Meteorologe warnt: "Stadtklima wird unter dem neuen Stadtteil leiden"

Sollte im Frankfurter Nordwesten ein neuer Stadtteil gebaut werden, wäre das auch in der Innenstadt zu spüren. "Es wird dadurch wärmer und stickiger", sagt Lutz Katzschner. Der Klimaforscher aus Kassel stellte seine Bedenken bei einer Podiumsdiskussion der CDU in Praunheim vor.
In der Zehntscheune waren am Donnerstagabend alle Plätze belegt. Trotz dicker, jahrhundertealter Steinmauern war es im Inneren drückend schwül. Manche Zuhörerinnen fächelten sich Luft zu. Und eine bat die Zuspätgekommenen, nicht in der Tür stehen zu bleiben, um die erhoffte Kühle nicht zu blockieren.
Noch nicht festlegen
Was in dem Praunheimer Veranstaltungsraum im Kleinen vonstatten ging, versuchte der Experte auf dem Podium im Großen zu erklären. Lutz Katzschner, Umweltmeteorologe an der Universität Kassel, sprach über die Auswirkungen der geplanten Stadterweiterung Richtung Steinbach und Weißkirchen. „Das Stadtklima wird darunter leiden“, sagte er. Bis in die Innenstadt hinein könne es wärmer und stickiger werden. Er plädierte dafür, sich noch nicht auf einen Standort festzulegen, sondern verschiedene Gebiete unter stadtklimatischen Gesichtspunkten zu prüfen.
„Wenn größere Flächen zugebaut werden, hat das immer auch Auswirkungen auf die angrenzenden Gebiete. Es ist daher wichtig, sich im Detail anzusehen, wo welche Luftströme beeinflusst werden und welche Ausgleichsmaßnahmen die negativen Effekte abmildern könnten“, mahnte der Wissenschaftler, der im Auftrag der Stadt bereits den Frankfurter Klimaplanatlas erstellt hat.
Bei seinen Gastgebern stieß Katzschners Kritik auf offene Ohren. Denn eingeladen hatten ihn die CDU-Fraktionen der nordwestlichen Ortsbeiräte 7 und 8, die sich gegen den neuen Stadtteil vor ihrer Haustür wehren. Sie gehen damit nicht nur in Opposition zu Oberbürgermeister Peter Feldmann und seinem Planungsdezernenten Mike Josef (beide SPD), sondern auch zur CDU-Fraktion im Römer. Denn die hat den Neubauplanungen entlang der Autobahn 5 grundsätzlich zugestimmt.
Auf rund 500 Hektar soll durch die Stadterweiterung Nordwest Wohnraum für bis zu 30 000 Menschen geschaffen werden. Die Stadtverordnetenversammlung hat vorbereitende Untersuchungen beschlossen. Umstritten ist das Großprojekt nach wie vor.
Klimaforscher Katzschner hat keine Angst davor, politisch instrumentalisiert zu werden. „Ich gehe zu solchen Veranstaltungen, weil mir das Thema wichtig ist. Welche parteipolitischen Ziele dahinter stehen, interessiert mich nicht“, sagte er am Rande der Diskussionsrunde.
Als Parteipolitiker saßen dann auch nur CDU-Männer auf dem Podium der Zehntscheune. Kurt Weigel, Landtags-Fraktionssprecher für den ländlichen Raum, warb für seinen Heimatlandkreis: „Kommen Sie zu uns in den Vogelsberg, wir haben gute frische Luft, viel Sonne, Fachkräfte und einige leerstehende Häuser.“
Wenn Frankfurts Wachstum an Grenzen stößt, sollten doch lieber die ländlichen Regionen in Hessen gestärkt werden, lautete Weigels Argumentation. Der Applaus war ihm sicher.
Fehler der Vergangenheit
Nikolaus Jung, Ortsvorsteher des benachbarten Weißkirchen (Oberursel), warnte davor, die Fehler der Baupolitik vergangener Zeiten zu wiederholen.
„In den 70ern wurden in Steinbach Wohnblocks gebaut, weil in Frankfurt Wohnungen fehlten. Steinbach hat heute mit den sozialen Problemen in diesen Siedlungen zu kämpfen“, sagte Jung.