Protest gegen teure Straßenreinigung: Wimmelt die Stadt Frankfurt ihre Bürger ab?
Deutlich mehr Geld für die Straßenreinigung müssen einige Frankfurter zahlen. Ihre Einsprüche aber schiebt die Stadt auf die lange Bank.
Frankfurt – Beim Kassen- und Steueramt der Stadt Frankfurt scheint man auf wortreiche Abschreckung zu setzen: Jeder der Bürger, der gegen die Anfang Juni ins Haus geflatterte Verteuerung der Straßenreinigungskosten Einspruch eingelegt hat, hat einen langen Brief bekommen, in dem erklärt wird, warum dieser Einspruch keinen Erfolg haben wird. Etwa Karl-Heinz Werr, Anwohner der Hilligengasse 17: Er soll, weil sein Eckhaus zwei Straßenseiten hat, statt bisher jährlich 350,76 Euro nun 844,68 Euro per anno bezahlen – stolze 500 Euro mehr.
Betroffen von diesen zum Teil saftigen Erhöhungen sind nach Auskunft von Umweltamts-Sprecherin Lea Kreher etwa 100 Straßen im Stadtgebiet, einige davon in der Höchster Altstadt: Dort hat die Stadt die Reinigungsklasse hochgestuft. Das heißt bei Karl-Heinz Werr: Statt – wie bislang – zweimal pro Woche wird vor seinem Haus jetzt fünfmal gereinigt. Nur: „Davon merken wir nichts“, sagt Werr.
Großer Ärger über Frankfurter Straßenreinigung: Gebühren zu teuer?
Er verweist auf das Stück Hilligengasse, das einen kleinen Platz bildet. Dort sind drei Parkplätze markiert. Aus den Ritzen des Kopfsteinpflasters sprießt Unkraut in die Höhe. Dessen Beseitigung gehört eigentlich auch zu den Aufgaben der Straßenreinigung. „Früher kam einmal die Woche einer von der FES, hat sich darum gekümmert“, sagen Werr und Slachmuylders. Seit etwa vier Jahren sei diese Dienstleistung eingestellt. Die Anwohner greifen zur Selbsthilfe, so hat etwa Nachbar Detlef Köhler Löwenzahn & Co. vor seinem Haus ausgestochen: „Ich hab’s nicht mehr ausgehalten, ich hab’s weggemacht.“

Die Nachbarn sind sich einig: Die FES kommt ihren satzungsgemäßen Reinigungspflichten, für die nun deutlich mehr Geld verlangt wird, nicht einmal ansatzweise nach; davon, dass fünfmal pro Woche gereinigt werde, könne keine Rede sein; zum Teil liege Müll bis zu 14 Tage in der Gasse. In der Belehrung des Kassen- und Steueramts, die mehrere Nachbarn erhalten haben, heißt es zu diesem Punkt: „Es ist zu beachten, dass nicht jeder einzelne Quadratmeter gereinigt werden muss, um von einer die Straßenreinigungsgebühr rechtfertigenden Leistung sprechen zu können.“ Im Klartext: Auch wenn der Straßenfeger beim Passieren der Gasse seinen Reisigbesen hinter sich herschleift, ist der Reinigungspflicht genüge getan.
Auch Teil-Reinigung gilt in Frankfurt als ausreichend
Mangelnde Sorgfalt, die jetzt von den Nachbarn beobachtet werde, sei übrigens auch kein Grund, die Heraufsetzung der Gebühren anzufechten: „Bitte beachten Sie, dass zum Zeitpunkt Ihres Widerspruchs noch nicht über einen Leistungsmangel für das Jahr 2023 entschieden werden kann.“ Ein Anspruch auf Ermäßigung komme erst in Betracht, wenn eine „erhebliche Leistungsminderung“ vorliege. Das sei nicht der Fall, wenn die Straße „im überwiegenden Teil als gereinigt angesehen werden kann“.
Das Kassen- und Steueramt hat Werrs Widerspruch gegen die Erhöhung deshalb zum „Antrag auf Erstattung der Straßenreinigungsgebühren“ erklärt und kurzerhand ans Umweltamt weitergeleitet. Dort könne man allerdings auch nicht vor Ablauf des Jahres darüber entscheiden, erst dann sei ein Leistungsmangel festzustellen. Gleichwohl habe das Kassen- und Steueramt das Umweltamt gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Gegen die Entscheidung des Umweltamts werde Karl-Heinz Werr dann aber in einem separaten Widerspruchsverfahren vorgehen müssen. Bis dahin heißt es: Zahlen! Einsprüche haben keine aufschiebende Wirkung.
Nachbar Detlef Köhler hat auf seinen Widerspruch vom Kassen- und Steueramt eine andere Auskunft bekommen: „Wir haben den Sachverhalt zur Überprüfung aufgenommen und werden uns unaufgefordert an Sie wenden, sobald die Überprüfung abgeschlossen ist.“
Stadt Frankfurt ignoriert Gesprächsangebot der Anwohner
Die Bitte der Anwohner, die Situation mit ihnen vor Ort zu besprechen, wo die Reinigungsmisere klar erkennbar ist, hat die Stadt geflissentlich ignoriert. Auch würden die Nachbarn gerne wissen, warum in ihrem schmalen Fußgängergässchen fünf mal die Woche gereinigt werden soll, während der vom Kopfsteinpflaster und damit Aufwand her vergleichbare, aber mit Autos befahrbare Burggraben bei einer wöchentlichen Reinigung belassen worden sei.
Den Widerspruch von Anwohner Stephan Slachmuylders konnte die Stadtverwaltung indes gleich abbügeln: Abgeschickt worden war er am 24. Juni, eingegangen ist er aber erst am 4. Juli – da war die vierwöchige Widerspruchsfrist, die von der Stadt ab 30. Mai berechnet wird, abgelaufen, somit ist der Widerspruch „unzulässig“. Zulässig ist für die Stadt hingegen, dass sie die neue Reinigungssatzung zum 1. Januar 2023 in Kraft setzt, aber die Erhöhung der Gebühren erst per Schreiben vom 30. Mai mitteilt – und rückwirkend zum 1. Januar berechnet. (Holger Vonhof)
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