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Landungen nach 23 Uhr: Die notorischen Zuspätkommer

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Wenn es Nacht wird, dürfen in Frankfurt eigentlich keine Flugzeuge mehr landen und starten ? doch es kommt immer wieder zu Ausnahmen.
Wenn es Nacht wird, dürfen in Frankfurt eigentlich keine Flugzeuge mehr landen und starten ? doch es kommt immer wieder zu Ausnahmen. © Boris Roessler (dpa)

Am Frankfurter Flughafen gilt das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr. Landungen bis Mitternacht sind dennoch erlaubt, sollen aber eine Ausnahme sein. Doch ein Flug von Air Berlin aus Palma de Mallorca ist auffällig oft zu spät. Niemand glaubt an einen Zufall, Fluglärmgegner sind alarmiert, das Wirtschaftsministerium hakte bereits nach.

Wer sich mit Fluglärmgegner über das höchstrichterlich ausgesprochene Nachtflugverbot in Frankfurt zwischen 23 und 5 Uhr unterhält, der bekommt von ihnen immer wieder zu hören: Es handelt sich nicht um ein Nachtflugverbot, sondern um eine Nachtflugbeschränkung. Immerhin gibt es weiterhin nächtliche Starts und Landungen – die einen mehr, die anderen weniger.

Bis Mitternacht kein Verbot

Allein von Januar bis Oktober diesen Jahres sind in Frankfurt 833 Maschinen erst nach 23 Uhr gestartet und gelandet, davon waren 473 verspätete Landungen. Insgesamt hat es in diesem Zeitraum 384 553 Flugbewegungen gegeben. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es 623 Starts und Landungen nach Beginn des Nachtflugverbots. Diese Zahlen hat Hanspeter Günster von der Bürgerinitiative Sachsenhausen ermittelt. Der IT-Spezialist hat eine Datenbank entwickelt, mit der er alle Flugbewegungsdaten am hiesigen Airport auswerten kann. Mit seinem „Reportgenerator“ greift Günster auf die Daten des Deutschen Fluglärmdienstes sowie von Flughäfen und Airlines im Internet zu, bündelt sie und wertet sie anschließend aus.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Hessische Wirtschaftsministerium. Auf dessen Internetseite sind ebenfalls die verspäteten Starts und Landungen aufgelistet, Tag für Tag, Monat für Monat. Das Ministerium kommt von Januar bis Oktober immerhin auf 423 Flugzeuge, die erst nach 23 Uhr in Frankfurt angekommen sind. Verboten ist dies nicht. Laut Planfeststellungsbeschluss dürfen Flugzeuge ohne Weiteres bis Mitternacht landen, sofern dies nicht von vorneherein eingeplant war.

Allerdings gibt es Fluggesellschaften, die ihre Maschinen oft zu spät in Frankfurt ankommen lassen. Mit 126 Verspätungen von Januar bis Oktober ist Air Berlin Spitzenreiter, gefolgt von Condor mit 108 verspäteten Landungen und Tui Fly mit 66. Auffällig dabei ist der Air Berlin-Flug mit der Nummer 7751 aus Palma de Mallorca. Planmäßig sollten die Maschinen eigentlich abends um 22.45 Uhr in Frankfurt ankommen, dies ist allerdings nur selten der Fall. Mal landet die Maschine wenige Minuten nach 23 Uhr, mal eine halbe Stunde, mal ganze 45 Minuten. Alleine von Mai bis August kam diese Maschine 57 Mal zu spät am Airport an.

Für Hanspeter Günster steht deshalb fest: „Die geplanten Landezeiten liegen viel zu nah an der Grenze zur Flugbetriebsbeschränkung von 23 bis 5 Uhr.“ Seiner Ansicht nach würden die Airlines die Zeit bis Mitternacht absichtlich als Puffer miteinkalkulieren. Zu einem ähnlichen Schluss kommen auch das Umwelthaus, die Fluglärmkommission sowie die Fluglärmschutzbeauftragte des Wirtschaftsministeriums – zumindest was den notorisch unpünktlichen Air-Berlin-Flug betrifft. „Allein die Häufigkeit ist ein Hinweis dafür, dass schon der Flugplan falsch angelegt ist“, sagt Anja Wollert, Geschäftsführerin der Fluglärmkommission.

Das Hessische Wirtschaftsministerium ist bereits aktiv geworden, hat Vertreter der betroffenen Fluggesellschaft nach Wiesbaden geladen. „Unser Ziel ist es, dass Landungen nach 23 Uhr eine Ausnahme bleiben“, sagt die Fluglärmschutzbeauftragte des Landes, Regine Barth. Nichtsdestotrotz dürfe es laut Planfeststellungsbeschluss im Durchschnitt eines Jahres sogar täglich zu 7,5 verspäteten Landungen kommen. „Wir liegen weit unter diesem Wert“, so die Fluglärmschutzbeauftragte. „Dennoch überprüfen wir alle Verspätungen, haben sie im Blick.“ Kommt eine Maschine mehr als zwei Mal im Monat zu spät in Frankfurt an, wird sie anschließend genau unter die Lupe genommen, gegebenenfalls mit der betroffenen Airline das Gespräch gesucht. „Wir haben erreicht, dass Flüge dann zum nächsten Flugplan vorverlegt wurden.“

Air Berlin gelobt Besserung

Und so gelobt auch Air Berlin Besserung. „Wir versuchen nach Möglichkeit immer die Start- und Landezeiten des Frankfurter Flughafens einzuhalten und bedauern die Unannehmlichkeiten, die aus den Verspätungen entstanden sind“, teilt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage schriftlich mit. Grund für die Verspätungen sei zum einen der erhöhte Flugverkehr in Europa insgesamt, zum anderen die gestiegene Anzahl an Flügen nach Spanien aufgrund der veränderten Nachfrage im touristischen Bereich und die damit verbundene Zuteilung der Start- und Landerechte. Soll heißen: Aus Angst vor Bombenanschlägen etwa in der Türkei wollten die Touristen lieber nach Mallorca fliegen. Zu selbigen Schluss ist auch die internationale Luftverkehrsvereinigung IATA für 2016 gekommen. Aufgrund der Konzentration von Ferienflügen auf Ziele in Spanien, hat es europaweit eine Zunahme von Verspätungen gegeben.

(jlo)

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