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Morde, Menschenverachtung und ein Monolog im Titania Theater

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Moritz Buch überzeugt als Alleindarsteller in „Finsternis“. Darin werden Erlebnisse auf der Mittelmeerinsel Lampedusa verarbeitet.
Moritz Buch überzeugt als Alleindarsteller in „Finsternis“. Darin werden Erlebnisse auf der Mittelmeerinsel Lampedusa verarbeitet. © N:N:

Das Titania Theater in Bockenheim startet in die neue Spielzeit - Im Januar gibt es neun Aufführungen.

Das Freie Schauspiel Ensemble startet mit einer fulminanten Mischung ins neue Jahr. Neun Theateraufführungen stehen im Januar im Titania Theater auf dem Programm, allein fünf Mal wird „Faust I + II“ gespielt. Wer sich dafür interessiert, darf nicht mehr lange überlegen: Nur noch für Donnerstag, 19. Januar, sind Karten zu haben, die restlichen Vorstellungen sind schon ausverkauft. Ein Beweis dafür, dass das Goethe-Stück immer noch aktuell ist.

Der Zeit angepasst

Natürlich hat Reinhard Hinzpeter seine Inszenierung der modernen Zeit angepasst. Gefragt wird, ob dieser Faust mit seinen unseligen Widersprüchen, seinem Größenwahn, seiner Menschenverachtung, seinem Traum von Reinheit, Freiheit und Gleichheit die faszinierende und zugleich erschreckende Inkarnation eben jenes neuen Zeitalters ist, das eine rasante Entwicklung von Wissenschaft und Technik mit sich brachte, aber die existenzielle Gefährdung der Menschheit unübersehbar werden lässt? Nach zweieinhalb Stunden wissen die Zuschauer mehr.

Auf zwei besondere Highlights im Spielplan sei hingewiesen: Am Mittwoch, 11. Januar, um 20 Uhr startet das Jahr im Titania Theater mit der Eigenproduktion „Finsternis“ von Davide Enia. Ein großartiger Moritz Buch ist Solodarsteller und gestaltet den Monolog eines Mannes, der die Erlebnisse rund um die Anlandung von Geflüchteten auf der Mittelmeerinsel Lampedusa nur mit einem Mittel bändigen kann: Er muss sprechen, um das Unglaubliche, um das wir alle wissen, für sich selbst und uns greifbar zu machen.

Anlässlich des Todestags von Rosa Luxemburg wird am Sonntag, 15. Januar, um 18 Uhr „Ich werde sein“ gespielt. Als Freiheitskämpferin, Staatsfeindin, Pazifistin und Revoluzzerin wurde die Politikerin Rosa Luxemburg bezeichnet. Mit ihrer strikten Haltung gegen den Ersten Weltkrieg provozierte sie 1914 die Spaltung der SPD. 1918 war Luxemburg Gründungsmitglied der KPD, deren Programm sie verfasste. Im Januar 1919 wurden sie und Liebknecht von politischen Gegnern ermordet. Aus Briefen, Artikeln, Essays und Reden Rosa Luxemburgs hat Reinhard Hinzpeter ein Theaterstück entwickelt, das versucht, sich dieser widersprüchlichen und schillernden Persönlichkeit anzunähern.

Einer ganz anderen Frage widmet sich das Stück „Atmen“, Samstag, 21. Januar: Wer will heute noch ein Kind? Die Weltbevölkerung explodiert, mit geschätzt acht Milliarden Menschen ist die Erde überbevölkert. Rohstoffe werden knapp, die Wirtschaft steht vor dem Kollaps. Ein Einwand folgt dem nächsten, als sich ein junges Paar an der Kasse eines Möbelhauses die Frage nach einem Baby stellt, das sich beide dennoch wünschen. Die simple Frage treibt die beiden in eine Spirale aus Distanz und Anziehung - es beginnt ein emotionales Karussell, das ihren Lebensentwurf infrage stellt. Der Erfinder dieser Krise ist Autor und Regisseur Duncan Macmillan. Der Brite scheint die Vorliebe für den ebenso schnellen wie schwarzen Humor der Briten zu teilen. Dennoch wurde „Atmen“ zuerst 2011 im fernen Washington D.C. uraufgeführt, bevor es zwei Jahre später in London bei den Off West End Awards den Preis für das beste neue Stück erhielt.

Durch Arbeit zugrunde gerichtet

Das Stück „Wer hat meinen Vater umgebracht / Das Ende von Eddy“ nach den Romanen von Édouard Louis feierte vor gut einem Jahr Premiere im Titania und kommt am Donnerstag, 12. Januar, erneut auf die Bühne. Der junge Autor erhebt in seinen Büchern seine Stimme zu einer Anklage gegen die Verhältnisse, in denen er aufgewachsen ist, gegen die Homophobie, die Enge und Tristesse seines Heimatdorfs in Nordfrankreich. Und er nähert sich schreibend dem Leben und der Perspektive seines Vaters an, um die Herrschenden zur Verantwortung zu rufen. In einer Bühnenfassung für zwei Schauspieler und ein Schlagzeug inszeniert Bettina Kaminski beide Texte als eine explosive Untersuchung dessen, wie sich die Politik in die Körper von Menschen einschreibt - im Falle von Louis’ Vater, indem man sie ganz einfach durch Arbeit zugrunde richtet. bit

Titania Theater

Basaltstraße 23, Karten im Internet unter http://titania.com

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