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Neustart im Provisorium: Unterricht beginnt in Übergangsquartieren

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Das Gebäude der Integrierten Gesamtschule Kalbach Riedberg in der Carl-Hermann-Rudloff-Allee ist nur ein Provisorium. So wie hier startet der Unterricht mittlerweile an vielen neuen Schulen in Übergangsquartieren.
Das Gebäude der Integrierten Gesamtschule Kalbach Riedberg in der Carl-Hermann-Rudloff-Allee ist nur ein Provisorium. So wie hier startet der Unterricht mittlerweile an vielen neuen Schulen in Übergangsquartieren. © Leonhard Hamerski

Das Provisorium ist mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme für viele Schüler in Frankfurt. Und so startet die neue Integrierte Gesamtschule für den Frankfurter Norden in Bockenheim.

Eigentlich ist es in Frankfurt ja schon fast Routine, neue Schulen zu eröffnen. Aber auch mit Erfahrung wird so eine Schuleröffnung nicht unbedingt einfacher. Jede neue Schule ist in Frankfurt ein spezial gelagerter Sonderfall. So würde es wohl zumindest Justus Jonas von den „Drei Fragezeichen“ ausdrücken. Viele neue Schulen starten in Übergangsquartieren und müssen noch einmal umziehen. Manchmal ist bei der Schulgründung noch gar nicht bekannt, wann der Umzug ist. Auch wohin es genau gehen soll, ist mitunter zunächst ein Rätsel.

In diesem Sommer macht eine neue weiterführende Schule auf, eine Integrierte Gesamtschule. Arbeitstitel: IGS im Frankfurter Norden. An den Ben-Gurion-Ring soll sie 2022 ziehen, eröffnet wird sie aber im Gebäude der ehemaligen Sophienschule in Bockenheim. Und eine Planungsgruppe entwirft bereits seit August das pädagogische Konzept der Schule. Ein fast gelöster Fall also, diese neue IGS. Es muss nur noch im Norden das Gebäude umgebaut werden. Und in der Sophienschule gibt es bisher keine Mensa. „Über die Essensversorgung müssen wir uns noch Gedanken machen“, sagt Jetta Lüdecke, Referentin von Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). „Aber das ist nichts, was nicht lösbar ist.“ Eben nur ein spezial gelagerter Sonderfall.

Die Schule wird eine gebundene Ganztagsschule sein. Fach- und Projektunterricht, individualisiertes Lernen und Freizeit wechseln sich ab. Ja, auch Freizeit. „Dreimal die Woche ist freie Zeit fest eingeplant“, sagt Anette Günther, Leiterin der Planungsgruppe. „Die Schüler können sich zwischen Sport, Spielen und Chillen entscheiden.“ Ansonsten sind im Projektunterricht Ethik, Deutsch und Gesellschaftslehre zusammengefasst, individualisiertes Lernen findet in „Trainingsstunden“ statt. „Da werden nur Aufgaben gestellt, die die Schüler wirklich selbst bewältigen können“, sagt Günther. Wie Lesen und Vokabeln lernen. „Selbstständiges Arbeiten ist Ziel, nicht Voraussetzung bei uns.“

Großes Interesse

Eine Schulstunde wird 67,5 Minuten betragen. Ein Kompromiss. In manchen Fächern wie „Kunst, Sport und Naturwissenschaften lieben Lehrer lange 90 Minuten“, sagt Günther. „In Mathe, Deutsch und Englisch werden 45 Minuten bevorzugt, um das Lernen besser über die Woche verteilen zu können.“ Mit dem Kompromiss könne man nun die Hauptfächer öfter in der Woche als bei 90-Minuten-Blöcken anbieten, sei aber in den anderen Fächern nicht wie bei einer 45-Minuten-Taktung gehetzt.

Die Bockenheimer seien an der neuen Schule extrem interessiert, hat Günther beobachtet. Aus dem Norden komme dagegen wenig Resonanz. „Der Bedarf für eine IGS dort ist aber klar errechnet.“ Und voraussichtlich soll auch ein Schulbus nach Bockenheim fahren. „Am Transport soll die Wahl nicht scheitern“, sagt Lüdecke. Schließlich sei die IGS ein Angebot für den Norden. Das erste Mal werde auch probiert, eine Schule mit dem Projekt „Soziale Stadt“ zusammenzudenken. Bauvorhaben für die Schule sollen dann auch dem Umfeld zugutekommen und das Quartier aufwerten. Die Sporthalle etwa könnte so von anderen mitgenutzt werden.

5700 Schüler

Im Staatlichen Schulamt geht man „von einem guten Start der neuen IGS aus“, sagt Amtsleiterin Evelin Spyra. Insgesamt seien nun für die prognostizierte Zahl an Schülern ausreichend Plätze vorhanden. Im Moment geht man von rund 5700 Schülern im Übergang aus. Vermutlich werde es aber wieder Schülerlenkungen, also Zuweisungen geben, sagt Spyra. 600 Schüler konnten im vergangenen Jahr nicht auf ihre Wunschschule gehen, „wir werden wieder eine entsprechende Zahl haben“, sagt Spyra. Denn weiterhin würden viele Schulen „überangewählt werden“.

Zu diesen Schulen gehörte das 2015 gegründete Adorno-Gymnasium in Höchst bisher nicht. Noch so ein spezial gelagerter Sonderfall: Nur wenige Familien wählten es freiwillig, vielen lag es zu weit entfernt. Das könnte sich nun mit dem Umzug im Sommer ins Übergangsquartier auf dem Campus Westend ändern. „Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum es nicht angewählt werden sollte“, sagt Lüdecke. Eine zentralere Lage gebe es in Frankfurt kaum, auch der endgültige Standort an der Miquelallee sei nicht weit vom Übergangsquartier entfernt. „Über Abgelegenheit kann sich keiner mehr beklagen.“

von SANDRA BUSCH

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