Nach Hochhausbrand in London: Worauf Frankfurt jetzt achten muss

Beim Brand im Londoner Grenfell Tower sind Mitte Juni mindestens 76 Menschen ums Leben gekommen. Über die Lehren, die daraus für den Brandschutz in der Hochhausstadt Frankfurt zu ziehen sind, sprach Feuerwehrmann Karl-Heinz Frank gestern Abend in der Sitzung des städtischen Sicherheitsausschusses.
Mindestens 76 Menschen starben, 78 weitere wurden verletzt. Der Schrecken sitzt tief nach der Brandkatastrophe im Londoner Grenfell Tower am 14. Juni. Auch die Brandschutz- und Feuerwehrverbände in Deutschland habe das Feuer „aufgewühlt“, sagte Karl-Heinz Frank gestern Abend im Frankfurter Sicherheitsausschuss. Frank, der in der städtischen Branddirektion die Abteilung Gefahrenabwehr leitet, betonte aber auch: „Dieses Ereignis in dieser Ausprägung wäre vermeidbar gewesen.“
Dass sich das Feuer nach seinem Ausbruch an einer defekten Kühlkombination so rasant ausbreiten konnte, führt der Brandschützer vor allem auf das brennbare Dämm-Material an der Hochhausfassade zurück. Außerdem seien bei der Ummantelung von Säulenelementen, die sich über die komplette Gebäudehöhe ziehen, „kleine Kamine“ entstanden. Diese hätten dafür gesorgt, dass sich die Flammen mit einer Geschwindigkeit von gut einem Stockwerk pro Minute ausbreiten konnten.
„Extreme Bedingungen“
Das Dämm-Material, das erst bei einer Renovierung in den Jahren 2015/16 aufgebracht worden sei, bestehe aus Hartschaum. Unter Laborbedingungen sei es zwar schwer entflammbar, das gelte aber nicht für die extremen Bedingungen eines realen Hausbrandes. Anders als in Großbritannien sei das Material in den USA, wo es hergestellt werde, und auch in Deutschland aus Brandschutzgründen verboten.
Was nicht bedeutet, dass hierzulande alles gut ist: Frank erinnerte an die bundesweit etwa 90 Brände von Gebäuden, die mit Polystyrol-Dämmplatten versehen waren. Hochhäuser – also Gebäude mit einer Höhe ab 22 Metern – dürfen zwar nicht mit Polystyrol verkleidet sein. Frank berichtete aber, dass viele Immobilien mit einer Höhe zwischen 7 und 22 Metern mit dem brennbaren Hartschaum verkleidet seien. Auch in Frankfurt sei „ein erheblicher Anteil an Gebäuden“ damit nachgedämmt worden.
„Völlig schockiert“
Frank erinnerte an die Brände Polystyrol-gedämmter Häuser in Frankfurt: Das Feuer in einem Gebäude gegenüber dem Polizeipräsidium in der Adickesallee hatte das Thema „brennbare Dämmung“ überhaupt erst ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Beim Brand eines Hauses mit Polystyrol-Platten in Sachsenhausen seien die Feuerwehrleute „völlig schockiert über die rasend-schnelle Brandausbreitung“ gewesen. Polystyrol auf Bestandsgebäuden sei zwar „kein Grund, den Stecker zu ziehen – man muss sich als Eigentümer oder Mieter eines solchen Gebäudes aber grundsätzlich über die Risiken im Klaren sein.“
Frank warnte davor, den Trend zu günstigem Bauen auf Kosten des Brandschutzes zu forcieren. Für den 67 Meter hohen Grenfell Tower, so rechnete der Brandschützer vor, wäre bereits für 5000 Pfund ein besserer Dämmstoff erhältlich gewesen. Frank sprach sich dafür aus, den sogenannten Sockeltest nach DIN-Norm, der über die Zulassung von Fassadenelementen entscheidet, realitätsnäher auszurichten und europaweit zu vereinheitlichen. Manche Materialien, die den Sockeltest bestünden, fielen im Falle eines Hausbrandes durch.
Die Frankfurter Feuerwehr hält Frank personell übrigens für „auskömmlich aufgestellt“. Es handele sich in Sachen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit um „eine der effizientesten Feuerwehren in Deutschland“. Die Analyse des Londoner Brandes werde mit Hilfe ihres internationalen Netzwerks fortgesetzt.