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Polizei bereitet sich auf Extremisten vor

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Die Befehlszentrale im Polizeipräsidium: Hier laufen alle Fäden zusammen und wird in sekundenschnelle reagiert. FOTO: rainer rüffer
Die Befehlszentrale im Polizeipräsidium: Hier laufen alle Fäden zusammen und wird in sekundenschnelle reagiert. © Rainer Rüffer

Innenminister sind in der Befehlszentrale bei digitaler Live-Übung im Einsatz dabei

Drei Tage lang haben sich die CDU- und CSU-Innenminister Peter Beuth (Hessen), Joachim Herrmann (Bayern), Armin Schuster (Sachsen) und Thomas Strobl (Baden Württemberg) in Frankfurt und Bad Homburg getroffen, um sich bei den „Analytic Days“ über die digitale Entwicklung der Polizei in Hessen zu informieren. Der Abschluss war eine Übung im Herzen des Frankfurter Polizeipräsidiums mit der Verfolgung und Festnahme zweier Reichsbürger, die einen Anschlag planen.

Akten wälzen war gestern. Wenn die Polizei in Frankfurt heute Kenntnis von geplanten Verbrechen hat, geht es blitzschnell in der Befehlszentrale im Polizeipräsidium. Ein Informanten-Hinweis vom Verfassungsschutz hat für die Übung ergeben, dass ein Mann, der der Reichsbürgerszene nahe steht, mit einer Gruppe einen Anschlag in Frankfurt plant. Eine „Sonderlage“ wird ausgerufen. Höchste Gefahr. Der Mann kommt aus Köln und fährt mit einem unbekannten Mann im Wagen los. Sofort laufen die Fäden in dem großen Raum in Frankfurt zusammen. Auf großen Leinwänden tauchen dürftige Informationen wie von Geisterhand auf. In der Mitte des Raumes sitzt sich der Führungsstab zu zehnt gegenüber, in U-Reihen drum herum weitere Dutzende Ermittler, Fahnder, Spezialisten. Das Kennzeichen und der Wagentyp sind bekannt. Es steht auf der Leinwand. Daneben Informationen über den Halter. Das mobile Einsatzkommando (MEK) in Köln verfolgt das Fahrzeug bis Hessen. Andere übernehmen. Eine Karte in der Befehlszentrale ploppt auf, die Bewegung des Fahrzeugs werden genau registriert.

Das Ziel des Fahrers ist über den Informanten bekannt. Das Lokal in einer Kleingartenanlage wird sofort von einem Frankfurter MEK-Team ausgemacht. Die Entfernung und ungefähre Fahrtdauer der Zielperson tauchen auf der Leinwand ebenso auf wie Bilder vom Eingang des Lokals, vom Parkplatz und der Umgebung. Leise und konzentriert werden Befehle gegeben, Positionierungen diskutiert, überlegt, wie und wann die Festnahme erfolgen soll. Telefone laufen heiß, Tasten auf Computern klacken. Ohne Hektik, aber ständig. Da in den Kleingärten Ermittler auffallen würden, wird eine Drohne eingesetzt. Das Sondereinsatzkommando wartet entfernt.

Sekundenschnelle Informationen

Es ist eine Situation, wie sie jederzeit möglich ist. Eine Situation, wie sie regelmäßig mit allen beteiligten Polizeibeamten und Einsatzeinheiten geübt wird. Mit immer anderen Szenarien und Unwägbarkeiten. Dass in der Befehlszentrale digital in unfassbarer Geschwindigkeit sämtliche Informationen auftauchen, liegt am Innovation Hub 100. Seit gut fünf Jahren leitet es Bodo Koch, Vizepräsident des Hessischen Polizeipräsidiums für Technik und Chief Digital Officer in Hessen. Thomas Seidel steht als Inspekteur als Spezialist für Sonderlagen an der Spitze der Polizei in Frankfurt. Eine gigantische Apparatur an Technik und taktischem Können machen es möglich, in Sekundenschnelle Informationen aufzurufen und bildhaft zu machen. Das Fahrzeug kommt an, zwei Männer mit einer Tasche steigen aus, gehen ins gut besuchte Lokal. Eine Festnahme ist (noch) nicht möglich. Per Video der Drohne ist zu sehen, wie sie hineingehen. Ein ziviler Beamter filmt den Tisch und die Leute, die ebenfalls daran sitzen. Es dauert nur Sekunden und die Bilder werden in der Datenbank abgeglichen. Einige sind polizeibekannt. Es fließen Polizeiprotokolle auf die Leinwände, künstliche Intelligenz filtert Netzwerke. Einige sind unauffällig, manche nicht. Ein Mann war Soldat und hat im Wehrdienst eine waffenrechtliche Erlaubnis erhalten. Die Kennzeichen der geparkten Wagen werden überprüft. Eines gehört einer Frau, die die Zielperson kennt und zur Gruppierung gehört. Längst steht fest, dass die Männer mit der Tasche festgenommen werden, nachdem sie das Lokal verlassen. Sie stehen auf, gehen raus. „Zugriff“ sagt der Einsatzleiter. Handschellen klicken. Die Tasche mit Pistolen wird konfisziert.

Die Geschwindigkeit verblüfft die Innenminister. Sie loben Christian Vögele, den Vizepräsidenten der Frankfurter Polizei, Siebert und Koch. Beuth und Herrmann sind sich einig, dass die „extrem zielführende Technik für erfolgreiche Polizeiarbeit“ in allen Bundesländern so ausgebaut werden sollte, wie in Hessen und Bayern. Sabine Schramek

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