Landgericht verlangt Nachermittlungen

Die juristische Aufarbeitung des Skandals dürfte noch geraume Zeit dauern. Denn es gibt einige Unklarheiten.
Frankfurt -Die Awo-Affäre beschert der Frankfurter Staatsanwaltschaft offenbar zusätzlichen Einsatz. Das Landgericht fordert laut Hessischem Rundfunk (HR) nämlich von der Anklagebehörde Nachermittlungen bei ihrer Anklage gegen das Ehepaar Hannelore und Jürgen Richter.
In der Anklage, die die Strafermittler im Sommer vergangenen Jahres gegen das Ehepaar Richter und zwei weitere ehemalige Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt (Awo) erhoben hat, geht es um mutmaßlich überhöhte Abrechnungen für zwei Flüchtlingsheime, die die Awo im Auftrag der Stadt betrieben und mit dieser den tatsächlichen oder vorgeblichen Kostenaufwand abgerechnet hat. Auf diese Weise sollen die Richters und zwei weitere ehemalige Beschäftigte die Stadt um 2,6 Millionen Euro betrogen haben.
Der Strafkammer, die diese Angelegenheit juristisch verhandeln soll, fehlt laut HR die klare Zuordnung, welcher der vier Beschuldigten für welchen Betrag geradestehen soll.
Dass eine Große Strafkammer die Staatsanwaltschaft zu Nachermittlungen auffordert, sei ein eher seltener Vorgang, sagte auf Anfrage Werner Gröschel, Sprecher des Landgerichts für Strafsachen. Gröschel ist selbst Richter und Vorsitzender der Wirtschaftsstrafkammer mit Spezialzuständigkeit für Korruptionssachen, die im Dezember vergangenen Jahres den ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann verurteilte.
Gröschel erläuterte das Vorgehen einer Strafkammer, wenn die Staatsanwaltschaft eine Anklage vorlegt: „Das Gericht prüfe die Anklage „im Tatsächlichen wie im Rechtlichen“ und entscheide anschließend, ob die Anklage zugelassen werde oder ob, wie im Fall der Awo-Anklage, Nachermittlungen erforderlich seien, bevor eine Zulassungsentscheidung getroffen werde. Die Strafsache befinde sich damit im Status eines „Zwischenverfahrens“. Fristsetzungen für die Nachermittlungen seien weder vorgesehen noch üblich. Gröschel: „Das ist keine Sache von ein paar Tagen.“ Habe die Staatsanwaltschaft die fehlenden Sachverhalte erforscht und in die Anklage eingearbeitet, müsse sie diese dem Gericht erneut zustellen. Auf Nachfrage erklärte gestern die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, noch keinen Nachermittlungsauftrag der zuständigen Strafkammer erhalten zu haben.
Die juristische Aufarbeitung der Awo-Affäre dürfte also noch geraume Zeit in Anspruch nehmen und womöglich auch die Frankfurter Stadtpolitik weiterhin beschäftigen. Sylvia A. Menzdorf