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Nur der vom Fach darf aufs Dach - Frankfurter Traditionsbetrieb wird 150

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Bernd Neumann (54) - hier auf seinem eigenen First - führt in fünfter Generation das Familienunternehmen.
Bernd Neumann (54) - hier auf seinem eigenen First - führt in fünfter Generation das Familienunternehmen. © Sauda, Enrico

Mit Schiefer fing alles an - Traditionsbetrieb wird 150 Jahre

Bernd Neumann hat schon so einige Ausblicke auf Frankfurt von oben aus genossen - natürlich vom Dach aus, bei der Arbeit. Etwa im chinesischen Garten im Bethmannpark. Den Pavillon hat Neumann 2019 mit seinen Mitarbeitern für die chinesischen Kollegen mit einer wasserfesten Vordeckung vorbereitet, damit deren mitgebrachte, kunstvolle Ziegel lange halten.

„In China werden Ziegel nur auf Mörtel gelegt, das hält nicht lange“, weiß Bernd Neumann. Deutsche und asiatische Handwerkskünste sollen bald auch beim Koreanischen Garten in Grüneburgpark zusammenwirken, sobald das Material aus Übersee für die dortigen Gebäude endlich geliefert wird. „Wir warten darauf, dass wir endlich loslegen können“, sagt Neumann.

In fünfter Generation führt der 54-Jährige das Unternehmen. 2004 übernahm er es von seinem Vater Wilhelm. Dieser hatte es vom Onkel, ebenfalls ein Wilhelm, 1971 übernommen.

Ursprünge in Sachsenhausen

Die Ursprünge liegen aber in Sachsenhausen: Im November 1873 gründete Johann Christian Neumann die Schieferdeckerei in der Dreikönigsstraße 29. 1873 bis 1880 war das Unternehmen dort ansässig. Schieferdächer waren damals gang und gäbe. Nicht nur Dächer, auch die Fassaden zierten damals Schieferplatten - zu sehen etwa am Affentor oder einigen Häusern in Alt-Sachsenhausen.

1881 bis 83 zogen die Firma an die Offenbacher Landstraße 7, ebenfalls in Sachsenhausen, und von dort in die Bleiweißstraße 12 nach Oberrad. Dort blieb sie 71 Jahre lang. Seit wiederum 71 Jahren ist der Firmen und Familiensitz noch heute an der De-Neufville-Straße 27. Die Familie hatte das Grundstück 1952 gekauft.

Alles in Handarbeit

Auf alten Fotos an der Wand im Büro, sieht man Vater Wilhelm auf dem Dach des Liebieghauses an einer Schieferkehle am Dachfenster arbeiten. Auch für das Vordach des Frau-Rauscher-Brunnens in der Klappergass zeichnet die Firma Neumann verantwortlich, ebenso für das Türmchen am Alten Friedhof in Oberrad. Denn auch Jahrzehnte nach der Gründung blieb die Schieferdeckerei die Spezialität des Familienbetriebs. „Das ist alles Handarbeit, die Platten zurechtzuhauen“, erklärt Neumann. Auch diverse Häuser im Palmengarten und im Zoo haben die Oberräder gefertigt: Das Exotarium und das Zoogesellschaftshaus gehören dazu.

Bernd Neumann selbst hat in Bornheim bei der Firma Nagel das Handwerk gelernt. Heute fertigt er eher moderne Dächer - auf Privathäusern, Schulen, Bürogebäuden über die Stadtgrenzen hinaus. Zudem hat er einen Notdienst eingerichtet: Bei Unwetter, Starkregen und akut kaputten Dächern stehen seine Mitarbeiter bereit, um Abhilfe zu leisten. Einen Dachdeckermeister und mehrere Facharbeiter beschäftigt Neumann, eine Mitarbeiterin hilft ihm im Büro.

„150 Jahre - so lange halten nur wenige Familienunternehmen durch. Ihnen gebührt höchste Anerkennung“, sagte die sichtlich beeindruckte Frankfurter Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) bei der akademischen Feier vergangene Woche. „Auch, weil Sie so viel für Oberrad tun, als Vorsitzender des Gewerbevereins und im Vereinsring“, lobte die Dezernentin.

Denn die familiären Bande der Neumanns reichen weit über das Gärtnerdorf hinaus - zusammen mit einem Cousin und Bäckermeister im entfernten Hamburg ersann Neumann für die Oberräder Gewerbeschau im Jahr 2019 das Grüne-Soße-Brot, das lange Zeit der Renner auf dem Wochenmarkt am Buchrainplatz war - bis wegen der Pandemie die Produktion eingestellt wurde.

„Bei der Gewerbeschau hatte ich angekündigt, dass wir 2023 auf dem Buchrainplatz wieder groß feiern“, erzählt Neumann. „Mein Jubiläum nehme ich zum Anlass, um ein großes Fest auf die Beine zu stellen.“

Stadtteilfest für Oberrad

Und er hielt Wort: Am kommenden Samstag und Sonntag, 23. und 24. September, wird bei Live-Musik, reichlich Essen und Getränken vom Bier bis zum Cocktail auf dem Dalles gefeiert. Es soll ein großes Stadtteilfest für alle werden. Mit dabei sind die Oberräder Band Winwets, auch wenn der Sänger krankheitsbedingt womöglich ausfällt.

Ihr Heimatlied „Alles auf dem Dalles“ wollen sie dem verstorbenen Rolf Müller widmen, der den Weinstand betrieb. Um 15 Uhr, direkt nach dem Wochenmarkt, geht es am Samstag auf dem Buchrainplatz los. Der Eintritt ist frei.

Auf der Bühne steht nachmittags die Schlagerband PFH, abends um 20 Uhr treten die Winwets auf. Am Sonntagmorgen singt um 10 Uhr der Gospelchor Colours of Gospel aus Mainz. Danach spielt die Hessentaler Partyband. Auch die Oberräder Grüne-Soße-Königin Angela I. hat ihr Kommen angekündigt. Stefanie Wehr

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