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Geschäftsleute im Oeder Weg werden bedroht: „Pass auf, du hast eine große Glasscheibe“

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Die Geschäftsleute im Oeder Weg in Frankfurt, die sich kritisch über den Verkehrsversuch im Nordend geäußert haben, werden nun anonym beschimpft.

Frankfurt – In der kontrovers geführten Auseinandersetzung über die Umgestaltung des Oeder Weges in Frankfurt zur fahrradfreundlichen Nebenstraße ist jetzt eine rote Linie überschritten worden: Geschäftsleute, die sich kritisch äußerten und über Umsatzeinbußen klagen, sind beschimpft und teils bedroht worden. Davon berichtet die CDU-Fraktionsvorsitzende im Ortsbeirat 3 (Nordend), Claudia Ehrhardt. Zwei Fälle seien ihr bekannt. „Das geht überhaupt nicht“, sagt sie schockiert.

Sehen die Umgestaltung kritisch: Marie Lucia Klöcker (links) und Susanne Bänfer. Im Internet gab es dafür böse Kommentare. Das Haus, in dem Bänfer ihren Laden hat, wurde mit Eiern beworfen. FOTO: Sauda
Sehen die Umgestaltung kritisch: Marie Lucia Klöcker (links) und Susanne Bänfer. Im Internet gab es dafür böse Kommentare. Das Haus, in dem Bänfer ihren Laden hat, wurde mit Eiern beworfen. © Sauda

Geschäftsleute im Frankfurter Oeder Weg: Als Fahrradhasser beschimpft worden

Der Betreiber eines alteingesessenen Geschäftes bestätigt Ehrhardts Angaben. Um nicht noch mehr in die Schusslinie zu geraten, will er namentlich nicht genannt werden. Mehrfach habe er morgens Briefchen gefunden, die unter der Ladentür hindurchgeschoben worden seien. Darin sei er unter anderem als Fahrradhasser beschimpft worden. Mit der Botschaft „Pass auf, du hast eine große Glasscheibe“ sei ihm quasi Sachbeschädigung angedroht worden. Und den Eingang zum Laden habe er öfter mit E-Rollern verbarrikadiert vorgefunden.

Die meisten Ortsbeiratsmitglieder wissen davon nichts. Sie kritisieren das Verhalten der anonymen Briefschreiber scharf. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Koch spricht von einer „bösen Sache“. In Zeiten, in denen sich Klimaaktivisten auf Straßen festklebten und auch Beschädigungen billigend in Kauf nähmen, wundere ihn aber nichts mehr, sagt er. Seine FDP-Kollegin Marina Sedlo findet es bedenklich, dass so miteinander im Stadtteil umgegangen werde. Grünen-Sprecherin Gabriele Trah fehlen ob der schlimmen Nachricht die Worte.

Die Maßnahme im Oeder Weg war stets umstritten. Zuletzt hatte es vergangenen Donnerstag Proteste von Bewohnern aus dem Holzhausenviertel gegeben. Sie sind gegen die geplante Diagonalsperre am Frauensteinplatz, die in der Cronstettenstraße die Fahrt aus und gen Westen unterbinden soll. Stattdessen fordern sie, die Diagonalsperre im Oeder Weg auf Höhe der Holzhausenstraße zu entfernen. Diese sei die Wurzel allen Übels, weil dadurch die Verkehrsströme erst in die Nebenstraße geleitet würden. Ziel der Umgestaltung des Oeder Weges ist es, den Durchgangsverkehr zu unterbinden und die Aufenthaltsqualität zu steigern. Die von Kritikern vorab prognostizierte Zunahme des Verkehrs in den Nebenstraßen hat sich bewahrheitet - in der Cronstettenstraße wurde bei Zählungen eine Zunahme von 56 Prozent festgestellt. Basis für die mittlerweile abgeschlossene Umgestaltung ist der Radentscheid und ein Beschluss der Stadtverordneten.

Leider habe sich eine Partei vom Radentscheid, der von CDU, SPD und Grünen verhandelt und beschlossen worden sei, verabschiedet, sagt Stefan Lüdecke, Leiter der Stabsstelle Radverkehr im Mobilitätsdezernat. Auffällig sei auch, dass der Ton mit Beginn des OB-Wahlkampfes rauer geworden sei, weil diese Partei provoziere und eskaliere. Grundsätzlich polarisierten Verkehrsberuhigung und Veränderungen im öffentlichen Raum. Und so gebe es positive Rückmeldung von Bürger, aber auch kritische Stimmen von Autofahrern, die sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlten. „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Frühling und die weitere Belebung der Straße auch die Zustimmung steigern“, sagt Lüdecke.

Verkehrsversuch im Frankfurter Oeder Weg: Entscheidung im Frühling

Auch Marina Sedlo ist überzeugt, dass sich im Frühling zeige, wie die Umgestaltung ankomme und ob sie den Geschäftsleuten helfe oder schade. Ehrhardt glaubt, dass vieles nicht so bleiben kann und nennt etwa Blumenkübel und Sitzgelegenheiten. Die Parklets sieht auch Koch kritisch. Anwohner auf Höhe des Eiscafés hätten sich schon wegen Lärm beschwert, der von dort Sitzenden und Sich-Unterhaltenden verursacht werde. Angesichts der Zuspitzung der Auseinandersetzung in den vergangenen Wochen sieht er nochmaligen Gesprächsbedarf: „Wir müssen Fußgänger, Rad- und Autofahrer sowie Anwohner und Geschäftsleute abholen.“ Ehrhardt fordert gar eine Sondersitzung zum Oeder Weg. Die lehnt Trah ab: „Zwei Jahre wurde diskutiert, in jeder Sitzung war der Oeder Weg Thema.“

Das überzeugt Maria Lucia Klöcker, die die Buchhandlung Weltenleser betreibt, nicht. Sie hat in einem FNP-Bericht kürzlich kritisiert, dass der Oeder Weg mittlerweile keine florierende Einkaufsstraße mehr sei, und dies unter anderem damit erklärt, dass die Zahl der Parkplätze reduziert wurde und daher Kunden nicht mehr kämen. Dafür gab es böse Kommentare im Internet. Zum Beispiel: „Hier kaufe ich kein Buch mehr.“ (Matthias Bittner)

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