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Mord im Westend: Anklage nach 25 Jahren

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John A.
John A. © Swedish Passport Authority / Han (TT NEWS AGENCY/PASSPORT AUTHORIT)

Im Februar 1992 wurde die Garderobenfrau Blanka Z. auf dem Heimweg von der Arbeit erschossen. Jetzt, gut 25 Jahre später, hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft Anklage gegen John A. erhoben. Das Verfahren gegen den dringend tatverdächtigen Schweden lag lange Zeit auf Eis, weil er in seiner Heimat in Haft saß – wegen Mordes und Raubes.

Die schwedische Presse gab ihm den Spitznamen „Lasermann“, weil er bei mehreren Taten ein Gewehr mit Zieleinrichtung benutzt hatte. Die schwedische Justiz verurteilte ihn 1995 wegen Mordes in einem Fall, wegen versuchten Mordes in neun Fällen und wegen schweren Raubes in neun Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Jetzt kommt John A. auch in Frankfurt vor Gericht: Die Staatsanwaltschaft hält den 63-jährigen Schweden nämlich für den Mörder der Restaurant-Mitarbeiterin Blanka Z.

Die Polin wurde am 23. Februar 1992 im Alter von 68 Jahren mit einem Kopfschuss im Kettenhofweg (Westend) getötet. Der Verdacht der Mordermittler fiel damals schnell auf John A., der sich zum Tatzeitpunkt in Frankfurt aufgehalten hatte. Wegen eines Banküberfalls in Stockholm und Schüssen auf mehrere Migranten nahm die schwedische Justiz den Mann aber kurze Zeit später in Untersuchungshaft. Es folgte eine Anklage und 1995 die Verurteilung.

Vorläufig eingestellt

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft habe das Verfahren im Fall Blanka Z. damals vorläufig eingestellt – die Abwesenheit des Beschuldigten habe einer Hauptverhandlung im Wege gestanden, erklärte Nadja Niesen, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft, gestern. Rechtshilfeersuchen, die die Strafverfolger 1993 und 1994 an die schwedischen Behörden gerichtet hätten, seien erfolglos verlaufen. John A. habe damals nämlich keine Bereitschaft gezeigt, sich zu der Frankfurter Straftat zu äußern.

Während der Jahre hinter Schloss und Riegel hat A. seine Haltung aber offenbar geändert: Wie Oberstaatsanwältin Niesen gestern berichtete, erklärte sich der Tatverdächtige schließlich doch zu einer Einlassung bereit. Ein weiteres Rechtshilfeersuchen wurde gestellt. Darauf folgte eine Vernehmung A. s in Stockholm und im Dezember 2016 seine Auslieferung nach Deutschland. Dort sitzt er nun in Untersuchungshaft. Den Mord an Blanka Z. habe der Schwede bei seiner Einlassung nicht gestanden, sagte Niesen. Er habe aber eingeräumt, zum Tatzeitpunkt in der Bundesrepublik gewesen zu sein.

Rückblende, Februar 1992: Blanka Z. arbeitet als Garderobenfrau im Möwenpick-Restaurant an der Alten Oper. Dort gerät sie mit einem Gast in Streit, der sie verdächtigt, sein elektronisches Notizbuch (Marke Casio) aus seinem Mantel gestohlen zu haben. Blanka Z. bestreitet die Tat. Zeugen zufolge sagt John A. darauf den Satz: „Ich weiß schon, wie ich an den Rechner komme.“ Eine Drohung?

Fest steht: Wenige Tage später, kurz nach Mitternacht, ist Blanka Z. zu Fuß auf dem Weg vom Restaurant Mövenpick nach Hause. Im Kettenhofweg nähert sich von hinten ein Radfahrer. Als die Garderobenfrau die Straße überquert, stoppt der Mann direkt neben ihr, zieht eine Pistole und schießt ihr ein Projektil in den Kopf. Dann nimmt er die Tasche des Opfers an sich. Ein Zeuge sieht den Täter fortradeln. John A. wird im Juni in Schweden verhaftet.

Die Strafverfolger gehen davon aus, dass es sich beim Frankfurter Schützen um A. handelte, der sich sein Notizbuch wiederholen wollte. Vieles spricht dafür: A. war so stark darauf erpicht, seinen Rechner wiederzuerlangen, dass er bei einem Anruf im Restaurant eine Belohnung von 200 Mark versprach. Die Patronenhülse aus dem Westend entspricht jenen, die bei ihm in Schweden gefunden wurden. Auch kaufte sich John A. 16 Stunden nach der Bluttat am Flughafen einen neuen Casio-Rechner.

13 Raubüberfälle

Nicht zuletzt brachten die Strafverfolger John A. im Jahr 1993 mit einer Serie von Raubüberfällen auf Frauen in Verbindung, die zwischen dem 2. Februar 1989 und dem 7. März 1990 in Frankfurt verübt wurde. Der Täter radelte jeweils von hinten heran, die Opfer waren ältere Frauen, die wie Blanka Z. einen Pelzmantel trugen. Die Kripo hielt es zumindest damals für möglich, dass sich A. für solche Überfälle eine Waffe beschaffte.

A. galt nach seiner Verhaftung in Schweden als „kaltblütiger Fremdenhasser“, weil seine Opfer dort sämtlich Einwanderer gewesen waren. So war der Mann, den A. in Schweden tötete, ein Palästinenser. Im Fall von Blanka Z. ging es ihm wohl eher um den Casio-Rechner.

Die Anklage lautet auf heimtückischen Mord aus Habgier. Ein Termin für die Verhandlung vor der 22. Strafkammer des Landgerichts steht noch nicht fest.

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