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Premiere: Die Frankfurter Standortinitiative „Frankfurter Osten nachhaltig“ organisiert zum ersten Mal eine Ausbildungsmesse
Es klopft, schraubt und hämmert am Stand der Schlosser und Schmiede der Metallinnung Frankfurt-Offenbach. Der Andrang ist groß, unter den vielen Jugendlichen haben sich die Schülerinnen Anna (15), Sumanur (15) und Angelina (14), ihre Plätze am Schraubstock gesichert und werkeln an einer Metallrose als typischer Zierde für ein Eingangstor. „Macht Spaß, ein tolles Handwerk. Aber man braucht auch ziemlich viel Kraft“, findet Angelina.
Kraft, Köpfchen, Können und Motivation - wer davon genügend mitbringt, hat auf der ersten Ausbildungsmesse der Standortinitiative „Frankfurter Osten nachhaltig“ (FFN) beste Chancen. 58 Betriebe stellen in der Fabriksporthalle W80 weit über 300 Ausbildungsberufe vor. An manchen Ständen können die rund 1100 Schülerinnen und Schüler auch selbst Hand anlegen, etwa bei der Handwerkskammer Rhein-Main die VR-Brille aufsetzen und digital ein Auto lackieren oder an Echthaarperücken des Frisörhandwerks das Flechten von Fischgrätenzöpfen üben.
Mehr als 7000 offene Lehrstellen
„Der Frankfurter Osten ist vom Handwerk bis zum produzierenden Gewerbe gut aufgestellt, und ich bin von der Motivation der vielen Schülerinnen und Schüler wirklich sehr beeindruckt“, lobt auch die Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) bei ihrem Rundgang.
„Dafür haben wir auch entsprechend Vorlauf gebraucht, um die Betriebe und sämtliche Schulen im Frankfurter Raum einzuladen“, erklärt Stella Schulz-Nurtsch, erste Vorsitzende der Standortinitiative FFN. Immerhin gilt es in Frankfurt, mehr als 7000 offene Leerstellen für das neue, nach den Sommerferien beginnende Ausbildungsjahr zu besetzen.
Oft reicht bereits ein Hauptschulabschluss
Viele neugierige Augen gibt es am Stand der Allessa GmbH, Nachfolgerin der traditionsreichen Cassella. „Wir suchen derzeit 16 Chemikanten, Industriemechaniker und Chemielaboranten und erklären den rund 100 Interessierten erst mal, dass bei uns nur Vor- und Zwischenprodukte hergestellt werden“, sagt der Elektroniker Thomas Wenk. So setzt sich aus Novantisolsäure der UV-Blocker in Sonnencreme zusammen, Octopirox steckt in Anti-Schuppen-Shampoos und Pigment-Echtviolett im Verpackungspapier einer bekannten Schokoladenmarke. Als Chemikant kann man schon mit Hauptschulabschluss einsteigen.
„Dafür kommen die Leute zu uns erst zuletzt, da sie meinen, Steinmetzarbeiten hätten nur mit Friedhöfen zu tun“, räumt Andreas Hennrich ein, Inhaber des E. Hennrich Steinmetzbetriebs in der Salzschlirfer Straße. Dabei kommt dieses Handwerk auch für Steinbodenbeläge etwa in Treppenhäusern sowie an Gebäudefassaden aus Natursteinen zum Einsatz. Doch dann bekommt er Besuch von rund 60 Interessierten und sogar drei aussagekräftige schriftliche Bewerbungen.
Mechatroniker und Industriemechaniker sucht derweil die Qualitätsmetzgerei Wilhelm Brandenburg, die in Fechenheim-Nord Fleisch- und Wurstspezialitäten für die REWE-Group herstellt, an ihrem Stand.
Tarik Mehmet Marti berichtet als Ü30-Azubi von der Maschinen- und Anlagenführung in der Produktion der Glocken Bäckerei GmbH, während die Event-Agentur Q3 in der Ferdinand-Porsche-Straße fünf neue Auszubildende als Fachlageristen oder Bürokaufleute einstellen will. Auch überregionale und stadteigene Betriebe sind bei der Premiere der Ausbildungsmesse vertreten.
Derweil nehmen die gedengelten und handgebogenen Rosen von Anna, Sumanur und Angelina Form an. Damit dieses Handwerk auch bei forschreitender Automatisierung noch goldenen Boden hat, werden Auszubildende im dritten Lehrjahr mit 1000 Euro vergütet, erklärt Uwe Czapalla, Geschäftsführer der Metallinnung Frankfurt-Offenbach. Trotzdem: Anna will ihre Rose nur für ihre Mutter fertigstellen und nach dem Abschluss Jura studieren. Sumanur sucht eine kaufmännische Ausbildung und eher ein kreatives Hobby. Angelina bleibt immerhin interessiert.
Und Andreas Hennrich zeigt sich am Ende der Messe zuversichtlich: Seine drei Bewerber sollen zur Orientierung an einem Praktikum teilnehmen. Sein Unternehmen feiert nächstes Jahr das 100-jährige Bestehen.