Kindern die Angst vor dem Arztbesuch nehmen

Die Teddy-Docs sind an der Frankfurter Uni-Klinik wieder im Einsatz.
Robbi hat sich den Arm gebrochen. „Beim Klettern“ sei die silbrig-graue Robbe mit dem roten Shirt und dem frechen bunten Käppi auf dem Kopf heruntergefallen, und da war es passiert. Konstantin hat seinen Freund am Mittwoch mit ins Studierendenhaus der Frankfurter Uni-Klinik genommen. Hier sollen die Teddy-Docs dafür sorgen, dass es ihm schnell wieder besser geht.
Mit dem Stethoskop die Herztöne hören, Robbi zum Röntgen bringen, ihm im OP das verletzte Gelenk tapen und ihn schließlich mit der Spritze impfen - Konstantin kann an den verschiedenen Stationen bei allem helfen, was mit seinem Stofftier passiert, und nutzt diese Gelegenheit eifrig. Der Fünfjährige zählt zu den 840 Jungen und Mädchen aus 45 Kindergärten, die in dieser Woche an vier Tagen ihre Kuschelpartner im Krankenhaus untersuchen und von ihren erdachten Beschwerden kurieren lassen können. Die Aktion wird bereits zum 14. Mal durchgezogen. Sie dient, einer Idee aus Skandinavien nach, dazu, Kindern die Angst vor medizinischen Behandlungen zu nehmen.
Aber nicht nur das. Während der Coronavirus-Pandemie habe sich gezeigt, dass „das Wissen über Gesundheit in der Gesellschaft nicht so verbreitet ist, wie man sich das wünschen würde“, sagt Professor Jürgen Graf, der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende der Uniklinik. Kinder, die einen frühen Zugang zur Medizin bekommen, könnten als Multiplikatoren dabei helfen, dass sich das ändert, dass auch ihre Eltern und andere Familienmitglieder die Scheu verlieren.
Zudem profitierten auch die Studenten, die sich als Teddy-Docs engagieren, von dieser ehrenamtlichen Arbeit. Etwa 120 angehende Mediziner und Pharmazeuten haben sich diesmal bereit erklärt, den Nachwuchs zu betreuen. Bestenfalls, so Michael Henning, der Vorsitzende der Kinderhilfestiftung, die zu den Förderern der Teddy-Klinik zählt, würden viele von ihnen später auch Kinderärzte werden.
„Uns ist es wichtig, dass alle Fachrichtungen eingeschlagen werden“, sagt Graf. Die Pädiatrie, die Kinder- und Jugendmedizin, eigne sich nicht für jeden. Man müsse auf die kleinen Patienten besonders eingehen und „die quirlige Umgebung aushalten“. Als Teddy-Docs könnten die Studenten einen Eindruck davon bekommen, wie so eine Zukunft aussehen würde. Und ob ihnen diese zusagt.
Jakob Obergfell ist sich bereits zu 100 Prozent sicher, dass er später Kinderarzt werden wird. Der 22-Jährige, der sein viertes Semester absolviert, war im vergangenen Jahr, als die Teddy-Klinik nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause nur an zwei Tagen und für deutlich weniger Patienten geöffnet hatte, zum ersten Mal dabei. Diesmal ist er in die Rolle des Hauptorganisators und Sprechers der Studenten geschlüpft. „Es macht einen Heidenspaß“, erzählt er. „Kinder lächeln zu sehen, gibt einem so viel.“
Auf dem Weg zum Kinderarzt
Wie wichtig es ist, den Kleinen ein gutes Gefühl bei den Behandlungen zu vermitteln, weiß er aus eigener Erfahrung. „Ich habe selbst eine Kinderärztin gehabt“, die in dieser Hinsicht wenig Begabung an den Tag legte. „Nur Tränen und Leid“ habe er damals mit den notwendigen Besuchen in der Praxis verbunden. „Man muss einen Draht zu den Kindern aufbauen“, sagt Obergfell. Das sei damals nicht gelungen.
Mit Konstantin und ihm passt es dagegen, die beiden verstanden sich von Anfang an. Zum Schluss geht’s gemeinsam an den Tresen, der die Apotheke darstellt. Hier gibt’s, dank mehrerer Sponsoren, für jeden Besucher eine Tasche mit Leckereien und Spielereien und ein Rezept für eine gesunde Zukunft. Viel Obst essen und kuscheln, lautet die ärztliche Anweisung. Katja Sturm