Prinzip Hoffnung bei Awo-Zusammenarbeit
Trotz verlorener Gemeinnützigkeit übernahm die Arbeiterwohlfahrt 2021 von der Stadt die Trägerschaft für eine neue Kita in Frankfurt.
Die Stadt Frankfurt hat der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Frankfurt die Trägerschaft für eine im Frühsommer vergangenen Jahres eröffnete neue Kita überlassen, obwohl bekannt war, dass dem Wohlfahrtsverband wegen Misswirtschaft und Protzgehältern für das Führungspersonal die Gemeinnützigkeit seit 2014 aberkannt worden war. Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) spricht von einer „Einzelfallentscheidung“.
Es geht um die Kita Laurentiusstraße (Bergen-Enkheim) mit 48 Krippen- und 42 Kitaplätzen. Das Projekt sei 2009 geplant worden, berichtet die Bildungsdezernentin. Zu jenem Zeitpunkt habe sich die Awo Frankfurt um die Trägerschaft beworben. Sie erhielt den Zuschlag. Im Fachdezernat wie dem Stadtschulamt galt damals die Awo als verlässlicher Partner in puncto pädagogischer Kompetenz. „Das gilt bis heute“, unterstreicht Weber. 2017 wurde mit dem Bau begonnen. Als die Kita Ende 2021 fertiggestellt war, hätte sie eigentlich nicht an die Awo übergeben werden können: Das Finanzamt hatte dem Wohlfahrtsverband im Juli 2021 die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 2014 entzogen.
Weber: „Ein anerkannter Träger“
Für den Anspruch auf städtische Fördermittel ist aber die Gemeinnützigkeit zwingend vorgeschrieben. Das bestätigte Sylvia Weber auf Nachfrage. „Aber die Awo war ja trotzdem ein anerkannter Träger der Jugendhilfe, und wir hatten immer die Hoffnung, dass sie die Gemeinnützigkeit zurückerlangt.“ Anlass ihrer Hoffnung sei vor allem der Wechsel in der Führungsspitze der Awo und deren erkennbarer Reformwillen gewesen. Der Awo die 2010 zugesagte Trägerschaft für die neue Kita Laurentiusstraße und damit die städtische Förderung zu entziehen, sei ihr nicht in den Sinn gekommen. Die Stadt zahlt laut Weber an gemeinnützige Träger pro Krippenplatz rund 900 Euro monatlich und pro Kita-Platz um die 630 Euro pro Monat, um dem Träger den Betrieb zu ermöglichen. Die Räumlichkeiten im Neubau Laurentiusstraße stellt die Stadt der Awo mietfrei zur Verfügung.
Der Verlust der Gemeinnützigkeit bei einem mit 19 Kitas wichtigen Träger der Stadt sei ihr nicht entgangen, so Weber. „Da es einen solchen Fall noch nie zuvor gab, hatten wir kein Handlungsmodell für das weitere Vorgehen.“ In Abstimmung mit dem Stadtschulamt, das die Qualität der Facharbeit in den Awo-Kitas anerkenne, habe sie beschlossen, „es weiterlaufen zu lassen“.
Die Zuverlässigkeit des Partners Awo stand der Feststellung der Finanzbehörden zum Trotz für die Bildungsdezernentin eigener Auskunft zufolge auch deshalb außer Frage, weil die Awo sich inzwischen, so Weber, von der „raffgierigen Clique um das Ehepaar Richter“ getrennt und erhobenen Regress in Höhe von 960 000 Euro „anstandslos und prompt“ zurückgezahlt habe.
Prüfungen noch nicht abgeschlossen
Die Stadt hatte die Summe zurückgefordert, weil die Awo-Führung städtische Fördermittel nicht zweckentsprechend für den Betrieb der Kitas, sondern vorrangig für überhöhte Gehälter und dicke Dienstwagen verwendet hatte. Die Summe beziehe sich nur auf die Jahre 2017 und 2018. Die Prüfungen für die Jahre 2015, 2016 und 2019, an denen neben Stadtschulamt und Kämmerei auch das Rechtsamt wie das Revisionsamt beteiligt seien, stünden noch aus.
Mit ausstehenden Forderungen an die Awo hat auch das Sozialdezernat noch zu tun. Die Konsequenz der zuständigen Dezernentin Elke Voitl (Grüne) ist klar: „Seit öffentlich wurde, wie es bei der Awo zuging und dass sie ihre Gemeinnützigkeit verloren hatte, gab und gibt es mit unserem Haus keinerlei Zusammenarbeit mehr. Und das bleibt auch so, solange nicht alle Vorgänge restlos geklärt sind.“ Ein Strafprozess gegen das Ehepaar Richter und weitere Beschuldigte, die die Stadt im Zusammenhang mit dem Betrieb von zwei Flüchtlingsheimen betrogen haben sollen, steht noch aus. Im Februar dieses Jahres vermeldete die Awo auf ihrer Homepage, dass sie die Gemeinnützigkeit wiedererlangt habe und nun auch wieder Spendenquittungen ausstellen dürfe.