Noch keine Mehrheit für Mooswände
Was wird aus dem SPD-Vorschlag, Mooswände in der Stadt aufzustellen, um Feinstaub herauszufiltern? In der Koalition aus CDU, SPD und Grünen zeichnet sich noch keine Mehrheit dafür ab, in Frankfurt City-Trees aufzustellen. Aber die Ortsbeiräte machen Druck.
Das Plädoyer für Mooswände wird zu einer Graswurzelbewegung: Bereits im Juli vergangenen Jahres beschloss der Ortsbeirat 1 (Altstadt, Bahnhof, Innenstadt, Europaviertel, Gallus, Gutleut) auf Antrag der SPD, einen sogenannten City-Tree anzuschaffen, um die Luftqualität im Quartier zu verbessern. Anders als der Name suggeriert, sind City-Trees nicht etwa normale Bäume, sondern frei stehende, bis zu vier Meter hohe Wände, die mit speziellen Moosen begrünt werden. Als Standort wünscht sich der Ortsbeirat 1 eine Fläche vor dem Einkaufszentrum Skyline Plaza an der Ecke Osloer Straße/Güterplatz. Er ist bereit, aus seinem Etat bis zu 7000 Euro zur Finanzierung der Gesamtkosten von 25 000 Euro beizusteuern.
Auch die Fraktionschefin der Linken im Römer und im Ortsbeirat 6 (Frankfurter Westen), Dominike Pauli, kündigte einen Antrag ihrer Fraktion im Stadtteilparlament an. Man könne im Westen ein Pilotprojekt starten, um zu klären, inwieweit die City-Trees das Stadtklima verbessern. Als mögliche Standorte nennt Pauli die Königsteiner Straße, die Mainzer Landstraße, den Sindlinger Kreisel und Sossenheim.
Die SPD will es jetzt City-Trees im gesamten Stadtgebiet. Mindestens zehn im ersten Jahr. SPD-Fraktionschefin Ursula Busch hält die City-Trees vor allem dort für eine gute Lösung, „wo man keine Bäume pflanzen kann“. Ihr Kollege Michael zu Löwenstein von der CDU-Fraktion rät zur Vorsicht: „Es würde mich nicht überraschen, wenn wir sagen würden, dass das erst einmal geprüft werden muss.“
Lieber grünes Zimmer
Obwohl die City-Trees für Stadtgrün sorgen, ist der Fraktionschef der Grünen im Römer, Manuel Stock, skeptisch. Er unterstützt das Konzepte des mobilen Zimmers, einer transportablen Pflanzeninstallation, der Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne). „Das grüne Wohnzimmer bietet auch eine Aufenthaltsqualität“, betont Stock. Im grünen Zimmer führe eine Treppe hoch auf eine Terrasse mit begrünten Wänden. Stock stellt auch die Frage, ob zur Luftreinhaltung nicht eine blaue Plakette für Dieselfahrzeuge sinnvoller wäre.
Zurückhaltender äußert sich die Vorsitzende der FDP-Fraktion im Römer, Annette Rinn. Sie rät, erst einmal die Ergebnisse aus anderen Städten abzuwarten, denn: „Frankfurt muss nicht jede schlechte Erfahrung als erste Stadt machen.“ Der Preis der City-Trees (25 000 Euro pro Stück) stehe in keinem Verhältnis zur Wirkung. Es sei erstaunlich, wie schnell die Koalitionsparteien beim Geldausgeben seien: „Als gäbe es kein Morgen.“
Bis heute sind die Meinungen über den Nutzen von Moos zur Luftreinhaltung geteilt. Das Umweltbundesamt hat zu verstehen gegeben, dass es nicht viel von der Methode hält. Skeptiker bezweifeln, dass es überhaupt einen messbaren Nutzen gibt. Das hat die Stadt Stuttgart nicht davon abgehalten, an Deutschlands dreckigster Straßenkreuzung, dem Neckartor, eine 100 Meter lange Wand aufzustellen, die vor kurzem mit Moosen bepflanzt wurde. Bauingenieure der Universität Stuttgart sollen den Versuch begleiten.
In Berlin wiederum hat die Start-up-Firma Green City Solutions eine Art Stadtmöbel entwickelt, das aus einer zwölf Quadratmeter großen Wand besteht, die mit Blütenpflanzen und Moos begrünt wird. Ein einziger dieser „City Trees“ soll angeblich 240 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr binden, 73 Kilo Feinstaub einsammeln.