) zum 1. Januar dieses Jahres ist die Ausbildung der entsprechenden Berufsbilder reformiert worden. Das habe die Berufe gestärkt, sagt Schulleiterin Samya Lahyani. Dies komme auch sprachlich zum Ausdruck. „Der früher verwendete Begriff Assistenz wurde gestrichen und ist durch Medizinische Technologin oder Medizinischer Technologe mit dem jeweiligen Schwerpunkt ersetzt worden“, berichtet Lahyani - aus ihrer Sicht ein richtiger Schritt, weil sich in den vergangenen 30 Jahren der medizinisch-technische Fortschritt derart weiterentwickelt habe, dass es Zeit gewesen sei, dies mit den neuen Berufsbezeichnungen auch sprachlich wiederzugeben.

Eine der größten im Rhein-Main-Gebiet
Samya Lahyani leitet die Schule seit dem vergangenen Jahr. Frauen und Männer können sich dort zum Medizinischen Technologen für Radiologie (MTR) oder für Laboratoriumsanalytik (MTL) ausbilden lassen. „Es ist eine der größten Schulen hierfür im Rhein-Main-Gebiet - und die einzige in Frankfurt“, sagt Lahyani nicht ohne Stolz. Die Schule kooperiert mit weiteren Kliniken, die ihre Auszubildenden der beiden Fachgebiete nach Höchst schicken: Neben dem Varisano-Klinikum Höchst sind das die Frankfurter Uniklinik, das Krankenhaus Nordwest und das Sana-Klinikum Offenbach.
Die Schulleiterin ist selbst examinierte MTR und studierte Pädagogin. Sie hat in den Jahren zuvor an der Schule als Lehrerin mit den Schwerpunkten Nuklearmedizin und Dosimetrie unterrichtet. „Derzeit haben wir hier 105 Schüler, die sich als MTL oder MTR ausbilden lassen“, sagt sie. Der überwiegende Teil davon werde noch nach den alten Richtlinien ausgebildet, weil sie ihre Ausbildung bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes begonnen haben. Für die Schüler des neuen Ausbildungsjahres, das Anfang Oktober dieses Jahres angelaufen ist, gilt allerdings die neue Regelung. Betroffen sind derzeit 41 Auszubildende - 20 davon kommen vom Uniklinikum, 16 vom Klinikum Höchst, 3 vom Krankenhaus Nordwest und 2 vom Sana-Klinikum Offenbach. 21 Auszubildende lassen sich zum MTL ausbilden, 20 zum MTR.
Doch was hat sich durch das neue Gesetz ganz konkret geändert? „Das ist im Besonderen der Teil der Praxisanleitung“, sagt Lahyani und verweist auf das MTBG. Dort steht unter anderem, dass vonseiten des Trägers der praktischen Ausbildung - im konkreten Fall also von den Kliniken - sichergestellt werden müsse, dass die Auszubildenden während der praktischen Ausbildung von einer „praxisanleitenden Person angeleitet werden müssen“. Das sind Menschen, die eine entsprechende berufspädagogische Weiterbildung bestanden haben. „Das muss schriftlich dokumentiert werden“, erklärt Lahyani. Die Praxisanleitung war vorher nicht gesetzlich geregelt - und konnte so auch nicht mit in die Bewertung einfließen. Aus einem Ordner holt sie einen dreiseitigen Bewertungsbogen für die praktische Ausbildung zur MTL hervor, um das zu verdeutlichen. Daraus geht hervor, dass bei der Beurteilung neben der Fach- und Methodenkompetenz auch soziale und personale Kompetenzen als Kriterien mit in die Bewertung einfließen. Unter „sozialen und personalen Kompetenzen“ versteht man etwa die Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Absolventen sind sehr gefragt
Die Anstellungs-Aussichten sind gut: Beide Berufsbilder seien gefragt, der MTR noch etwas mehr als der MTL, weiß die Schulleiterin. Generell gebe es in der Radiologie eine höhere Fluktuation als im Labor. Sie vermutet, dass das unter anderem damit zusammenhängen könnte, dass die Arbeit in der Radiologie an einer Klinik, wenn man in der Notaufnahme tätig ist, mit Schichtdienst und natürlich auch mit mehr Stress verbunden sei als im Labor. „Man ist als MTR viel näher am Patienten dran, befindet sich beispielsweise auch mit im Schockraum“, erklärt sie.
Sich für Patienten zu engagieren, aber nicht der großen Belastung etwa in einer Notaufnahme ausgesetzt zu sein, das war für Samia Arreche vom Krankenhaus Nordwest der Grund, sich für die Ausbildung zur MTL zu engagieren. Ihr Wunsch sei es gewesen, Menschen zu helfen - und das könne sie im Labor sehr gut machen, findet die Auszubildende. Dass mit dem neuen Gesetz der praktische Anteil der Ausbildung noch einmal viel stärker gewichtet werde, findet sie gut.
Alexandra Flieth