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Kurios: Student will eine Klinik bauen

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Ist begeistert dabei: Studentin Clara Schwab mit ihrem Entwurf.
Ist begeistert dabei: Studentin Clara Schwab mit ihrem Entwurf. © Holger Menzel (Holger Menzel)

Eigentlich müsste Pradip Kumar Yadav für sein Medizinexamen in zwei Monaten lernen. Stattdessen plant er den Bau eines Krankenhauses. Auch kalkulierte Kosten von 25 Millionen Euro schrecken ihn nicht ab. Seine naive Idee erweist sich als überaus ansteckend. Die Geschichte einer Vision, die beim Arzt nicht behandelt, sondern realisiert wird.

Pradip Kumar Yadav wird von einer Idee angetrieben, die so gewaltig wie ansteckend ist. Läuft alles, wie er es sich vorstellt, wird der 33-jährige Student der Goethe-Universität am Ende den medizinischen Standard in seinem Heimatland Nepal angehoben, den Tourismus gefördert, Arbeitsplätze geschaffen und vor allem Menschenleben gerettet haben. Damit sind bei weitem nicht alle Aspekte genannt, die Yadav mit seinem Plan verbindet. Er will ein Krankenhaus bauen. Wenn er davon spricht, kommt er auf immer neue Vorteile, die die Verwirklichung mit sich bringen würde. Er sagt etwa: „Auch all die Nepalesen, die im Ausland Medizin studieren, hätten eine Perspektive, in ihre Heimat zurückzukehren.“

Hört man ihm zu, könnte man ihn leicht für einen Phantasten halten. Schließlich ist er noch nicht einmal Arzt. Erst in zwei Monaten hat er sein Examen. Doch für einen Phantasten nimmt sein Plan zu konkrete Formen an.

Gebaut werden soll das Krankenhaus in der kleinen Stadt Saphia in der dicht besiedelten Region Janakpur im Südosten Nepals. Auch Yadavs Eltern leben dort. Sie sind Bauern. Yadav: „Sie verstehen nicht, was an seinem Vorhaben alles dranhängt.“ Dass die Region dringend ein Krankenhaus brauche, sei aber allen klar. Denn die medizinische Versorgung ist in Nepal allenfalls in der Hauptstadt Kathmandu ausreichend. In der Region Janakpur lässt sich nicht einmal ein Trauma behandeln. „Wenn ein Kind stürzt und sich den Kopf stößt, muss es erst nach Kathmandu gebracht werden.“ Rund 350 Kilometer ist die Hauptstadt entfernt. Zwischen acht und zehn Stunden dauert die Fahrt. „Die meisten mit größeren Verletzungen sterben auf diesem langen Weg ins Krankenhaus“, sagt Yadav. „Hier in Europa wäre so etwas eine Routinebehandlung.“ Das Problem haben auch Touristen, die den Mount Everest besteigen wollen. Viele kommen mit Verletzungen zurück und müssen nach Kathmandu geflogen werden. Dabei lebt Nepal vom Tourismus.

Sein Hobby

Es fällt auf, dass Yadav selten von sich spricht. Auf die Frage, wie er Prüfungsvorbereitung und die Planung unter einen Hut bringt, zieht er die Schultern nach oben. Ihm missfällt die Frage. Sie lenkt ab von dem, was zählt. „Wie soll ich denn tanzen gehen, wenn zu Hause Menschen sterben?“, scheint Yadav zurückfragen zu wollen. Doch er will keinem Vorwürfe machen. Er sagt: „Das Krankenhaus zu planen ist mein Hobby. Das mache ich eben gern.“ Dann spricht er wieder von seinem Projekt.

Im ersten Schritt in Richtung Krankenhaus begeisterte er Professoren und Kommilitonen für sein Vorhaben. „Gerade die Professoren geben wichtige Impulse, erklären, was geht und was nicht“, sagt Yadav. Etwa Andreas Schulze. Er ist Professor für Umweltmedizin an der Goethe-Universität und wurde für Yadav eine Art Mentor. Schulze sagt: „Meine Hilfe ist eine Mischung aus Motivation und Bremsen.“ Er klingt wie ein Vater, wenn er auch sagt: „Yadav muss ja erst mal Arzt werden.“ Schulze machte seinem Studenten zudem klar, dass er nicht einfach ein Krankenhaus mit 350 Betten bauen könne. Yadav müsse kleiner anfangen, mit 50 Betten. Bei jedem Projekt gebe es unvorhersehbare Probleme. Die müsse man lösen und dann das Krankenhaus Schritt für Schritt ausbauen.

So entstand Yadavs straffer Zeitplan: 2025 soll das Krankenhaus seine Arbeit aufnehmen. Ab 2029 werden im Krankenhaus Fachärzte ausgebildet. Ab 2032 macht ein angegliedertes College die Ärzte-Ausbildung vollständig. „Bisher gehen die Fachkräfte ins Ausland“, sagt Yadav, „weil es in Nepal kaum ein Krankenhaus gibt mit der technischen Ausrüstung für eine gute Ausbildung.“ In der ersten Zeit sollen ausländische Ärzte noch aushelfen. Dafür sucht sich Yadav Hilfe bei der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“. So will Yadav den medizinischen Standard in seinem Heimatland generell anheben.

Kosten: 25 Millionen Euro

Um die kalkulierten Kosten von rund 25 Millionen Euro aufzubringen, werde Yadav im nächsten Jahr eine Stiftung oder einen Verein gründen. Auch mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit verhandelt Yadav schon. In der Frankfurter Hochschullandschaft spricht sich seine Idee herum. Auch Heinrich Lessing hörte davon. Er ist Professor für Baukonstruktion an der University of Applied Science (ehemals Fachhochschule). Häuser bauen ist seine Sache, auch wenn sie für Kranke gebaut werden. Mit seinen Kollegen macht er aus dem Projekt eine Seminarreihe. Seine Architekturstudenten lernen die Arbeitsabläufe in einem Krankenhaus kennen, um eine funktionierende Klinik entwerfen zu können. 24 Entwürfe entstanden so. Die besten Aspekte aus allen werden zu einem Projekt zusammengefasst. Einer der Entwürfe kommt von Clara Schwab. Sie erzählt, wie euphorisiert viele Studenten waren, weil sie mit ihrem Studium zur Abwechslung eine gute Sache unterstützen könnten. Sie blickt sehnsüchtig über die Entwürfe. Ein deutliches Symptom: Sie hat sich mit Yadavs Idee angesteckt.

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