„Hier im Viertel geht etwas verloren“: Das „Portofino“ in Frankfurt muss schließen

Der Mietvertrag für das Frankfurter Traditionsrestaurant wird nach fast 20 Jahren nicht verlängert. Die Geschwister Perrone hoffen auf eine neue Bleibe in der Nachbarschaft.
Als Heidi Markwirth vor fast 19 Jahren im „Portofino“ in der Scheffelstraße 28 zum ersten Mal Vitello Tonnato aß, wusste sie sofort: „Das ist mein Restaurant“. Sie und ihr Ehemann Eitel gehören zu den vielen Stammgästen, die der Gaststätte im Nordend über Jahre die Treue gehalten haben. Doch am 24. September muss das Restaurant nach fast 20 Jahren schließen, der Vermieter hat den Mietvertrag nicht verlängert. Die Suche nach einer neuen Immobilie im Viertel erweist sich für Debora und Francesco Perrone, die das Lokal seit neun Jahren gemeinsam führen, als schwierig.
Helmut Kreber, Klaus Steffens und Hubert Remus sitzen an diesem Mittag im „Portofino“ wenige Meter von den Markwirths entfernt an einem Tisch und warten auf den nächsten Gang, Henriette Fischer setzt sich zu ihnen. Alle kennen sich, auch sie sind seit Jahren Stammgäste in dem italienischen Restaurant und fühlen sich den Geschwistern Debora und Francesco Perrone verbunden. Deren Eltern hatten die Gaststätte eröffnet. Gekocht wird noch heute nach den Rezepten der Großmutter, etwa das Lammragout à la Nonna oder die Fischsuppe nach neapolitanischer Art.
„Wir gehören alle zur erweiterten Familie“, sagt Helmut Kreber. „Hier im Viertel geht etwas verloren, wenn das ’Portofino‘ schließt“, sagt Henriette Fischer. Das Restaurant sei so etwas wie eine Stadtteilkneipe, sagt Klaus Steffens. Und Hubert Remus erzählt, um die Bedeutung des „Portofinos“ für die Nachbarschaft zu unterstreichen, eine Anekdote. Eine ältere Dame, die Stammgast gewesen sei, habe, als sie schon ein wenig die Orientierung verloren habe, einmal Bratkartoffeln mit Spiegelei bestellt. „Und die hat sie natürlich auch bekommen, auch wenn sie nicht auf der Karte standen“, sagt er.
„Wir sind für unsere Gäste Freunde, Nachbarn, Psychologen, Helfer, Lustigmacher und jetzt auch Traurigmacher“, sagt Debora Perrone. Am 23. September wird das „Portofino“ zum letzten Mal öffnen, danach müssen die Perrones die Immobilie räumen. Warum die Hausbesitzenden den Mietvertrag nicht verlängern, ist den Stammgästen unverständlich.
Ilona Lindenau, eine von ihnen, hatte im Frühjahr, als Verhandlungen mit den Vermietern liefen, zur Unterstützung der Geschwister eine Petition aufgesetzt, die innerhalb von drei Wochen von 700 Menschen unterschrieben wurde. Doch es nützte nichts. Mitte Juli führten die Perrones mit Vertretern der Vermietergesellschaft noch einmal ein Gespräch, um sie um einen neuen Gewerbemietvertrag auf drei Jahre mit einem Optionsrecht auf drei weitere Jahre zu bitten. Die Geschwister waren nach eigenen Angaben auch bereit, mehr Miete zu zahlen und andere Forderungen zu erfüllen. Kurz danach kam jedoch die Absage.
Während der Corona-Pandemie hatten die Perrones und der Vermieter einen Rechtsstreit geführt, bei dem es um Mietminderung ging. Er habe mit einem Vergleich geendet, den beide Parteien erfüllt hätten, sagt der Hausverwalter, der das Haus für die Vermietergesellschaft verwaltet. Die Entscheidung, den Mietvertrag für das „Portofino“ nicht zu verlängern, sei ihnen nicht leicht gefallen. „Aber wir wollen einen neuen Weg mit einem neuen Mieter gehen“, sagt der Hausverwalter, wer der neue Mieter ist, darüber möchte er keine Angaben machen.
Debora und Francesco Perrone sind auf der Suche nach einem neuen Lokal. Wenn das „Portofino“ schließt, gehen Arbeitsplätze verloren. „Mit uns hängen sechs Familien daran. Wir stehen vor dem Nichts“, sagt Francesco Perrone. Mieten und Abstandszahlungen wie sie etwa auf der Berger Straße verlangt würden, könnten sie nicht zahlen. Bleibt die Hoffnung, etwas Neues in der Nachbarschaft zu fnden.
Darauf hoffen auch die Stammgäste. „Ohne das ’Portofino‘ fehlt ein Zentrum im Viertel. Hier kann man gut essen und ein bisschen schwatzen“, sagt Helmut Heyse, seit acht Jahren Stammgast.