Mitten im Herzen der Karussells

Schausteller gewähren FNP-Lesern exklusiven Blick hinter die Dippemess-Kulissen
Lange bevor Grills brutzeln, Lichter glitzern und Musik aus den Boxen kunterbunter Karussells klingt, ist die Dippemess ein geheimnisvoller Ort. FNP-Leser konnten jetzt einen Einblick hinter die Kulissen und mitten in die Herzen der Fahrgeschäfte werfen.
Wasser spritzt, mit Besen werden Holzbohlen und Metallgitter geschrubbt, Lkws liefern Kartoffeln und Fleisch aus der Region an, Mechaniker testen Fahrgeschäfte. Schon Stunden vor Beginn der Dippemess sind Schausteller damit beschäftigt, den Festplatz am Ratsweg zum Glitzern und Leuchten zu bringen.
Früher mit der ganzen Familie
Es ist still auf dem Platz, auf dem in einigen Stunden vergnügtes Kreischen und Lachen zu hören sein wird. Etwas ungläubig betrachtet die kleine Gruppe aus FNP-Leser die menschenleeren Straßen zwischen Buden, Ständen und Karussells. „Das ist hier ganz anders, als ich es kenne“, sagt Helga König leise zu ihrer 80jährigen Freundin. „Früher waren wir immer mit unseren ganzen Familien hier. Seit zehn Jahren gehen wir beide jedes Mal auf die Dippemess, trinken etwas und essen eine Dampfnudel oder ein Fischbrötchen. Da ist dann aber mehr los“, sagt sie.
Dass sie und weitere FNP-Gewinner gleich mit Ludwig Levy, dem zweiten Vorsitzenden vom Schaustellerverband, und mit Markus Eiserloh vom Mandelstand dorthin gehen dürfen, wo sonst niemand hinkommt, ahnen sie noch nicht. Tim Roie wartet schon an seinem Disco Express und lässt die neugierigen Besucher durch ein kleines Tor hinter dem Karussell aus dem Jahr 1979 treten. „Früher hatten die Wagen der Berg- und Talbahn noch Verdecke. Heute flirten die jungen Leute lieber im Netz. Kirmesromantik ist trotzdem nicht ausgestorben“, meint er und führt die Gruppe genau unter die Bahn zu den vier Motoren, die die Wagen bis zu 230 Stundenkilometern schnell rasen lassen.
Winzig wirken die Menschen unter der Technik, die erfahren, dass die Bahn mit drei Transportern gebracht werden muss und in 1,5 Tagen aufgebaut wird. Sie fragen nach TÜV und Böden, dem Leben auf dem Rummelplatz, nach Mitarbeitern und Technik. Levy und Roie erklären alles. Am Autoscooter von Klaus Eiserloh lernen sie, wie man 35 Meter Länge gerade auf eine Fläche stellt, die einen Meter Höhenunterschied hat. „Die Fläche ist 120 Mal unterbaut und die Wasserwaage ist unser bester Freund“, erzählt Eiserloh den staunenden Besuchern, die sich „über so was noch nie Gedanken gemacht haben“ und jedes Wort einsaugen.
Deutlich weniger Energie
Noch heftiger wird es unter dem Taumler aus dem Jahr 1982. „Der moderne Elite-Partner“, nennt ihn Betreiber Peter Roie grinsend. Vor einem halben Jahr hat er die 70 Kilowatt-Scheinwerfer ausgetauscht gegen speziell hergestellte LED-Scheinwerfer. „Jetzt brauchen wir nur noch sieben Kilowatt Strom“, erklärt er unter dem Rondell, dass später mit drei gigantischen hydraulischen Flügeln und einem feuerroten Hydraulikmotor geschaukelt, gedreht und gekippt wird. Die Besucher stehen direkt daneben. Es brummt und die riesige Scheibe hebt sich schräg über den Köpfen.
Dass es an der Wildwasserbahn nass wird, wissen alle. Dass dabei 240 000 Liter Wasser durch die 52 Meter tiefe, 25 Meter breite und 16 Meter hohe Bahn fließen, ist ihnen neu. „1500 Liter werden pro Sekunde durch die 500 Tonnen schwere Anlage gepumpt“, erklärt Markus Heitmann, der in siebter Generation Schausteller ist. Drei Tage lang dauert der Aufbau, die mit 12 Lkws transportiert wird. Die Fische von Levy hätten im Becken ihre Freude. Zumindest zu Lebzeiten. An seinem Fischstand geht eine gute Tonne Fisch über den Tresen. Er lässt sich auf die Scherze der neugierigen Besucher ein und bedauert lachend mit dem Argument, dass seine Fische die Kühlkette nicht verlassen dürfen.
Es gibt keine erdenkliche Frage, die an diesem Tag nicht gestellt wird. Und alle werden beantwortet. Vom gegrillten Ochsen im Kuckuck bis zum privaten Wohnwagen von Eiserlohs hinter der Mandelbude. Die FNP-Leser bekommen Einblicke in eine andere Welt. Wesley Spindler baut Kuscheltiere auf Europas größter reisender Losbude auf, die mit 800 Liter-Wassertanks als Gegengewicht gehalten wird. Nicht zu halten sind die Besucher am Break-Dancer von Alex Schramm, der aus 35 000 Einzelteilen besteht. Seit 1987 rast er seine Runden. Mit kunterbunten Lichtern, Live-Filmen und Glitzerlichtern, die Jung und Alt anlocken. Fast alle Leser wollen mitfahren. Auch die 80jährige Freundin von König traut sich rein. „Lassen Sie es krachen“, sagt sie kichernd und genießt die rasanten Drehungen. „So ein tolles Erlebnis“, findet sie. Nach fast vier Stunden Tour hinter den Kulissen gehen die Lichter langsam an, Musik tönt über den Platz. „Wir bleiben noch“, sagen einige. „Dass wir so viel erleben und lernen konnten, ist unfassbar. Was die Leute hier leisten und dabei gute Laune haben, ist ansteckend. Die Dippemess soll hier bleiben. Auf dem Ratsweg, wo sie hingehört“, sagen sie.
SABINE SCHRAMEK
Die Öffnungszeiten
Die Dippemess ist noch bis zum 23. April auf dem Festplatz am Ratsweg. Geöffnet ist sie dienstags bis donnerstags von 15 Uhr bis 23 Uhr, freitags und samstags von 14 Uhr bis 24 Uhr und sonntags von 12 Uhr bis 23 Uhr. Montag ist Ruhetag. Dienstags können Kinder von 6 bis 12 Jahren zwei Fahrten für eine machen.