Kulturausschuss: Aus für Doppelanlage der Städtischen Bühnen scheint unausweichlich

In die Debatte über die Sanierung von Schauspiel und Oper kommt Bewegung. Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) kann sich eine Trennung der beiden Häuser vorstellen, Sebastian Popp von den Grünen hält nicht mehr an der Unantastbarkeit der Wallanlage fest.
Dogmen, Überzeugung, Haltung, Ideologie: Mit diesen Begriffen diskutierte gestern Abend der Kulturausschuss des Stadtparlaments die allfällige Sanierung von Schauspiel und Oper in der Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz. Schon bald kristallierte sich eine Bewegung der bisherigen Standpunkte heraus. Einer Rekonstruktion von Oper und Schauspiel nach dem Ursprungsbau von 1902 erteilte eine überwältigende Mehrheit der Ausschussmitglieder über viele Fraktionen hinweg eine Absage. Sie wurde ins Reich der Ideologie verwiesen. Oder wie es der Leiter der Stabsstelle „Städtische Bühnen“, Michael Guntersdorf diplomatisch formulierte: „Nicht alles, was alt ist, ist werthaltig. Der Historismus war nicht der interessanteste Abschnitt der Architekturgeschichte.“

Guntersdorf will noch vor der Sommerpause den Stadtverordneten eine Entscheidungsgrundlage vorlegen; Schonungslosigkeit inklusive: „Wahrheiten, die wir entdecken, werden wir zur allgemeinen Beschimpfung freigeben.“ Da forderte Martin Kliehm von der Linken sogleich: „Wir wollen eine Entscheidungsgrundlage mit Preisschild dran.“
Ins Reich der Dogmen wurde verwiesen, dass in Zukunft beide Anlagen mit Werkstätten am gegenwärtigen Standort zu bleiben haben. Thomas Dürbeck, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hielt zwar seinen Vorschlag für einen Neubau der Doppelanlage auf dem Raab-Karcher-Gelände oder den Bau eines der beiden Häuser aufrecht, betonte aber sofort, dass dies kein Dogma sei.
In Wallanlage bauen?
Für Michael Müller, den Fraktionschef der Linken, ist jedoch der Verbleib der Doppelanlage am Willy. Brandt-Platz „ein Wert an sich“. Das erinnert dann schon ein bisschen an die dogmatische Linke. Undogmatisch präsentierte sich dagegen der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Sebastian Popp. Er verwies aber darauf, dass man Haltung brauche. Zu seiner gehört, dass er sich vorstellen kann, dass Teile der bestehenden Doppelanlage woanders errichtet werden. Seiner Meinung nach erlaube beispielsweise die seit 1827 bestehende Wallservitut, Kulturbauten in den Wallanlagen. Da musste ihn Dürbeck eines Besseren belehren. Das sei nicht der Fall. Gleichwohl hatte Dürbeck bei ausgiebigen Recherchen im Stadtarchiv herausgefunden, dass die Frankfurter in ihrer pragmatischen Art die Wallservitut in den fast 200 Jahren ihres Bestehens vielfältig verletzt hätten. In den Wallanlagen seien Tankstellen gebaut worden, das BfG-Hochhaus sei dort errichtet worden, der dortige Theaterneubau von 1963 „vermutlich ein Schwarzbau“. Trotzdem sei die Schutzzone der Wallanlage seit 1827 deutlich gewachsen.
Deshalb ist offenbar das Konzept der Spiegelung oder Rochade noch nicht gestorben. Es beinhaltet, Oper oder Schauspiel auf der gegenüberliegenden Seite in der Wallanlage neu zu bauen und das andere der beiden Häuser am alten Standort zu sanieren. Ein Vorteil dieser Lösung: Langwierige und teuere Interims-Spielstätten entfielen, der Standort Willy-Brandt-Platz könnte beibehalten werden.
Mythos Wallservitut
„Die Wallservitut ist ein Mythos in dieser Stadt“, sagte Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD). „Auf diese Diskussion bin ich gespannt.“ Stefan von Wangenheim dagegen verwies darauf, dass Gesetze, also auch die Wallservitut, von Menschen gemacht worden seien. Popp kann sich die Variante mit einem Neubau gegenüber dem bisherigen Standort vorstellen, will sich aber auch einem Neubau an anderer Stelle nicht verschließen. Zu der Haltung des Theaterfachmannes gehört aber auch, dass es keine lange Interimszeit geben dürfe.