Luftschutz-Bunker in Frankfurt sind bedeutende Mahnmale

In Frankfurt stehen einige alter Luftschutz-Bunker. Denkmalpfleger sind gegen "Wegdekorieren". Der Bund prüft Wiederertüchtigungen wegen des Ukraine-Krieges.
Frankfurt – In diesen Mauern drängten sich einst Hunderte, Tausende von Menschen zusammen, schwitzend oder frierend vor Angst, immer in der Furcht vor dem nächsten Luftangriff. Rund 50 dieser Anfang der 1940er Jahre gebauten Hochbunker stehen noch in Frankfurt: Etwa an der Friedberger Anlage im Nordend, an der Schleifergasse in Höchst, an der Gründenseestraße in Fechenheim und an der Eberstadtstraße in Praunheim. Schon an den Eingängen zu den wuchtigen Bauten hätten sich manchmal Dramen abgespielt, sagt Stefan Timpe – wenn beispielsweise der Bunkerwart selektierte, wer hinein durfte und wer nicht.

Timpe, Abteilungsleiter der Bau- und Kunstdenkmalpflege am Frankfurter Denkmalamt, hielt am Dienstagabend (28. Juni) auf Einladung des Kuratoriums Kulturelles Frankfurt (KKF) einen Vortrag über den denkmalpflegerischen Umgang mit Luftschutz-Hochbunkern. Ein Thema, auf das manche mit Stirnrunzeln reagieren. Warum müsse sich die Denkmalpflege ausgerechnet diesen hässlichen Betonklötzen widmen, hört Timpe immer wieder. Weil diese Bunker, die übrigens oft von Zwangsarbeitern errichtet wurden, Sinnbilder für das Grauen der Nazi-Herrschaft seien, antwortet er dann: „Diese Bauten erzählen Geschichte. Sie stehen für unermessliches Leid. Hier lässt sich die Menschenverachtung des Systems ablesen.“ Deshalb seien das „Kulturdenkmäler, Mahnmale von besonderer Bedeutung“.
Rund 50 Luftschutz-Bunker in Frankfurt: Sie erinnern an eine andere Zeit
Und: Sie spiegeln auch lokale Bautraditionen wider. Zwar gab es durchaus Vorschriften für die Errichtung von Bunkern, etwa die „Braunschweiger Bewehrung“ – besonders stabile Betonwände mit Stahleinlagen, die selbst Sprengungen standhielten. Doch die äußere Form variierte. Das hing auch mit der Finanzierung zusammen.
Zwar habe beispielsweise die Stadt Frankfurt rund sieben Millionen Reichsmark für den Bau der Schutzräume erhalten, sagt Timpe. Für die rund 50 Hochbunker reichte das jedoch bei Weitem nicht, schließlich beliefen sich die Kosten pro Gebäude auf rund eine Million Reichsmark. „Die Stadt blieb auf einem Großteil der Kosten sitzen“, bilanziert der Denkmalpfleger.

Kein Bauwerk gleicht dem anderen: Frankfurter Luftschutz-Bunker mit Walmdächern
Weil der Bunker-Bau letztlich eine kommunale Aufgabe war, wurden vor allem private Architekten damit betraut. Die Folge: Kein Gebäude gleicht dem anderen. In Norddeutschland kamen etwa Ziegel und Klinker zum Einsatz, in München Muschelkalk, in Frankfurt vor allem Mainsandstein. Diese Unterschiede seien durchaus beabsichtigt gewesen, sagt Timpe: „Die Bunker sollten sich den Bauten der Umgebung anpassen. Und sie sollten aus der Luft nicht als solche wahrgenommen werden.“ In Frankfurt wurden sie deshalb in der Regel mit Walmdächern versehen. Und: Einige der Schutzgebäude wurden auf Stellen errichtet, wo zuvor Synagogen standen, die während der Pogromnacht 1938 in Brand gesteckt wurden – zum Beispiel in Höchst und an der Friedberger Anlage. Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten etliche Bunker als Notunterkünfte, Lager, später auch als Domizil für Musiker, sagt Timpe. Etliche wurden abgerissen, einige habe man mit Efeu bepflanzt – „als wolle man Gras über die Sache wachsen lassen“.
Stellt sich die Frage: Wie heute umgehen mit diesem „unbequemen Erbe?“, wie es der Denkmalpfleger formuliert. Vielleicht derart umgestalten, wie es derzeit in Hamburger Stadtteil St. Pauli geschieht? Dort wird zurzeit ein riesiger Schutzraum-Komplex in einen „Grünbunker“ verwandelt, mit einer Halle für Sport und Kultur, einem Hotel mit Bar und Restaurant samt Grünflächen und Dachgarten. Für Timpe jedoch ein Unding: Somit werde „ein Mahnmal wegdekoriert“. Viel sinnvoller sei es, dort beispielsweise Wohnraum zu schaffen, wie das in der Gründenseestraße geschehen sei. Oder ein Haus für Kurzzeit-Wohnen wie in Alt-Schwanheim. Ziel sei es dabei, die Bauten möglichst authentisch zu erhalten. Was unter anderem bedeutet, dass Fenster nur dort eingebaut werden, wo sie von der Hauptansichtsseite nicht zu sehen sind.

Zukunft der Luftschutz-Bunker in Frankfurt: Verkauf oder Abriss vorerst gestoppt
Den Begehrlichkeiten der Immobilienbranche, die die Schutzbauten mit ihren oft zwei Meter dicken Mauern in den vergangenen Jahren als lohnenswerte Objekte entdeckt hat, versetzte der Krieg in der Ukraine einen Dämpfer. Die meisten Bunker sind im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), erklärt Timpe. Und die habe den Verkauf oder Abriss der Gebäude vorerst gestoppt – auch deshalb, weil das Bundesinnenministerium derzeit prüfe, welche der Bunker sich wieder ertüchtigen lassen könnten. (Brigitte Degelmann)
In Frankfurt-Bornheim sollte bereits ein Bunker abgerissen werden, allerdings hatten die Nachbarn „Angst um Gesundheit“. Deswegen