„Geräumt wird auf jeden Fall“: Polizei will im Fechenheimer Wald in Frankfurt kein Risiko eingehen
Im Fechenheimer Wald stehen die Einsatzkräfte vor vielen Herausforderungen. Mit Ausschreitungen wie in Lützerath rechnet die Polizei Frankfurt aber nicht.
Frankfurt - Baumhäuser, Seile, Löcher im Boden, Aktivisten, die Bäume vor dem Fällen retten wollen: Die bevorstehende Räumung des Fechenheimer Waldes stellt die Polizei vor so manche Herausforderung. Wann der Einsatz beginnt, ist weiter offen.
Die Beamten seien „intensiv und gründlich vorbereitet“, erklärt der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller. „Wir werden kein Risiko für einen schnellen Einsatz eingehen“, betont er mit Blick auf die von den Gegnern des Autobahnausbaus errichteten Baumhäuser und „Veränderungen am Boden und in der Höhe“ seit einem Jahr.
Besetzung dauert an: Polizei will Fechenheimer Wald in Frankfurt räumen
Die Besetzer haben Gräben gegraben, Seile gespannt. Bei all diesen Konstruktionen sei höchste Vorsicht geboten, betont Müller. Die Bauten aller Art böten allerlei Risiken für Leib und Leben. „Wir müssen jede Veränderung, jedes Seil, das wir vorfinden, jeden Baumstamm, jede Plattform in den Bäumen genau begutachten, wie die Konstruktionen miteinander verbunden sind. Die Sicherheit aller, die sich im Wald aufhalten, geht vor“, erklärt er.

Daher sei nicht klar, wie lange die Räumung dauern wird. Die Besetzer, die sich in dem Waldstück eingerichtet haben, hatten in der Nacht auf Mittwoch mitgeteilt, dass sie das Waldgebiet nicht verlassen wollen.
Polizei Frankfurt lässt genauen Zeitpunkt der Räumung im Fechenheimer Wald offen
Noch ist es ruhig im Fechenheimer Wald in Frankfurt. Es sind kaum Absperrungen zu sehen, nur wenige Polizeiautos stehen rund um das sieben Hektar große Areal, in dem auf 230 Metern Länge insgesamt 2,3 Hektar Wald gerodet werden sollen, um die A66 weiterzubauen und mit dem Riederwaldtunnel zu verbinden. Wann und wie die Räumung beginnt, lässt Müller offen. Seit Mittwoch ist sie möglich, weil da die nötige Allgemeinverfügung von Hessenforst in Kraft getreten ist.
Die Polizei setzt zunächst auf direkte Ansprache der Besetzer in dem Gebiet. Erik Hessenmüller, Leiter des Vorbereitungsstabes für die Räumung, erwartet zunächst „friedliche Proteste“, wenn die Polizei in das Waldstück geht. Er hofft, dass die Leute durch die Ansprache freiwillig gehen. Wer nicht geht, wird rausgetragen. „Es werden Platzverweise erteilt, die Identität festgestellt und die Leute durchsucht. Eventuell werden sie in Gewahrsam genommen.“
Polizei plant, Besetzung im Fechenheimer Wald in Frankfurt friedlich aufzulösen
Er rechnet allerdings auch mit Menschen, die sich am Boden teilweise einbetonieren oder in Baumhäusern anketten. „Auch hier sprechen wir die Leute zuerst an, und der Gesundheitszustand wird durch einen Notarzt vor Ort abgeklärt.“ Bei Besetzern, die sich anketten oder einbetonieren, bestünde ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, wenn sie stundenlang fixiert seien. Spezialeinheiten werden die Ketten oder andere Befestigungen „mit hoher Sorgfalt“ lösen.
Bei Demonstranten, die sich oben in Bäumen fixiert haben, erfolgt ebenfalls erst eine Ansprache, bevor Spezialkräfte mit technischem Gerät wie Hebebühnen hinaufgehen. „Oft sind die Leute in den Bäumen nicht in der Lage, sich selber zu befreien. Das kann Stunden dauern, bis die Lockdowns in der Höhe abgelöst sind“, weiß er aus Erfahrung im Dannenröder Forst. „Auch hier nehmen wir kein Risiko in Kauf für einen schnellen Einsatz“, so Hessenmüller, der mehrfach erwähnt, dass sich einige Personen durch das Selbstfixieren in Lebensgefahr begeben.
Polizei rechnet bei Räumung des Fechenheimer Walds in Frankfurt nicht mit Ausschreitungen
Mit Ausschreitungen wie am Mittwoch in Lützerath rechnet die Polizei nicht. Es gibt im Fechenheimer Wald wenig Rückzugsmöglichkeiten. Dass die Räumung ohne massiven Widerstand abläuft, ist ebenfalls nicht anzunehmen. „Wachsam“ sei man sehr. „Geräumt wird auf jeden Fall“, so Müller, der betont, dass die Polizei eine „neutrale Instanz“ sei.
„Natürlich bin auch ich daran interessiert, dass es diesen Planeten noch lange weiter geben wird, aber die Polizei hat eine Aufgabe zu erfüllen.“ Dazu zähle, „einen Ausgleich von Grundrechtsträgern herbeizuführen“: mit der Autobahn GmbH, den Besetzern und den Pendlern, die sie eine Entlastung des Verkehrs in diesem Teil der Stadt wünschten.
Verkehrsbehinderungen durch Räumung des Fechenheimer Walds in Frankfurt
Während der Räumung wird es zu weitläufigen Verkehrssperren kommen, die bekannt gegeben werden, sobald die Räumung beginnt. Gegner des Autobahnbaus haben am Mittwoch einen Eilantrag auf gerichtliche Prüfung der Sperrung des Fechenheimer Waldes eingelegt.
Der Landesverband der Linken in Hessen sieht Gemeinsamkeiten zwischen der bevorstehenden Räumung in Fechenheim und jener in Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier: „Keine Dörfer für den Kohleabbau, kein Wald für den Autobahnausbau“, forderte der Landesverband. Angesichts der Klimakrise sei es untragbar, dass eine Autobahnverlängerung nach Plänen von Anfang der 1970er Jahre auf Kosten des Waldes im Osten Frankfurts durchgesetzt werden solle, sagte der Landesvorsitzende Jakob Migenda. (Sabine Schramek mit dpa)