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Klinikretter mit Teilzeitjob

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Das Klinikum Höchst steckt in einer tiefen finanziellen Krise. FOTO: Maik Reuß
Das Klinikum Höchst steckt in einer tiefen finanziellen Krise. © Maik Reuß

Neuer Varisano-Geschäftsführer hat Drei-Tage-Woche, denn er führt vier weitere Firmen

Er wurde eingestellt, um den angeschlagenen Varisano-Klinikverbund, zu dem auch das Höchster Krankenhaus gehört, in eine sichere Zukunft zu führen. Doch im Moment muss der neue Geschäftsführer Michael Osypka nur an „mindestens drei Tagen in der Woche an einem der Standorte der Gesellschaft oder in externen Besprechungen präsent“ sein, wie Klinikdezernent Bastian Bergerhoff (Grüne) auf Anfrage mitteilt. Zuerst hatte darüber der Hofheim/Kriftel-Newsletter berichtet.

Grund für Osypkas Teilzeitjob sei, „dass er aufgrund der kurzfristigen Berufung erst noch andere Projekte zu Ende bringen möchte“, so Bergerhoff weiter. Das zeige „sein verantwortungsvolles Handeln“. Und tatsächlich hat Osypka, der kommende Woche 60 Jahre alt wird und Ende August bei Varisano einstieg, nebenher noch einiges zu tun: Er ist bei vier weiteren Unternehmen als Geschäftsführer tätig.

Seit 2021 führt er die Geschäfte eines Gesundheitszentrums im baden-württembergischen Spaichingen. Seit 2022 ist er Geschäftsführer des von ihm gegründeten Genusswerks in Flörsheim, einem Café mit Feinkostverkauf. Ebenfalls seit 2022 arbeitet er als Geschäftsführer für Salmanum, eine Wohngemeinschaft für intensivpflegebedürftige Beatmungspatienten, auch sie in Flörsheim. Und seit April dieses Jahres ist er Geschäftsführer der HRZ Krankenhaus Verwaltungs GmbH, die unter anderem eine psychiatrische Tagesklinik in Bad Säckingen an der Schweizer Grenze betreibt. Bei allen vier handle es sich, lässt Osypka ausrichten, aber nicht um Unternehmen in der Größenordnung von Varisano, sondern lediglich um „Kleinstunternehmen“.

Diese „übergangsweisen Tätigkeiten für Dritte“ seien bei Vertragsabschluss bekannt gewesen, sagt Bergerhoff. „Dass er seine jeweiligen Aufgaben verantwortungsvoll bearbeitet und nichts einfach stehen und liegen lässt, spricht für ihn.“ Zudem sei Osypka nicht „Allein-Geschäftsführer“, sondern vor allem eingestellt worden, um „kurzfristige Stabilisierungskonzepte“ zu erarbeiten und „zügig umzusetzen“ sowie parallel an einem Zukunftskonzept für das Unternehmen mitzuarbeiten. „Hierzu kann er gerade mit seiner großen Erfahrung beitragen und ist nach Ansicht der Gesellschafter ein überaus geeigneter Kandidat“, sagt Bergerhoff. Aber reichen drei Tage pro Woche, um Varisano zu retten? Den beiden Gesellschaftern, der Stadt Frankfurt und dem Main-Taunus-Kreis, sei eine „schnelle Lösung mit hoher Qualität“ wichtig gewesen, antwortet Bergerhoff. Und Osypka war bekannt: Er hat vor einigen Jahren mit Patrick Frey zusammengearbeitet, der seit Anfang des Jahres Varisano-Geschäftsführer ist.

Dafür, dass es schnell gehen sollte, sprechen zwei weitere Details: Erstens wurde die Stelle gar nicht erst ausgeschrieben, „sonst hätte sie nicht so schnell besetzt werden können“, so Bergerhoff. Und zweitens ist Osypka nicht direkt angestellt, sondern über die Diomedes GmbH, eine Beraterfirma fürs Gesundheitswesen. Ging nicht anders, eben weil es Osypka und sein Knowhow sein sollten, sagt Bergerhoff: „Einen Spielraum für ,Kostenersparnis‘ gab es an dieser Stelle nicht.“ Der Vertrag ist auf ein Jahr befristet, in Kürze soll die Stelle regulär für fünf Jahre ausgeschrieben werden. Was Osypka in diesem Jahr verdient, dazu äußern sich weder er selbst, noch Varisano oder Bergerhoff.

Derweil hat Varisano bestätigt, dass allein im August mehr als 30 Mitarbeiter gekündigt haben. Das liege aber „für ein Unternehmen unserer Größe im üblichen Bereich“. Einen Jahresabschluss für 2022, der die damaligen Geschäftsführer entlasten würde, gibt es weiterhin nicht. Dafür hätten die Vorbereitungen fürs Zukunftskonzept begonnen, sagt Bergerhoff. Um sinnvoll in die Planung einzusteigen, müsse man aber auf die Details der geplanten Krankenhausreform warten. Zu dieser Reform, die Anfang 2024 in Kraft treten soll, liegt bisher kein Entwurf vor, es gilt als unwahrscheinlich, dass vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern am 8. Oktober noch einer kommen wird. Varisano hat für kommende Woche weitere Infos angekündigt. Sarah Bernhard

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