Kunst soll Raum für Begegnungen schaffen

Arbeiten von drei Künstlern aus dem Atelier 19 in Frankfurt-Hausen sind nun auf der Palliativ-Station im Markus-Krankenhaus zu sehen
Außenstehende können nur schwer nachvollziehen, wie es ist, als Patient auf der Palliativstation zu liegen und zu wissen, dass man unheilbar krank ist und sich am Ende seines Lebens befindet. Hoffnung ist da nicht unbedingt ein Begriff, den man damit in Verbindung bringt. Und doch ist das Gefühl ein ständiger Begleiter im Alltag auf der Station des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin (IPZ) im Agaplesion Markus-Krankenhaus.
„Hope is a fact“, was so viel heißt wie „Hoffnung ist eine Tatsache“, steht in großen Buchstaben auf einer Arbeit der Künstlerin Stepha Schede. „Es ist genau das, was bei uns passiert“, sagt Friederike Strub, die seit vielen Jahren als Kunsttherapeutin auf der Station tätig ist. „Über Hoffnung kann man diskutieren“, findet sie. Das Werk ist eine der typografischen Arbeiten von Stepha Schede, die derzeit an Wänden des Flurs in der Ausstellung „Relevanz, Ambivalenz, Unschärfe“ gezeigt werden - zusammen mit ihren Zeichnungen sowie mit fotografischen Arbeiten von Frank Kambor und Piotr Banczerowski. Die drei Künstler kennen sich seit längerem: Kambor und Schede sind Teil des Frankfurter Atelier 19, Banczerowski grenzt mit seinen Arbeitsräumen daran an. Regelmäßig öffnen sie ihre Ateliers in der Medienfabrik in Hausen für Besucher. Zu einem solchen Anlass ist auch der Kontakt zum IPZ entstanden.
Seit 20 Jahren gibt es Ausstellungen
Seit mehr als 20 Jahren gibt es auf der IPZ-Station Ausstellungen. Die Kunstwerke sollen einen Raum für Begegnung und Gespräche zwischen Patienten, Angehörigen, Mitarbeitern und Besuchern schaffen. Kunst, die es ermöglicht, einzutauchen in Bildwelten, um sich für kurze Zeit herauszuziehen aus der aktuellen Realität, sich aber dennoch mit der Wirklichkeit des eigenen Lebens auseinanderzusetzen.
Die Palliativstation ist kein Hospiz, auch wenn Menschen hier manchmal bis zum Tod behandelt werden. Palliative Medizin setzt dort an, wo eine Krankheit diagnostiziert wird, die nicht geheilt werden kann und die die Lebenserwartung zeitlich begrenzt. Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz und darum, die damit einhergehenden körperlichen und seelischen Schmerzen zu behandeln.
„Früher waren wir auch versorgt mit Bildern in den Zimmern, doch das, was darauf zu sehen war, beispielsweise bunte Blumenwiesen, stand in einem Widerspruch zur Wirklichkeit auf der Station und ermöglichte nicht, über Kunst in die Kommunikation zu gehen“, sagt Fachärztin Dr. Angelika Berg. Die Kunst sei Teil der therapeutischen Arbeit im IPZ, erklärt sie weiter. Friederike Strub weiß, dass sich Patienten in einem Kunstwerk ganz wiederfinden können und hierüber Gelegenheit haben, über das, was sie bewegt, zu sprechen. Dieses Gefühl von Ambivalenz, in der sich Menschen in einer palliativen Situation befänden, davon hin- und hergerissen zu sein, werde durch Kunst besprechbar gemacht.
Stepha Schede beschreibt ihre Arbeiten selbst „als nicht eindeutig“, sowohl formal als auch inhaltlich. Die Texte ihrer typografischen Bilder seien Nebenprodukte ihrer Zeichnungen. Ihre Motive sind mikrobiologische Strukturen, die sie zu Papier bringt. „Ich arbeite dafür mit einem ganz dünnen Fineliner“, erzählt die Künstlerin. Für ihre Zeichnungen benötige sie drei bis vier Wochen. „Aus diesem Prozess des Zeichnens heraus generiere ich meine Texte“, sagt Schede.
Die fotografischen Werke von Frank Kambor, auf denen er die durch das Öffnen einer Flasche erzeugte Bewegung des Kronkorkens festzuhalten sucht, ist eine der zu sehenden Arbeiten, vor denen viele innehalten würden, sagt Strub. Der Kronkorken, der durch die Luft fliegt wie in Zeitlupe betrachtet, der Hintergrund unscharf, eine Momentaufnahme, und doch eine, zu der sowohl Patienten als auch Mitarbeiter eine Beziehung hätten.
Porträts vor dem gleichen Hintergrund
Die Porträts von Banczerowski thematisieren die Frage, ob ein Mensch mit dem, was er tut, für andere von Bedeutung ist. Die Frage nach der Relevanz sei ein Thema, das auch Patienten auf der Station beschäftigte, so Strub. Der Fotograf hat eine Serie erschaffen, in der er in der Corona-Zeit Menschen mit „relevanten und nicht relevanten Berufen“ immer vor dem gleichen Hintergrund porträtierte. „Ich wollte es ausprobieren, ob ich es sehen kann“, sagt er. „Ich habe es nicht gesehen.“
Ausstellung
IPZ im Markus-Krankenhaus, Haus D, Wilhelm-Epstein-Straße 4, geöffnet bis zum 31. Juli.