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Lernen von einem Europameister

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Zusammen mit 60 Nachwuchssportlern machte sich Niklas Kaul auf zum Mainufer und wieder zurück.
Zusammen mit 60 Nachwuchssportlern machte sich Niklas Kaul auf zum Mainufer und wieder zurück. © Enrico Sauda

Zehnkämpfer Niklas Kaul trainiert mit 60 Nachwuchssportlern

Eine lockere Laufeinheit mit Kindern statt der täglichen harten Trainingsarbeit? Niklas Kaul lacht. „Leider nein“, sagt der Zehnkampf-Europameister. Am Montagmorgen hatte der 25-Jährige noch in Mainz an seinen Leistungen im Stabhochsprung und Kugelstoßen gefeilt. Am Abend war er zu Gast beim Frankfurter Laufshop, stand scheinbar unermüdlich für Selfies und persönliche Autogramme - auch auf Badeschlappen - zur Verfügung und trabte später mit etwa 60 Nachwuchssportlerinnen und -sportlern durch die City zum Mainufer und wieder zurück.

Zuvor hatte Kaul, der bei seinem Titelgewinn 2019 in Doha der jüngste Weltmeister unter den Königen der Leichtathleten war, in einer Fragerunde verraten, dass er noch nie länger als 15 Kilometer am Stück gelaufen ist. „Lächerlich“ wohl für viele der etwa 70 Erwachsenen, die ebenfalls zu diesem ganz besonderen der wöchentlichen Sporttreffs des Fachgeschäfts in der Großen Friedberger Straße 37-39 gekommen waren und nicht nur selbst in fünf verschiedenen Leistungsgruppen aktiv wurden, sondern auch bereits manchen Marathon in den Knochen haben. Doch für Allrounder wie ihn, erklärte Kaul, machten weitere Strecken „wenig Sinn“, im Wettkampf sind sie lediglich über 100, 400 und 1500 Meter gefordert. Schnelligkeit hat da Vorrang vor Ausdauer.

Schnelligkeit vor Ausdauer

Termine wie dieser machen dem Spitzenathleten „wirklich Spaß“, wie er versicherte, und bereiten ihn - mit Blick auf die von ihm angeleiteten Koordinationsübungen am Fluss, bei denen er die Teilnehmer abwechselnd laut, schnell und leise laufen, hüpfen oder in tiefe Ausfallschritte gehen ließ, - nebenbei auf den Beruf vor, dem er als Lehramtsstudent mit den Fächern Physik und Sport entgegenstrebt. Sein Ausrüster war für die Einladung mitverantwortlich und nutzte die Gelegenheit, einen Test seiner neuesten Schuhkreationen anzubieten. Laufshop-Inhaber Jost Wiebelhaus zeigte sich begeistert von der großen Resonanz, die bei Passanten für neugierige Blicke sorgte und mehrmals Autofahrer am Weiterfahren hinderte.

Der Protagonist befindet sich im Aufbau für die Weltmeisterschaften im August in Budapest. Beim Meeting im Juni in Ratingen hatte er als Sieger mit 8484 Punkten die Norm für die Olympischen Spiele 2024 in Paris erfüllt. Dort zu brillieren, sich bestmöglich zu präsentieren, darauf ist bei Kaul, der seine Premiere bei dem Großereignis 2021 in Tokio verletzungsbedingt abbrechen musste, alles ausgerichtet.

Eine Veränderung der Speerwurftechnik brachte in Nordrhein-Westfalen noch nicht den gewünschten Erfolg. Ausgerechnet in seiner Lieblingsdisziplin, wo der Sportspieß bei seinem WM-Erfolg in Katar bei 79,05 Metern gelandet war, enttäuschte Kaul mit nur 67,44. „Das tut weh“, noch immer darauf angesprochen zu werden, räumte er ein. Doch die stärkere Rotation, die mit der neuen Bewegungsform verbunden ist, soll langfristig nicht nur zu längeren Flügen führen. Sie schone seinen Rücken, mit dem er seit einer Verletzung 2018 zu kämpfen hatte. „Jetzt sind wieder täglich 30 bis 35 Würfe möglich.“

Auch wenn die Reise nach Frankreich noch nicht fest gebucht ist, andere sie ihm wegschnappen könnten: „Der ganz große Druck ist weg“, sagt Kaul. In Ungarn sieht er „acht bis neun Leute“ um die Medaillen streiten, darunter den Görlitzer Leo Neugebauer, der im Juni mit einem neuen deutschen Rekord von 8836 Punkten verblüffte.

Auf die Frage, mit welchen Zielen Kaul selbst an die Donau fährt, gibt er an, „einen schönen Zehnkampf“ im Fokus zu haben. Dann lächelt der Ex-Weltmeister noch vielsagend. Katja Sturm

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