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Lachclub-Mitglieder brüllen sich glücklich

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Die Arme zum Himmel strecken hebt den Blick und die Laune. Deshalb gehört diese Übung zum Standard-Repertoire von Lachclub-Gründerin Brigitte Kottwitz (links) und Eva Rohde (Zweite von rechts).
Die Arme zum Himmel strecken hebt den Blick und die Laune. Deshalb gehört diese Übung zum Standard-Repertoire von Lachclub-Gründerin Brigitte Kottwitz (links) und Eva Rohde (Zweite von rechts). © Rainer Rueffer-- FRANKFURT AM MA

Herzhaft lachen, auch wenn das Leben gerade nicht lustig ist, kann man immer donnerstags beim Lachclub Frankfurt. In Vorbereitung auf den Weltlachtag, der am Sonntag an der Hauptwache gefeiert wird, waren wir bei einer Übungsstunde dabei. Und lernten: Was von außen verrückt aussieht, ist ziemlich durchdacht.

„Ich bin die Mathilda, muahaaaaaaaaaa“, brüllt Mathilda (69). „Ich heiße Eva, haaaaaaaaa“, schreit Eva (53). „Ich bin Michael, hohohohoooo“, ruft Michael (82). Und dazwischen lachen alle, als ob sie gerade den besten Witz der Welt gehört hätten. Nur, dass keiner einen erzählt hat. Es ist Donnerstag, halb sieben im Holzhausen-Park, und die ersten, die rund um die zwölf Damen und Herren des Lachclubs Frankfurt in der Sonne lagen, stehen unauffällig auf und gehen.

Den Teilnehmern ist das völlig schnuppe. Sie haben erst mit ein paar Dehnübungen ihre Muskeln gelockert, sich mit theatralischen Gesten aus Liebe, guter Laune und Gelassenheit ein Glas Lachwasser gebraut – und jetzt lachen sie. Unvermittelt. Immer wieder. „Das Gehirn kann nicht unterscheiden, ob es ein echtes oder ein unechtes Lachen ist“, sagt Übungsleiterin Eva Rohde. In beiden Fällen schütte es Hormone aus, die Laune steigt. „Und jetzt das Mantra!“, schreit sie in Richtung Teilnehmer. „Ho ho hahaha, ho ho hahaha“, brüllen alle gemeinsam.

Auch Carola brüllt mit. Gerade noch ging die 51-Jährige im Park spazieren, blieb nur kurz stehen, um zu schauen. „Mach doch mit!“, hat Übungsleiterin Eva zu ihr gesagt und sie in den Kreis gewunken. „Ich heiße Carola, hahahaaaaa“, ruft sie jetzt. „Wenn man einfach so reingenommen wird, fühlt man sich gleich wohl“, wird sie später sagen.

Singen, springen, tanzen

Verbreitet hat das Lachyoga in den 1990er Jahren der indische Arzt und Yogalehrer Dr. Madan Kataria, der nach einem Mittel suchte, um die Schmerzen seiner Patienten zu lindern. Erst habe er es mit Witze erzählen versucht, doch die seien irgendwann unter die Gürtellinie gegangen, so dass die Tester beleidigt waren, erzählt Übungsleiterin Eva. Gemeinsam mit seiner Frau habe er dann die Mischung aus Lockerungsübungen, Rollenspielen und Yogaelementen entwickelt, die sie selbst und Lachclub-Gründerin Brigitte Kottwitz heute lehren.

Denn zufällig ist an diesem Donnerstagabend gar nichts, wie die nächste Übung zeigt: Die Teilnehmer sollen sich zu Paaren zusammenfinden, der eine sagt „eins“, der andere „zwei“, der erste wieder „drei“. Als das klappt, wird eins durch hüpfen ersetzt, zwei durch klatschen und drei dadurch, dass man die Zunge herausstreckt und ganz laut „Bääääääh“ schreit.

Hüpfen helfe, die Kopflastigkeit zu überwinden, klatschen aktiviere die Akupunkturpunkte auf den Handflächen. Und „Bäääh“-Schreien, im Yoga „Löwe“ genannt, stärke nicht nur die Halsmuskulatur und die Infektabwehr, sondern stelle auch eine Verbindung zum inneren Kind her, sagt Eva.

„Wir Erwachsenen haben verlernt, zu singen, zu hüpfen und zu tanzen. Dabei hat uns das früher glücklich gemacht.“ Mittlerweile haben sich viele Parkbesucher so positioniert, dass sie zwar gut sehen, aber nicht Gefahr laufen, angesprochen zu werden.

Besonders weltvergessen ist das „Bääääh“ von Mathilda. Die 69-Jährige hatte vor einigen Jahren eine Gehirnblutung, war danach gelähmt. „Ich habe nur noch geweint.“ Mühsam lernte sie neu, sich zu bewegen, dann nahm sie eine Bekannte mit zum Lachyoga. „Das war mein Gottesgeschenk“, sagt Mathilda. Seit zwölf Jahren macht sie mit, „mein Lachen kann ein ganzes Zimmer erleuchten“.

Das Loben nicht vergessen

Die Übung ist beendet. Die Lachclub-Mitglieder stellen sich wieder im Kreis auf, in den Eva bereits ihre Hand mit nach oben gerecktem Daumen streckt. „Sehr gut, sehr gut, wunderbar!“, rufen alle gemeinsam, bei „Wunderbar“ zeigt jeder mit dem Daumen auf sich. „Wir vergessen im Alltag, uns zu loben. Dabei stärkt das das Selbstbewusstsein enorm“, sagt Eva.

Michael hat definitiv kein Problem mehr mit seinem Selbstbewusstsein: Der 82-Jährige ist schon seit 2001 dabei und macht alles mit. An einem grauen Novembertag, als es ihm schlecht gegangen sei, habe er beschlossen, der Ankündigung für den Weltlachtag in der Zeitung zu folgen.

Ein halbes Jahr habe es gedauert, bis er sich wirklich darauf einlassen konnte, seitdem lacht er laut mit. „Ich mag die Lockerheit, die hier vermittelt wird“, sagt er. Ob er sich nicht vielleicht noch ein kleines bisschen blöd vorkommt? „Nein, überhaupt nicht. Sonst müsste sich ja auch jeder, der ins Fitnessstudio geht, blöd vorkommen“, findet Michael.

Gesellige Runde

Am Ende der Übungsstunde trinken alle noch gemeinsam einen Sekt, weil Brigitte Kottwitz Geburtstag hatte. „Wir sind sehr gesellig, auch hinterher“, sagt Eva. „Eine richtig schöne Gemeinschaft.“

Carola, die zwei Stunden vorher noch gar nicht wusste, dass es Lachclubs überhaupt gibt, steht mittendrin. „Man vergisst die blöden Gedanken“, sagt sie und lächelt. „Das tut mir total gut. Und nächste Woche mache ich auf jeden Fall wieder mit.“

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