Mit Kinderaugen auf Kunstwerke schauen

Angehende Erzieher entdecken beim Kita-Aktionstag das Weltkulturen-Museum als Bildungsort außerhalb der städtischen Kinderzentren. Dabei lernen sie, die ausgestellten Exponate kindgerecht zu vermitteln und somit schon den Jüngsten Zugänge zum Museum zu schaffen.
Johnny heißt der kleine Jaguar aus Plüsch, den Marcus Schmitt in seinen Händen hält. Und Johnny streift durch den Regenwald von Brasilien, wo er vielen, ganz unterschiedlichen Tieren begegnet. Jedenfalls in der Geschichte, die Schmitt mit Hilfe des Plüschjaguars einer Gruppe von Mädchen und Jungen aus dem Kindergarten des Kinderzentrums Niederurseler Landstraße 73 erzählt.
Die Knirpse stehen auf der Treppe im Weltkulturen-Museum, Schaumainkai 29–37, und hören aufmerksam zu. Dabei betrachten sie ein großes Mobile, das vom ersten Stockwerk bis in die Eingangshalle im Erdgeschoss hinunterreicht. An ihm baumeln ganz viele handgeschnitzte Tierfiguren aus Holz und handgeflochtene Körbe. Das Kunstwerk ist Teil der aktuellen Ausstellung „Entre Terra e Mar“ und wurde von Guarani-Indianern in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Künstler Rigo 23 geschaffen. Die Guarani sind ein indigenes Volk, das in Brasiliens Regenwald lebt. Davon erzählt Schmitt den Kindern.
Er besucht die Fachschule für Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik, an den beruflichen Schulen Berta Jourdan im Nordend und lässt sich dort zum Erzieher ausbilden. Und er macht mit bei einem Kooperationsprojekt zwischen seiner Schule, dem Weltkulturen-Museum und dem Kita-Bildungsnetz Frankfurt.
Der Kita-Aktionstag, so der Name des Projekts, wurde von den drei Institutionen erstmals 2013 umgesetzt. Hierbei entdecken angehende Erzieher das Museum oder andere Einrichtungen als Bildungs- und Lernorte außerhalb der Kita. In dem Projekt werden die Teilnehmer darauf vorbereitet, diese besonderen Orte für ihre Schützlinge auf kindgerechte Art und Weise erfahrbar zu machen.
In die Praxis umsetzen
An diesem Vormittag stellen Marcus Schmitt und seine Mitschülerin Kora Meditz ihr erarbeitetes Konzept vor. Die beiden Studenten bilden ein Team und haben sich als Exponat das Mobile ausgesucht. Hierfür haben sie sich die Geschichte von Johnny, dem Jaguar, überlegt – quasi als Türöffner zum Kunstwerk. „Wir betrachten die Exponate mit den Augen eines Erwachsenen. Die Herausforderung bei dem Projekt ist, genau diese Perspektive abzulegen und zu schauen, wie Kinder darauf blicken“, beschreibt es Schmitt.
Insgesamt 18 Zweierteams aus angehenden Erziehern der Schule machen beim Kita-Aktionstag mit, sechs hiervon haben sich für das Weltkulturen-Museum als Bildungs- und Lernort entschieden. Das Projekt kooperiert aber auch noch mit dem Städel und dem Stadtwaldhaus, an dem jeweils weitere sechs Teams der Schule sind. Sie alle sind mit kleineren Kindergruppen aus den städtischen Kinderzentren vor Ort. Mit unterschiedlichen Konzepten, die sie selbst erarbeitet haben, zeigen die angehenden Erzieher, wie sie den Knirpsen ein Kunstwerk oder andere Ausstellungsgegenstände kindgerecht näherbringen möchten.
„In dem Projekt können die Studenten das, was sie theoretisch gelernt haben, in die Praxis umsetzen“, erklärt Inge Schmittinger, Lehrerin an der Berta-Jourdan-Schule.
Bildungsangebote machen
Vom Kita-Bildungsnetz Frankfurt ist Angelika Schell vor Ort und schaut sich die Konzepte ebenfalls mit großer Aufmerksamkeit an. „Für uns ist das Projekt eine Herzensangelegenheit“, betonen die beiden. Das Kita-Bildungsnetz ist eine Initiative, durch die Mädchen und Jungen die Möglichkeit bekommen, außerhalb ihres Kinderzentrums an einrichtungsübergreifenden Bildungsangeboten zu Themen wie Kunst, Theater, Sport oder Musik teilzunehmen.
Der Kita-Aktionstag ist eines hiervon und ermöglicht nicht nur den Kindern, sondern auch den angehenden Erziehern, solche Orte für sich zu entdecken. Der Aktionstag ist der Auftakt einer Projektarbeit. Noch bis Februar werden die Studenten mit den Kindern Ideen umsetzen und hierfür einmal wöchentlich in die Kitas gehen.
Alle Projektteilnehmer haben ihr Museum oder das Stadtwaldhaus vor dem Kita-Aktionstag erst einmal ohne die Kinder erkundet. Im Weltkulturen-Museum arbeitete Stephanie Endter, Leitung Vermittlung, gemeinsam mit den sechs Teams der Berta-Jourdan-Schule. Darauf aufbauend entwickelten sie ihre Konzepte.
Für Schmitt und Meditz wird es ernst, denn die Geschichte und die Art, wie sie die Kinder an das Kunstwerk heranführen, werden gleichzeitig von Schmittinger und Schell beobachtet. Schmittinger sagt: „Ich finde, die beiden haben mit der Geschichte eine schöne und kindgerechte Form gewählt.“