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Mehr als nur Abwarten und Teetrinken

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Fand lobende Worte für die Einrichtung: Astrid Wallmann, neben ihr Daniel Schmid.
Fand lobende Worte für die Einrichtung: Astrid Wallmann, neben ihr Daniel Schmid. © Enrico Sauda

Teestube Jona hat sich als Anlaufstelle für Hilfsbedürftige bewährt.

Frankfurt. Auf einem Tisch in der Ecke liegt ein halbfertiges Puzzle. Das Bild von der Golden Gate Bridge in San Francisco weist noch viele Lücken auf. Doch mit den beiden Stühlen davor symbolisiert es die Gemeinschaft, die hier abends zu spüren sein soll.

Seit 1995 bietet der gemeinnützige Verein Projektgruppe Bahnhofsviertel Hilfsbedürftigen in der Teestube Jona eine Anlaufstelle, in der sie Ruhe und Wärme finden. In der Ansprechpartner für ihre Sorgen und Nöte warten, wo sie aber auch einfach nur mal einen Kaffee trinken, lesen oder mit anderen etwas spielen können. Regelmäßig werden Ausflüge organisiert, ins Kino, zu Sportveranstaltungen oder ins Museum. Es gibt neben dem offenen Treff, für den täglich ab 17 Uhr die Türen geöffnet werden, Frühstückangebote und die Möglichkeit, seine Wäsche zu waschen.

Zeit verbringen und Ballast abwerfen

Für Patrik war das während seiner Zeit als Obdachloser vor drei Jahren sehr wichtig. „Überhaupt hier Zeit zu verbringen und das Internet zu nutzen“, aber auch, um den Ballast abwerfen zu können, den der gebürtige Pole sonst den ganzen Tag auf der Straße hätte herumschleppen müssen - mit Blick auf ein Lager in dem Haus in der Gutleutstraße im wörtlichen, aber auch im übertragenen Sinne.

Zwischen 80 und 150 Leute nutzen täglich die Möglichkeiten, im Winter mehr als in der heißen Jahreszeit. Am Dienstag schaute sich die hessische Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) die Räume an. Eine aus dem Kreis der 17 Angestellten, die sich hier zusammen mit etwa 15 Ehrenamtlichen sozial engagieren, hatte für das Projekt bei der landesweiten Aktion #MachDichstarkfürAlltagshelden geworben. Diese soll dazu beitragen, dass Menschen, die eine wichtige Aufgabe für die Gesellschaft übernehmen, stärker wertgeschätzt werden.

„Ich bin dankbar, dass Sie sich beworben haben“, und sie sage das im Namen aller 137 Abgeordneter im Landtag, erklärte Wallmann nach einer Einführung in das Angebot des seit 40 Jahren bestehenden Vereins, das neben verschiedenen Beratungsmöglichkeiten auch noch zwei jeweils zeitlich begrenzte Wohnprojekte umfasst. Sie sei mit einem ähnlichen Projekt in Wiesbaden vertraut und wisse deshalb genau, „wie wichtig es ist, Gemeinschaft herzustellen“ und etwas für Menschen zu leisten, die sonst nicht im Fokus stehen. „Sie sind alle Alltagshelden“, fügte Wallmann hinzu. Die „tolle Atmosphäre“ der Teestube sei zu spüren.

Zur Unterstützung hatte die Politikerin einen Scheck über 500 Euro aus Lottomitteln des Hessischen Landtags mitgebracht. „Jeder Euro zählt“, betonte sie.

Krisen verschärfen die Probleme

Ann-Kristin Weber bestätigte das. Die Geschäftsführerin und Leiterin der Teestube schilderte auf Nachfrage Wallmanns, dass die Pandemie den sowieso schon in Schwierigkeiten steckenden Menschen zusätzlich zugesetzt habe und dass die Folgen auch des Angriffskriegs auf die Ukraine die Probleme verschärften. Der Bedarf an Hilfe sei in den vergangenen drei Jahren deutlich gestiegen.

Während der Corona-Zeit funktionierte vieles nur über das Internet, auf das nicht jeder Zugriff habe. Andererseits gab es neue Zugangsregeln, so dass die Mitarbeiter der Teestube die Aufenthaltszeit jedes Einzelnen auf eine Stunde beschränken mussten, damit möglichst viele das Angebot nutzen konnten. „Das war sehr schwer“, sagte Weber.

Inflation und Energiekrise ließen die Sorge um das Auskommen steigen. „Jetzt muss ich noch mehr Flaschen sammeln“, sei von den Besuchern zu hören.

Doch nicht nur sie sind von den steigenden Kosten betroffen. Die Spenden, die neben Zuwendungen von Stadt und Land sowie Bußgeldern die Einnahmen des Vereins ausmachen, von denen man lebe, wie der Vereinsvorsitzende Daniel Schmid erklärte, sind laut Weber deutlich zurückgegangen, weil viele Menschen sparen müssten. Jede zusätzliche Summe helfe, das aktuelle Angebot aufrechtzuerhalten. Zudem würden die Mitarbeiter gerne ein paar Ideen für Ausflüge umsetzen, die sie zusammen mit den Besuchern entwickeln. San Francisco bleibt ein Traum, doch an kleineren Wünschen herumzupuzzeln, dazu zeigen sich die Alltagshelden in der Teestube Jona tagtäglich bereit. Katja Sturm

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