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Nordwestkrankenhaus machte 2022 Gewinn

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In den schwarzen Zahlen: das Krankenhaus Nordwest in Praunheim. FOTO: rainer rüffer
In den schwarzen Zahlen: das Krankenhaus Nordwest in Praunheim. © Rüffer

Trotz des Defizits des Hospitals zum Heiligen Geist hält Stiftung an beiden Standorten fest

Frankfurt -Das Krankenhaus Nordwest hat 2022 mit einem Gewinn von knapp 450 000 Euro abgeschlossen. Das Hospital zum Heiligen Geist in der Innenstadt mit einem Verlust von knapp 1,5 Millionen Euro. Beide Kliniken gehören der gemeinnützigen Stiftung Hospital zum Heiligen Geist. Im Vorjahr hatte das Gesamtergebnis noch bei minus 7,2 Millionen Euro gelegen. „Im Vergleich zum Wettbewerbsumfeld sind die Ergebnisse unserer Häuser solide“, sagte Geschäftsführer Manuel Zelle bei einer Pressekonferenz. Zum Vergleich: Der Varisano-Klinikverbund, zu dem unter anderem das Höchster Klinikum gehört, machte 2022 rund neun Millionen Euro Verlust, das Uniklinikum sprach von einem „ausgeglichenen Betriebsergebnis“.

Solide sei aber nicht das gleiche wie zufriedenstellend, merkte Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Weber an. Denn die Inflation fresse selbst das Plus des Nordwestkrankenhauses mehr als auf. „Um eine schwarze Null zu erreichen, bräuchten wir eine Umsatzrendite von drei Prozent.“ Sprich: 7,2 Millionen Euro Gewinn.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, habe die Stiftung deshalb bereits 2021 einen laut Weber „sanften“ Sanierungsplan aufgestellt. Eine Folge war die Schließung der Geburtshilfe im Nordwestkrankenhaus wegen mangelnder Nachfrage. Insgesamt hat sich die Zahl der Mitarbeiter so zwischen 2021 und 2022 um etwa 100 auf rund 2100 Personen verringert - wobei das Pflegepersonal, so Zelle, nicht betroffen war. Es sei in diesem Zeitraum sogar aufgestockt worden.

Allerdings werde es immer schwieriger, geeignetes Fachpersonal zu finden. Deshalb bekommt Zelle ab November einen Co-Geschäftsführer: Daniel Schnitger soll sich insbesondere mit der Personalgewinnung beschäftigen. Seit seinem Amtsantritt vor etwas mehr als einem Jahr hat Zelle eine weitere strategische Entscheidung getroffen: Im April wurde in Praunheim eine geriatrische Station eröffnet. „Das entlastet den Markt, weil es in Frankfurt bereits jetzt zu wenige Betten gibt, und passt gut in unsere Gesamtstrategie“, so Zelle.

Zudem schärfe es das Profil des Krankenhauses mit Blick auf die anstehende Krankenhausreform. Denn diese sieht - vermutlich, es gibt noch keinen Referentenentwurf und wird vor den Wahlen in Hessen und Bayern wohl auch keinen mehr geben - sogenannte Leistungsgruppen vor: Krankenhäuser dürften dann Leistungen über die Grundversorgung hinaus nur noch anbieten, wenn sie die passende Ausstattung, genügend Personal und eine gewisse Fallzahl erreicht haben. Für das Nordwestkrankenhaus, das etwa überregional bekannte onkologische und neurologische Kliniken hat, „dürfte die Reform deshalb eigentlich positiv ausfallen“, sagt Zelle.

Essenziell für die Notfallversorgung

Anders sieht es für das deutlich kleinere Hospital zum Heiligen Geist aus. „Aber das dortige Notfallfahrzeug hat eine hohe Anzahl an Patientenkontakten. Für die Notfallversorgung in Frankfurt ist der Innenstadtstandort essenziell.“ Deshalb hätten sich sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat klar zu beiden Standorten bekannt. Zelle: „Wir sehen es als dringende Aufgabe der Politik, einen Rahmen zu schaffen, in dem auch ein solcher Standort wirtschaftlich betrieben werden kann.“

Im Moment sei man davon, wie viele Krankenhäuser, aber noch weit entfernt. Die Investitionskosten, die eigentlich das Land übernehmen muss, würden nur zur Hälfte übernommen - höchstens. Deshalb gebe es mittlerweile einen Investitionsstau, der dringend angepackt gehörte. Die laufenden Kosten überstiegen die Erstattungen der Krankenkassen teils deutlich. So koste ein MRT rund 2400 Euro, wird der Patient dann nicht stationär aufgenommen, liege die Erstattung bei etwa 30 Euro. Das Budget für die Pflege, das mit den Kassen direkt verhandelt werden muss, werde als zu niedrige Pauschale bezahlt, bis die Verhandlungen beendet seien - gerade sei man aber erst mit 2020 durch. Und ab Dezember haben die Krankenkassen statt fünf Tagen wieder länger Zeit, um die anfallenden Kosten zu erstatten - die Krankenhäuser müssen dann für einen noch unbekannten Zeitraum alle laufenden Kosten vorfinanzieren, ohne in dieser Zeit Einnahmen zu generieren. „Unsere Liquidität reicht dafür aus, aber wenn noch etwas Unerwartetes dazukommt, bekommen wir Probleme“, sagt Zelle.

Die Unplanbarkeit ist es, die Zelle und Weber am meisten umtreibt. Ohne zu wissen, was man nach der Reform, die in drei Monaten in Kraft treten soll, noch anbieten könne, und welche Einnahmen man habe, sei keine seriöse Investitionsplanung möglich, schimpft Weber. Dabei zeigten Umfragen immer wieder, dass Unsicherheit der größte Problemfaktor im Job sei. Wenn er dann sehe, dass bei Konkurrenten einfach der Steuerzahler in die Pflicht genommen werde, bekomme er „einen dicken Hals“. Das sei Wettbewerbsverzerrung, noch dazu eine ungerechte: „Wer nicht insolvenzfähig ist, lebt völlig ungeniert.“ Bevor er 2021 zur Stiftung kam, war Weber stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender - beim kommunalen Klinikverbund Varisano. Sarah Bernhard

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