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Nachfolger dringend gesucht

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Von: Gernot Gottwals

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Salih Tasdirch, Benedikt Fröhlich, Ellen Katharina Bommerheim, Nalan Seval ,Emre Berk und Arif Arsianer FOTO: Leonhard hamerski
Salih Tasdirch, Benedikt Fröhlich, Ellen Katharina Bommerheim, Nalan Seval ,Emre Berk und Arif Arsianer © hamerski

Verein setzt auf Interessenten mit Migrationshintergrund

Der Einstieg bei Erbacher + Kolb wurde für Salih Tasdirek zum Schlüsselerlebnis: "Da müsste bei den Frankfurtern was klingeln, weil einer der Teilhaber der Sohn von Oberbürgermeister Walter Kolb war", schmunzelt er. Jahrelang arbeitete er fleißig und glücklich in "seiner" Handelsfirma für Schließanlagen und Baubeschläge. Dann stellte sich das Problem der Nachfolge und Übernahme, die Insolvenz drohte. Bis sich Tasdirek ein Herz fasste, die Firma kaufte und neu aufstellte....

Die Erfolgsgeschichte des gebürtigen Türken und Vizepräsidenten der Handwerkskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern könnte sich in Frankfurt und Rhein-Main noch oft wiederholen. Deshalb hat die im Ostend ansässige, 1993 gegründete Gesellschaft für Kultur und Bildung (KUBI) jetzt das Programm "follow mi" (das "mi" steht für Migration) ins Leben gerufen, um Gründer mit Migrationsgeschichte mit kleinen bis mittelständischen Firmen zusammenzubringen, die einen Nachfolger suchen.

10 000 Firmen brauchen Lösung

"In unserem Bezirk, der Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet umfasst, braucht ein gutes Drittel der rund 30 000 eingetragenen Handwerkbetriebe in den nächsten Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger", sagt Adrian Burghardt von der Handwerkskammer. "Dafür haben in unserer Region rund 75 Prozent der Gründerinnen und Gründer eine Migrationsgeschichte", ergänzt Ellen Katherina Bommersheim, Geschäftsführerin von Kompass Frankfurt. Dieses Potenzial gelte es zusammenzubringen. "Statt Neugründung bietet eine Unternehmensnachfolge viele Vorteile und sichert zudem oft zahlreiche Arbeitsplätze." Deshalb baut KUBI in Zusammenarbeit mit seinen Partnern Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, KOMPASS sowie die Frankfurter Rechtsanwaltskanzleien Meral & Yilmaz und Çeledir-Massini & Kollegen ein gemeinsames Netzwerk auf: "Im ersten Schritt prüfen wir, ob wir aus unserem Pool von gründungsinteressierten und nachfolgesuchenden Unternehmen ein passendes Tandem zusammenbringen können, das wir zusammen mit weiteren Experten begleiten und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen", erklärt Emre Berk vom KUBI.

Für weitere Informationen lädt der KUBI-Geschäftsführer Arif Arslaner am Montag, 1. November um 18 Uhr zur Online-Veranstaltung "Unternehmensnachfolge-dringend gesucht"( www.kubi.de) ein. Bereits am heutigen Mittwoch erzählt um 20 Uhr in der Sendung "Talk am Mittwoch" im Radio Hanau (www.radiohanau.de) die Gründerin Nilufar Baghery ihre Erfolgsgeschichte von der Übernahme des Frankfurter ambulanten Pflegediestes "Lavendel".

Das kostenfreie Projekt "follow mi" gehört zu rund 30 bundesweiten Modellprojekten, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesamt für Wirtschaft und dem Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft gefördert werden.

Risikobereitschaft macht Unterschied

Bommersheim hat beobachtet, dass viele Migranten tatsächlich deutlich risikofreudiger sind als hiesige Mitbürger. Doch neben ausländerrechtlichen Fragen stellen sich häufig auch solche der Qualifikation und Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

Das hat auch Tasdirek erlebt: Zwar brauchte der gelernte Teilezurichter nicht unbedingt einen Meisterbrief, um die Nachfolge im Betrieb Erbacher+Kolb zu übernehmen. "Aber ich habe neben der Arbeit später noch ein BWL-Studium absolviert und bei meinen Aufgaben immer auch Leitung und Verantwortung übernommen, das war schon sehr hilfreich", erinnert er sich.

Inzwischen hat er das Unternehmen ausgebaut und denkt bereits selbst an seine Nachfolge- allerdings sehr familiär: "Mein Sohn Kenan wird den Betrieb übernehmen und seine eigenen Qualifkationen einbringen", freut er sich. Denn die Schlüsseltechniken von morgen sind durchweg elektronisch. Gernot Gottwals

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