Oberrad ist und bleibt ein Dorf

Das Bild des kleinen Gärtnerdorfes Oberrad hat sich tief in die Wahrnehmung eingebrannt. Aber wie empfinden die Oberräder ihren Stadtteil wirklich, was gefällt ihnen und was nicht? Das will die Oberräder SPD jetzt mit einem Fragebogen herausfinden.
Lange dauerte es nicht, ehe die ersten Passanten vor dem Rewe-Markt am Buchrainplatz stehen blieben und sich freimütig zu Stärken und Schwächen ihres Stadtteils bekannten. Rosita Jany und ihre Parteigenossen von der SPD hatten sich strategisch günstig vor dem Supermarkt postiert, um ein Stimmungsbild einzuholen. Was funktioniert in Oberrad, was gefällt den Leuten, wollten die Sozialdemokraten wissen. Und natürlich auch, was den Menschen nicht gefällt, wo der Stadtteil noch Potenziale hat, die ausgebaut werden könnten.
Die ersten drängenden Probleme ließen nicht lange auf sich warten. Das Jugendzentrum (Juz) in der Wiener Straße bereitet vielen Anwohnern Kopfzerbrechen und vor allem so manche schlaflose Nacht, besonders in den Sommermonaten. „Da werden Briefkästen und Zäune beschädigt, wenn die Jugendlichen am Abend, wenn das Jugendzentrum eigentlich schon geschlossen hat, noch im Freien Fußballspielen“, berichtet der Anwohner Helmut Braune. Auch Drogen sollen rund um das Juz eine Rolle spielen.
Viele Beschwerden
Beschwert hätten er und andere Anwohner sich schon oft, nur eben ohne durchschlagenden Erfolg. Auch Rosita Jany von der SPD kennt die Klagen. „Eine uralte Geschichte, die nicht richtig in den Griff zu kriegen ist“, sagt sie. Auch der regionale Präventionsrat habe sich damit schon beschäftigt.
Die meisten Themen, die in den Fragenbögen der SPD auftauchen, sind nicht gänzlich unbekannt. Die Gestaltung des Buchrainplatzes etwa. Mit der hätten sich die meisten im Stadtteil inzwischen zwar abgefunden, „aber sie murren eben trotzdem, weil der Platz ihnen zu kahl ist“, weiß Jany. Schon bevor Jany und die Sozialdemokraten aus Oberrad vor dem Rewe auf Meinungsfang gegangen sind, haben sie rund 60 Fragebögen ausfüllen lassen. „Zunächst bei den Festen der Arbeiterwohlfahrt, dann auch von den SPD-Mitgliedern“, berichtet Jany. Aber: Sie wollten ein breiteres Meinungsbild und auch Menschen mit ihren Fragen erreichen, die sie über ihre normalen Kanäle nicht erwischen. „Kann ja sein, dass jungen Leuten etwas ganz anderes auf der Seele brennt, wenn sie an Oberrad denken. Denen könnte es vielleicht zu ruhig hier sein“, vermutet Jany, die die ausgefüllten Fragebögen nun nach und nach auswerten will. So wollen die Sozialdemokraten nicht nur ganz genau erfahren, wo den Oberrädern der Schuh drückt, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für den nächsten Wahlkampf sammeln.
Die Ruhe wird geschätzt
Die Ruhe, so viel ist klar, ist tatsächlich ein Pluspunkt, den viele Oberräder zu schätzen wissen – und die Lage des Stadtteils. „Man ist schnell im Stadtwald, nicht weit vom Mainufer entfernt. Und wenn man mag, ist man auch schnell mal mit dem Auto in den Taunus gefahren“, sagt etwa Helmut Braune. Er fühle sich jedenfalls wohl, trotz der Ärgernisse mit den Besuchern des Jugendzentrums in seiner Nachbarschaft. „Das Vereinsleben ist gut, man kennt viele Leute“, sagt er. Das geht auch Renate Fackelmeyer so. „Ich bin hier in Oberrad geboren und würde nie weg wollen“, sagt die 68-Jährige. Am Ende meint sie, sei Oberrad eben immer noch ein Dorf, so wie früher. „Jeder kennt hier jeden.“