Haxen-Reichert schließt: „Wenn man kein Geld mehr verdient, hört man auf“
Nach 25 Jahren ist Schluss: Haxen-Reichert schließt die Metzgerei auf der Königsteiner Straße in Frankfurt-Höchst. Doch Schluss ist nicht.
Frankfurt - Seine Mitarbeiter aus dem Laden an der Fußgängerzone haben die Kündigung erhalten, der 21. Januar, ein Samstag, wird der letzte Öffnungstag sein: Thomas Reichert, Obermeister der Fleischer-Innung Frankfurt-Darmstadt-Offenbach, ausgezeichnet mit der Verdienst- und Ehrennadel des Fleischerverbandes Hessen, sperrt nach gut 25 Jahren den Laden auf der Königsteiner Straße in Höchst endgültig zu.
Der Grund: „Geschäftsmodelle sind einem Wandel unterworfen“, sagt er. Ein Fleischerei-Fachbetrieb wie der seine rechne sich „in einem solchen städtischen Konglomerat“ wie der Fußgängerzone der „Kö“ nicht mehr. Und er sagt: „Ich bin dankbar für 20 gute Jahre auf dieser Straße; die Veränderungen sind soziodemografisch geprägt.“ Das heißt: Es gibt nicht mehr genügend Kundschaft, die bei Fleisch und Wurst nicht nur auf „billig, billig“ schaut. Die vergangenen fünf Jahre seien weniger gut gewesen; die klassische Metzgerei habe sich an dieser Stelle „überlebt“.
„Bester Metzger“ in Frankfurt schließt: Maden-Vorfall hat die Entscheidung forciert
Ja, der Vorfall mit dem Veterinäramt im vergangenen Sommer habe auch seinen Anteil. Damals hatte das Veterinäramt in Reicherts Lagerräumen an der Brüningstraße mit Maden verdorbenes Edel-Rindfleisch sichergestellt; das Dry-aged Beef, eine Delikatesse, sei offenbar durch eine unterbrochene Kühlkette mit Fliegenlarven verunreinigt worden. „Das hat die Entscheidung beschleunigt“, sagt Reichert, „ist aber letztlich nicht ausschlaggebend gewesen.“ Vieles, was sein Handwerk ausmache, sei angesichts der Auflagen nicht mehr zu leisten. Reichert hat seit Jahrzehnten dezentrale Schlachthöfe und damit kürzere Transportwege befürwortet.

Mit der Schließung des Ladengeschäfts komme aber für die 1935 von seinem Großvater gegründete Firma Haxen-Reichert keinesfalls das Aus. „Ich habe schon seit geraumer Zeit 50 Prozent meines Umsatzes über Catering und Events generiert“, sagt Thomas Reichert. Dieses Geschäftsfeld werde ebenso weitergeführt wie die Steak-Kurse im Hof der Wurstküche an der Brüningstraße. Zum 31. März sei die Anmietung des Ladens auf der Kö beendet, aber der Standort in der Brüningstraße bleibe erhalten. „Ich gehe Höchst nicht verloren.“
Die Schließung des Ladens sei kein Ende, sondern ein Neuanfang. „Geschäfte sind kein Selbstzweck. Wenn man kein Geld mehr verdient, hört man auf.“ Mit dem Partyservice habe er Anfang der 80er Jahre begonnen, noch vor dem Laden auf der Kö.
Haxen-Reichert in Frankfurt-Höchst schließt: „Wenn man kein Geld mehr verdient ...“
Nach Eröffnung des neuen Geschäfts hatte Thomas Reichert schon den Laden an der Brüningstraße geschlossen. Auch er hatte sich wegen eines Strukturwandels nicht mehr gelohnt: Die Frühstücksklientel aus der „Rotfabrik“ war nach Aufspaltung der Hoechst AG weggeblieben. Das Geschäft auf der Fußgängerzone wolle er „mit wehender Fahne zumachen und nicht, wenn der Insolvenzverwalter kommt“.
Sechzig ist er jetzt, aber an Ruhestand denke er nicht: „Ich habe noch Lust, und mein berufliches Leben geht in eine neue Phase.“ Er habe sich schon immer „alle zehn oder zwanzig Jahre neu erfinden müssen“. Ein erster Verdacht, dass bei Haxen-Reichert nicht alles bleibt, wie es ist, hatte sich im Oktober aufgedrängt, als Thomas Reichert das Ende für das von seinem Vater Willi ins Leben gerufene Oktoberfest verkündet hatte. Von dem „Aus“ für den Laden hätten auch einige Stammkunden schon gewusst. Mit der Schließung hat er nun sieben Mitarbeiter entlassen müssen: drei Vollzeitkräfte, eine 30-Stunden-Kraft, drei Putzfrauen. Er habe ihnen aber Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Job angeboten, und seiner Ansicht nach dürfte das keine Probleme bereiten: Einige Kollegen hätten sich schon erkundigt. „Die Leute sind in unserer Branche gefragt; die kommen unter.“ (Holger Vonhof)