Neues Einzelhandelskonzept: Frankfurt will Stadtteile stärken

Die Nahversorgung in den Stadtteilen steht im Mittelpunkt des neuen Einzelhandelskonzepts, das derzeit erarbeitet wird. Erste Erkenntnisse wurden nun im Ortsbeirat 5 vorgestellt. Demnach deutet alles darauf hin, dass in Oberrad, Niederrad und Sachsenhausen Supermärkte fehlen.
Die Bruchfeldstraße in Niederrad, die Schweizer Straße in Sachsenhausen, die Offenbacher Landstraße in Oberrad: Dies alles sind die bekannten Einkaufsmeilen im Frankfurter Süden. Doch sind die Stadtteile, was die Nahversorgung betrifft, gut ausgestattet? Können die Anwohner fußläufig ihren täglichen Lebensmittelbedarf decken?
Supermärkte im Blick
Mit diesen Fragen beschäftigt sich derzeit das Gutachterbüro Junker und Kruse. Gemeinsam mit dem Stadtplanungsamt, der Wirtschaftsförderung, der Industrie- und Handelskammer sowie dem Hessischen Einzelhandelsverband erarbeitet das Büro Vorschläge für ein neues „Einzelhandels- und Zentrenkonzept“ für Frankfurt, das die Ortskerne der Stadtteile stärkt. „Das Augenmerk wird dabei auf die Lebensmittelversorgung gelegt“, sagte Peter Kreisl vom Stadtplanungsamt bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse für den Frankfurter Süden, die in der jüngsten Sitzung des Ortsbeirats 5 (Niederrad, Oberrad, Sachsenhausen) vorgestellt wurden. Die Daten benötige die Politik, um Grundstücke bereitzuhalten, Planungsrecht zu schaffen oder Ansiedlungen zu lenken.
„Im Süden Frankfurts deutet alles auf Entwicklungsmöglichkeiten hin. Mehr Lebensmittelmärkte werden gebraucht“, sagte Sascha Kruse vom Gutachterbüro Junker und Kruse. Auf die rund 94 900 Einwohner kommen pro Person nur 0,28 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der bundesweite Durchschnitt jedoch liegt bei 0,4 Quadratmetern.
Die Lebensmittelmärkte sollen möglichst fußläufig zu erreichen sein. Laut Experte sind die Menschen bereit, 600 bis 700 Meter zum Einkaufen zu laufen. „Im Frankfurter Süden gibt es aber Wohngegenden, wo man deutlich weiter zum nächsten Supermarkt laufen muss.“ Dazu zählt etwa noch der Sachsenhäuser Berg bis der Edeka am Hainer Weg eröffnet, der Norden ist gut versorgt bis auf den Bereich rund um die Uniklinik. In Niederrad ist der Ortskern gut abgedeckt, schwieriger wird es in den Siedlungen am Rand des Stadtteils. Für Oberrad attestierte der Experte „nur wenig gut versorgte Bereiche“. Besonders der Westen des Stadtteils sei abgehängt. „Gegen einen zweiten Supermarkt würde dort nichts sprechen.“
Kritik am Konzept
Schnell kam Kritik an dem vorgestellten Konzept auf, weil vornehmlich nur die großen und bekannten Supermarktketten berücksichtigt werden. „Sie sind die Merkmalsgeber für ein Zentrum, weil sie sich an eine breite Bevölkerungsschicht richten“, sagte Kruse.
„Diese Ansicht begünstigt das Aussterben der kleinen Läden wie dem Metzger oder Bio-Laden um die Ecke“, kritisierte Ortsbeirätin Sophie Gneisenau-Kempfert (Grüne). Das sahen viele der Stadtteilpolitiker und anwesenden Bürger ähnlich. Doch für Kruse war klar: „Stärkt man die Zentren mit großen Märkten, profitierten kleine Läden von der Kundenfrequenz.“
Bis März 2017 werden Anregungen der Ortsbeiräte und Bürger gesammelt, die anschließend in den Entwurf des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts einfließen. Letztlich stimmt das Stadtparlament darüber ab.
(jlo)