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Der Osteopath kommt in Höchst direkt in die Klinik

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Von: Stefanie Liedtke

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Simon Jung behandelt im Elternzentrum des Höchster Klinikums eine Schwangere.	Foto: Reuß
Simon Jung behandelt im Elternzentrum des Höchster Klinikums eine Schwangere. Foto: Reuß © Maik Reuß

Das Elternzentrum des Klinikums Höchst ist um ein Angebot reicher. Seit einigen Wochen bietet dort Osteopath Simon Jung einmal pro Woche eine Sprechstunde an.

Der Knirps ist störrisch. Er will sich partout nicht drehen. Die Patientin ist in der 37. Schwangerschaftswoche, und ihr Sohn liegt immer noch mit dem Po nach unten anstatt mit dem Köpfchen. Zwei Hände ruhen auf dem kugelrunden Bauch der jungen Frau. Es sind die von Simon Jung. Seit einigen Wochen bietet der Osteopath immer montags eine Sprechstunde im Elternzentrum des Höchster Klinikums an. Er behandelt Schwangere, Neugeborene und Frauen nach der Entbindung.

Behutsam tastet Simon Jung den Bauch ab, fragt die Patientin, ob sie nach der letzten Behandlung eine Veränderung beobachten konnte. „Er ist jetzt aktiver, man merkt, dass er mehr Platz hat“, erzählt sie. In ein paar Tagen wollen die Ärzte am Höchster Klinikum probieren, den Kleinen in die richtige Position für die bevorstehende Geburt zu drehen. „Äußere Wende“ nennt sich das. Simon Jung versucht, Mutter und Kind möglichst optimal darauf vorzubereiten, indem er Verspannungen löst. Die äußere Wende „geht dann oft problemloser“, sagt der Osteopath. Wenn eine Schwangere zur Behandlung zu ihm kommt, schaut Jung vor allem, „ob alle Bereiche, die für die Geburt gebraucht werden, frei sind“: Becken, Wirbelsäule, Gebärmutter und Zwerchfell.

Dass der 38-Jährige seine Leistungen im Elternzentrum des Höchster Klinikums anbietet, ist eher ungewöhnlich. Mediziner und Osteopathen dürfen laut Berufsordnung der Ärzte nicht zusammenarbeiten, weil Osteopathen auch Heilpraktiker sind – das gehört zur Berufsausbildung. Die Idee, das Angebot des Elternzentrums um Osteopathie zu erweitern, hatte Oberärztin Dr. Ivonne Bedei. „Ich denke, dass viele Probleme zum Beispiel bei Kindern, die mit Glocke geboren werden, oder bei Kindern mit anderen traumatischen Geburtsverläufen manuell frühzeitig behandelt werden können“, erläutert sie. In anderen europäischen Ländern seien derartige Angebote längst gang und gäbe.

Platte Hinterköpfe

Gerade bei Säuglingen sei es sinnvoll, möglichst früh einen Osteopathen einzubeziehen, erläutert Jung. „Ich würde mir wünschen, dass das als Vorsorgeuntersuchung zum Standard gehört, ähnlich wie die U-Untersuchungen beim Kinderarzt“, sagt der Therapeut. „Manche Kinder liegen beispielsweise sehr, sehr lange in der gleichen Position im Bauch“, sagt Jung. Das führe dazu, dass die Spannung auf einer Körperseite größer sei als auf der anderen. Werde dieser Unterschied nicht behoben, führe er zu motorischen Entwicklungsstörungen. Die Kinder können den Kopf dann beispielsweise nur in eine Richtung drehen, entwickeln eine Lieblingsseite. Weil sie anfangs viel liegen, verformt sich der Kopf. „Das sind die berühmten schiefen Hinterköpfe“, sagt Jung. Auch bei Kaiserschnittbabys und Neugeborenen, die eine schwierige Geburt hinter sich haben, gebe es häufig Behandlungsbedarf, sagt Jung.

Die Dynamik des Körpers

Bei Babys, genau wie bei Erwachsenen auch, versucht der Osteopath, die Spannungen zu lösen, indem er sich die körpereigene Dynamik zunutze macht – die Atmung beispielsweise, den Herzschlag, die Motorik. Bei Säuglingen hilft nicht selten der Saugreflex bei der Behandlung. Sie lässt Jung schon mal an seinem kleinen Finger nuckeln, während er sanft die Stirnpartie behandelt und Spannungen löst.

Nach der Entbindung kommen unter anderem Frauen zu Jung, die Probleme mit dem Kreuzbein oder mit Brustentzündungen haben. Insgesamt wird das neue Angebot des Elternzentrums von den Patientinnen gut angenommen – doch nicht nur von ihnen. Immer öfter kommen auch Ärzte aus dem Klinikum zur Behandlung, was Jung besonders freut. Zwar sei seine Sprechstunde in erster Linie für Schwangere, Babys und Mütter gedacht. „Aber wenn ich dazu beitragen kann, Vorbehalte abzubauen, indem ich hier Ärzte behandele, die hinterher feststellen, dass es ihnen besser geht, ist das ein großer Schritt für die Osteopathie.“

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