„Durch die Autobahn zerschnitten“: Neue A66-Brücke soll besonderen Schutz für Tiere bieten
Eine Grünbrücke über die A66 in Frankfurt soll den Fechenheimer Wald aus seiner Insellage befreien – als Ausgleich für neue Autobahnflächen.
Frankfurt – Nach fünf Jahrzehnten soll der Fechenheimer Wald aus seiner Insellage befreit werden. Damit sich Hase und Igel wieder über die A66 hinweg treffen können, soll eine Grünbrücke über die sechsspurige Straße entstehen. Sie gehört zu den vielen Projekten, mit denen der Bund den für den A66-Lückenschluss nötigen Eingriff in die Umwelt ausgleicht.
Der Bau des Riederwaldtunnels sorgt für Ärger: Er spaltet die Menschen in Frankfurt und Nachbarn in Gegner und Befürworter. Doch das 500 Millionen teure Projekt wird auch verbinden. Nämlich den Fechenheimer mit dem Eckenheimer Wald, zusammen 200 Hektar groß, links und rechts der A66 gelegen. Anstelle der heutigen Brücke des Forstwegs Roter Graben über die Autobahn ganz am östlichen Ende der Stadt-Gemarkung soll eine Grünbrücke entstehen.

Diese wird ganz anders aussehen als die heutige Forstwegbrücke, die bloß eine Fahrspur trägt. 21,5 Meter breit wird die neue Brücke, von Hecken und Sträuchern umsäumt, mit Landschaftsrasen bewachsen. Das soll einladend genug werden, damit Wildschwein, Reh und Fuchs genau hier die A66 überqueren.
Für die Tierwelt ist die A66 seit ihrer Eröffnung 1979 eine lebensgefährliche Grenze. Die Autobahn trennt die beiden Wälder voneinander. Das grenzt im Fechenheimer Wald die Nahrungs- und Partnersuche erheblich ein. „Die Populationen der Tierarten innerhalb des Waldes sind stark auf sich selbst beschränkt“, erklärt Klaus Velbecker, Leiter des auch für die Frankfurter Wälder zuständigen Forstamts Groß-Gerau. Das gelte selbst für Insekten und Reptilien, die „zurzeit relativ schlechte Arterhaltungsmöglichkeiten“ haben. Denn der Fechenheimer Wald liegt wie eine Insel zwischen der A66 im Norden, Gewerbegebieten im Westen und Osten sowie Ortslage, Bahnstrecke und Main im Süden. Das führe dazu, dass es „teilweise in den Populationen eine Art Vereinzelungsfaktor“ gebe, so Velbecker. Sprich: Bei der Arterhaltung stets innerhalb derselben Population fehlen die sehr wichtigen fremden, auffrischenden Gene.
Ausbau der A66 in Frankfurt: Sogar für Fledermäuse und Pflanzen nützlich
Vor allem die starke Trennungswirkung der Autobahn bemängelten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Untere Naturschutzbehörde der Stadt bereits vor rund zwölf Jahren, als der A66-Lückenschluss genehmigt werden sollte. Der BUND klagte schließlich gegen den Bund als Bauherrn. Nach langen Verhandlungen einigten sich beide Seiten dann auf ein großes Wiedergutmachungspaket. Teil davon ist die Grünbrücke. Was bringt diese konkret? „Mit jeder Grünbrücke wird der Austausch zwischen den Arten verbessert“, erklärt Förster Velbecker. Das gelte vom Wildschwein bis zum Schmetterling. Selbst Fledermäuse bräuchten solche Querungshilfen, da sie sich an „Leitstrukturen“ orientierten, also zum Beispiel Bäumen.
„Straßenbrücken werden von Waldfledermäusen nicht als Möglichkeit zur Querung erkannt, weil sie keine Vegetation haben“, erklärt Thomas Norgall, Naturschutzreferent und Vize-Landesgeschäftsführer des BUND Hessen. „Insbesondere für die seltene und gefährdete Bechsteinfledermaus ist die Grünbrücke sehr wichtig.“ Sie habe besonders darunter gelitten, dass am Westrand des Fechenheimer Waldes im vorigen Winter rund 1000 Bäume für die künftige A66-Trasse gefällt wurden. Ohne die Grünbrücke werde ihr Aussterben erwartet, sagt Norgall.
Selbst bei den Pflanzenarten werde die Grünbrücke einen Austausch ankurbeln, betont Klaus Velbecker. Kleinstlebewesen könnten wieder von einem zum anderen Lebensraum gelangen. „Der ist derzeit durch die Autobahn zerschnitten und die Arten haben langfristig keine Möglichkeit zu bestehen.“
Wo der Bund den Ausbau der A66 in Frankfurt kompensiert
Eine lange Liste umfassen die Projekte, mit denen der Bund den Umwelteingriff beim Bau von A66 und Riederwaldtunnel ausgleicht:
– Neuer Auwald aus 12.000 Jungbäumen 35.200 m² zwischen Schwanheimer Ufer und dem Main, 2018 gepflanzt.
– Im Fechenheimer Wald wurden 155.000 m² aus der forstlichen Nutzung genommen. Hier hat die Natur nun Vorrang, ein Urwald kann sich entwickeln.
– Im Fechenheimer Mainbogen ein Altwasser wieder hergestellt, 7500 m² neue Wasserfläche.
– Erdwälle an A5 und B3 begrünt und bepflanzt (75.000 m²).
– Eidechsen-Biotop (5900 m²) an der Leuchte in Enkheim.
– Neue Streuobstwiesen nahe Seckbach (6800 m²).
– 75 Fledermauskästen im Fechenheimer Wald angebracht.
– Am Erlenbruch, Teufelsbruch, an Anschlussstelle Borsigallee und am Fechenheimer Waldrand auf zusammen 22 000 m² neue Bäume und Büsche pflanzen.
– Fließgewässer im Teufelsbruch auf 3000 m² neu anlegen.
– Neuer Amphibienteich im Fechenheimer Wald (1000 m²), neues Feuchtbiotop auf dem Ex-Airfield Büdingen (500 m²). (dpg)
Ausbau der A66 in Frankfurt: „Hohes Potenzial“ für bedrohte Arten
Die Grünbrücke soll das zentrale Projekt sein, um die Zukunft des Waldes zu sichern. „Der Fechenheimer Wald hat ein hohes Potenzial durch seine vielen Altbäume“, sagt Förster Velbecker. Er geht davon aus, dass sich viele seltene und bedrohte Arten neu ansiedeln. „Heute kommen ja einige Arten hier gar nicht vor, zum Beispiel die Wildkatze.“
Eine kleine Einschränkung muss die Natur in Kauf nehmen, räumt Naturschutzreferent Norgall ein. „Ideal sind natürlich Grünbrücken, die nur für die Tierwelt errichtet werden.“ Im Fechenheimer Wald als Teil des Stadtwaldes sei aber nur die Kombination mit Fußgängern und Radfahrern machbar. Auch für sie wird die Brücke freigegeben.
Noch unklar ist, wie hoch die Kosten für die Brücke werden, erklärt die Autobahn GmbH des Bundes. Auch ab wann genau die Grünbrücke gebaut wird, steht noch nicht fest. Das Bauwerk muss aber fertig sein, wenn der A66-Lückenschluss samt Riederwaldtunnel in Betrieb geht. Und das ist aktuell für 2031 geplant. (dpg, fna)