Parallelen zum Fall George Floyd

Junge-Zeitung-Autor Yannik Burkard kommentiert die Proteste in Frankreich.
Frankreich kommt nicht zur Ruhe. Noch vor wenigen Wochen zogen aufgrund der von Präsident Emmanuel Macron durchgesetzten Rentenreform Protestaktionen durch das Land. Nun sorgt der Tod des 17-Jährigen Nahel M. für Aufruhr. In der Nacht zum 30. Juni kam es zum dritten Mal in Folge zu gewalttätigen Ausschreitungen - mit Szenen die in Ursache und Form stark an die Black-Lives-Matter-Demonstrationen von 2020 in den USA erinnern. Wird der Jugendliche mit algerischer Herkunft zu Frankreichs George Floyd?
Der Vergleich ist durchaus naheliegend. In beiden Fällen gibt es den Verdacht auf eine rassistische Motivation der Taten. Auch in beiden Fällen stimmte der ursprüngliche Polizeibericht nicht mit den Umständen überein, die in von Passanten aufgenommenen Handyvideos gezeigt wurden, und schien zu versuchen den Vorfall zugunsten der Polizisten zu verharmlosen.
Ein Unterschied besteht allerdings im Umgang der politischen Führung mit der Situation. Obwohl er die Aufstände natürlich als „durch nichts zu rechtfertigen“ verurteilt, sagt Macron auch klar: „Wir haben einen Jugendlichen, der getötet wurde, das ist nicht zu erklären und nicht zu entschuldigen“. Der damalige US-Präsident Donald Trump hingegen glänzte in seiner Amtszeit mit relativierenden Kommentaren wie „Weiße werden auch getötet“ und erwog nach Aussagen seines damaligen Verteidigungsministers sogar, die Demonstrationen mit Waffengewalt zu beenden.
Trotz Startschwierigkeiten der amerikanischen Justiz wurde der Hauptverdächtige im Fall George Floyd, Derek Chauvin, schlussendlich zu mehr als 22 Jahren Haft verurteilt - ähnliches könnte dem Polizist im Fall Nahel M. blühen, der sich schon jetzt wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung in Untersuchungshaft befindet. Zugleich legt das US-Beispiel nahe, dass die Proteste auch in Frankreich vorübergehen werden, ohne eine weitreichende Reform des Polizeisystems zu erwirken. nachrichten@fnp.de