Markus-Krankenhaus fokussiert sich stärker auf Krebs-Patientinnen

Der medizinische Fortschritt rast, die Patienten sind anspruchsvoller: Um Schritt zu halten, spezialisieren sich Kliniken oder erweitern – in Frankfurt nun für krebskranke Frauen und werdende Mütter.
Es geht um starke Gefühle, wie sie unterschiedlicher kaum erlebt werden können. Um Mütter, die ihr Kind zur Welt bringen einerseits. Andererseits um Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind oder bei denen ein Tumor im Gebärmutterhals, an den Eierstöcken festgestellt worden ist. Für die einen wie die anderen wollen sich die Geburtshilfe des Bürgerhospitals und die operative Gynäkologie sowie operative und konservative gynäkologische Onkologie im Agaplesion Markus-Krankenhaus größer und besser aufstellen. Sie tun das ab Januar 2019 mit einer Übergabe, zu der es viele Zahlen und viel über innovativer Medizintechnik zu sagen gibt.
Professor Dr. Franz Bahlmann, Chefarzt der Frauenklinik im Bürgerhospital, und Privatdozent Dr. Marc Thill, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe vom Markus-Krankenhaus, stellen aber die Mütter, die Patientinnen in den Vordergrund: ihre Fragen, ihre Sorgen, ihre Ängste – insgesamt ihr Bedürfnis nach einer Versorgung und Umsorgung, die weit übers medizinisch Notwendige hinausgeht.
International mithalten
Dieses Bedürfnis ist längst Anspruch und damit Auftrag für Krankenhäuser. Und die Herausforderung, in Diagnostik, Therapie und Ausstattung internationalen Standards zu genügen. Zurzeit, so sagte es gestern Gynäkologe Thill, liege Deutschland in der Krebs-Behandlung hinten dran. Vor allem deshalb ist das Thema „Spezialisierung“ ein Trend, alle Akteure des Gesundheitswesens verlangten danach, betonte Jürgen Schäfer, Geschäftsführer des Markus-Krankenhauses: Krankenkassen, Institutionen zur Qualitätssicherung, die Politik. Überall in Deutschland bündeln Krankenhäuser Kräfte und Kompetenz und lagern andererseits unwirtschaftliche Abteilungen aus.
In diesem aktuellen Frankfurter Fall bedeutet das: Im Markus-Krankenhaus in Ginnheim werden ab Januar keine Kinder mehr geboren. Die Abteilung, in der zuletzt nur noch zwei Kinder pro Tag zur Welt kamen, wandert ab ins Bürgerhospital, das im Fach Geburtshilfe und vor- und nachgeburtliche Versorgung (Perinatalmedizin) als Top-Adresse im Rhein-Main-Gebiet gilt. Das Pflegepersonal im Kreißsaal des Markus-Krankenhauses, 14 Personen, nicht alle in Vollzeit, hat das Angebot erhalten, mit ins Nordend zu wechseln. Seinen Arbeitsplatz, versichert Geschäftsführer Schäfer, verliere niemand.
Kompetenz und ihr Preis
Die 14 Pflegestellen werden dann der gynäkologischen Onkologie zugewiesen, 45 Kräfte dann ausschließlich dort im Einsatz sein. Doch Quantität ist nicht gleich Qualität, das machte Thill deutlich. Um leistungsstark zu sein, brauchte es viel mehr speziell fortgebildete Pfleger. Solche, die wie in England die Helfer-Schwestern über ausreichend medizinische Kenntnisse verfügen, um Patienten aufzuklären und Ärzte zu entlasten. Doch vielen Pflegekräften fehle dazu die Motivation, beklagten gestern Geschäftsführung und Mediziner einmütig. Das Beispiel verdeutlicht, dass Fusionen allein nicht genügen, um top zu sein. Die von vielen Pflegern empfundene Diskrepanz zwischen Belastung und Bezahlung weist auf den Kern der allgemeinen Debatte ums Gesundheitssystem hin.
Eine Kooperation wie nun zwischen Markus-Krankenhaus und Bürgerhospital, die sich laut Auskunft bereits in der Ausbildung von Ärzten bewähre, schafft vorerst messbare Kapazitäten. Zwei Ärzte, die bislang für die wenigen Geburten gebunden waren, rücken nun in die Dienstpläne der gynäkologischen Onkologie. Die zusätzlich frei werdenden Räume ermöglichen laut Thill „technisch adäquate Behandlungen“. Nur ein Beispiel: Molekular-genetische Untersuchungen zur Zusammensetzung von Tumorgewebe.
Der Fortschritt rast in der Medizin, und Patientinnen wollen das Beste. Vor allem wollen sie keine Zeit verlieren. Zwei bis drei Wochen muss eine Frau mit einem Geschwulst auf einen Termin im Markus-Krankenhaus warten. „Eine hoch emotionale Zeit“, sagt Thill. Ab Januar, sagt er, sollen seine Patientinnen höchstens eine Woche warten müssen.