Kosten für Straßenreinigung verärgern Frankfurter: Gebühren-Irrsinn trifft auch Mieter
In einem Mehrfamilienhaus in Sachsenhausen steigen die Nebenkosten pro Wohnung um 100 Euro. Ein Experte rät, Widerspruch einzulegen.
Frankfurt - Der Unmut bei vielen Frankfurter Hausbesitzern ist nach wie vor groß: Sie sollen von Juli an mehr zahlen für die Straßenreinigung. Deutlich mehr. Betroffen ist auch Karl Mühlberger: „Bei mir steigt die Summe von 2114 auf 2843 Euro, das sind plus 34 Prozent“, schimpft er. Mühlberger besitzt eine Immobilie in der Schweizer Straße 8 unweit des Museumsufers. „Da sagt die Stadt, es muss sauber sein wegen des Museumsufers.“ Deswegen ist die Schweizer Straße auch in Reinigungsklasse VI eingestuft, was bedeutet, dass zweimal täglich und am Wochenende einmal gereinigt werden muss.
Für Mühlberger ist das sehr ärgerlich, für seine Mieter noch mehr: „Ich habe sechs Mietparteien. Bei jeder von ihnen steigen die Nebenkosten jetzt um 100 Euro jährlich. Das kann man sich doch nicht gefallen lassen“, schimpft Mühlberger. Er hat Widerspruch gegen die Erhöhung eingelegt, wie viele andere Hausbesitzer etwa in der Höchster Altstadt.

Straßenreinigung in Frankfurt wird teurer: Drei Klassen hochgestuft
Auch Andreas Becker ärgert sich über das Vorgehen der Stadt. Sein Haus ist eines von 14 in der Raugasse, bei denen die Stadt kräftig draufgeschlagen hat. „Dies ist ein kleines Gässchen, das vor allem als Parkraum für die Anwohner dient“, sagt der Höchster. „Eine Reinigung ist hier gar nicht möglich, eben weil es Parkplatz ist.“ Die Reste der Silvesterböller hätten dort Ende Januar noch herumgelegen - jetzt sollen die Mieter statt für eine Reinigung pro Woche für zwei Reinigungen zahlen, dabei erfolge weder die eine, noch die andere. Die Hochstufung von Klasse 1 in Klasse 2 verdoppelt die Kosten von 1,96 auf 2,92 Euro pro Jahr und Quadratmeter.
Seitens der Stadt bittet man um Verständnis. Seit Corona hielten sich Menschen mehr im Freien auf und hinterließen ihren Dreck. Die FES habe schon in der Vergangenheit mehr gereinigt, als seitens der Stadt bezahlt worden sei. Der Dreck werde um die Ecke geweht und liege dann in einer Anwohnerstraße.
Reinigungsklassen an Frankfurter Straßen angehoben
Die Stadtverordnetenversammlung hat deshalb, wie berichtet, für etwa 100 Straßen die Eingruppierung in Reinigungsklassen verändert. Da nicht alle Anpassungen für alle betroffenen Liegenschaften zum Stichtag 1. Januar in das Buchungssystem eingepflegt werden konnten, wurden Ende Mai/Anfang Juni Änderungsbescheide versandt. „Diese Bescheide gelten dann rückwirkend ab Januar“, sagte Michael Eickenboom vom Umweltamt. Allerdings habe die Stadt in den meisten Fällen lediglich die Straßen um eine Reinigungsklasse angehoben, also etwa von 1 auf 2 wie im Fall des Herrn Becker.
Anders ist das bei Karl Mühlberger. Sein Haus liegt an zwei Straßen, der Städelstraße und der Schweizer Straße. Die Städelstraße hatte bislang Reinigungsklasse 1. Das bedeutet: Einmal kehren pro Woche, macht 1,96 Euro pro Quadratmeter. Jetzt fällt die Straße in Kategorie 3 - fünf Reinigungen in der Woche. Macht 9,80 Euro pro Quadratmeter und Jahr.
Experte rät, Widerspruch einzulegen
Auch die Schweizer Straße soll sauberer werden. Von Klasse 3 wurde sie um drei Stufen angehoben auf Klasse 6. Das bedeutet, zusätzlich zur täglichen Reinigung kommt der Besenwagen auch am Wochenende einmal vorbei. Der Preis steigt entsprechend von 9,80 Euro auf 13,72 Euro pro Quadratmeter. Die Rechnung von Herrn Mühlberger - rund 700 Euro mehr im Jahr - hängt nicht nur von der tatsächlichen Länge seines Bordsteins ab, sondern auch von der Breite des an dieser Stelle großzügigen Bürgersteiges ab.
Gregor Weil, Geschäftsführer von Haus und Grund in Frankfurt, rät Betroffenen, Einspruch gegen die Gebührenerhöhung einzulegen. „Das ist bis zu vier Wochen lang möglich“, erklärt Weil. Der dann erfolgende Widerspruchsbescheid der Stadt enthalte die Begründung für die Gebührenerhöhung - und diese Begründung wiederum sei der Punkt, den man notfalls vor Gericht prüfen lassen kann.
Alles in allem jedoch stehen nach Einschätzung des Experten die Chancen auf einen Sieg vor Gericht für die Hausbesitzer nicht besonders gut. Bei ihm seien bislang auch keine Beschwerden eingegangen, berichtet Weil. (Thomas J. Schmidt)
Schmutziges Geschäft: Ein Kommentar von Stefanie Liedtke
Wir alle ärgern uns über verdreckte Straßen, von denen es wahrlich mehr als genug gibt in der Stadt. Die fleißigen Reinigungstrupps der FES kommen kaum hinterher, weil viele ihren Dreck einfach irgendwo fallen lassen, statt ihn in den nächsten Mülleimer zu werfen. Über die mangelnde Kinderstube wollen wir an dieser Stelle gar nicht sinnieren. Es steht auch außer Frage, dass Hausbesitzer ihren Anteil leisten müssen, wenn die Stadt vor ihrer Türe kehrt. Und je mehr Arbeit anfällt, etwa weil der Bürgersteig breit und die Straße gut frequentiert ist, umso teurer wird’s.
Das ist es auch gar nicht, was die Hausbesitzer so stört, die von der jüngsten Gebührenerhöhung betroffen sind. Ihnen geht es um zwei Dinge: Erstens um den Umfang der Gebührenerhöhung - immerhin zahlen manche jetzt etwa doppelt so viel wie bisher. Und zweitens um die tatsächlich erbrachte Leistung, denn manch einer hat in seiner Straße noch kaum ein Kehrfahrzeug gesehen, auch wenn die Stadt dieser Darstellung widerspricht.
Wie dem auch sei: Die saftige Gebührenerhöhung hätte das Umweltamt den Bürgern zumindest erklären müssen. Und wenn sie tatsächlich unumgänglich ist, wäre eine gestaffelte Erhöhung sicher eine bessere Lösung gewesen. So bleibt bei den Hauseigentümern die Wut über eine zumindest gefühlte staatliche Willkür und der Eindruck, dass Sauberkeit in ihrer Straße ein eher schmutziges Geschäft ist.