„Das ging zu weit“: Peter Feldmann ist den Tränen nahe – und fordert seinen Freispruch
Sichtlich bewegt spricht der abgewählte und wegen Vorteilsannahme angeklagte Peter Feldmann in Frankfurt sein Prozess-Schlusswort. Das Urteil fällt am Freitag.
Frankfurt - Der wegen des Verdachts der Vorteilsannahme angeklagte ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) war am Mittwochvormittag schon fast am Ende seines sogenannten letzten Wortes angekommen, da brach ihm die Stimme weg. Er rang sichtlich um Fassung, war den Tränen nahe. „Ich möchte mich bei meiner Tochter entschuldigen“, sagte Feldmann vor dem Landgericht und schluckte. „Das ging zu weit.“
Damit gemeint war Feldmanns Äußerung in einer von seinen Anwälten verlesenen Erklärung zu Anfang des Prozesses, dass die Schwangerschaft ungewollt war und er die Abtreibung gewünscht habe, sich aber nicht durchsetzen konnte. „Ich habe mich bewusst für die Rolle als Vater und für das Leben entschieden“, sagte Feldmann gestern und sprach seine Tochter direkt an. „Für dich.“
Frankfurts Ex-OB Feldmann: Erneute Entschuldigung bei der Familie
Auch bei seiner mittlerweile getrennt von ihm lebenden Ehefrau Zübeyde entschuldigt sich Feldmann für die sehr privaten Äußerungen („Ja, ich wollte sie heiraten.“), ebenso wie bei seiner ältesten Tochter. Sie müsse in der Schule laufend Fragen über ihren Vater beantworten, etwa, ob er jetzt ins Gefängnis müsse. „Ich hoffe, dass sie bald mit fester Stimme Nein sagen kann.“
Noch ist das Urteil nicht gefallen. Erst am Freitag um 10 Uhr will der Vorsitzende Richter Werner Gröschel die Entscheidung der 24. Wirtschaftsstrafkammer verkünden.
Feldmann wird unter anderem vorgeworfen, dass seine frühere Lebensgefährtin und spätere Ehefrau als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ein überhöhtes Gehalt und einen Dienstwagen erhalten haben soll. Das Arbeitsverhältnis soll aufgrund seiner damaligen Stellung als Oberbürgermeister geschlossen worden sein. Im Gegenzug soll sich Feldmann dem Sozialverband gegenüber wohlwollend verhalten haben. Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 175 Euro, insgesamt 31 500 Euro.
Feldmanns Verteidiger forderten indes einen Freispruch. Rechtsanwalt David Hofferbert wies in seinem Plädoyer gestern nochmals darauf hin, dass Wahlbeamte anders als Laufbahnbeamte nicht nur nach Recht und Gesetz handelten, sondern auch politisch aktiv seien. Die Kontakte zwischen der Awo-Leitung und Feldmann seien Teil der üblichen politischen Arbeit des Oberbürgermeisters gewesen. Eine von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Beeinflussung wäre nur angreifbar, wenn sie Einfluss auf Verwaltungsentscheidungen gehabt hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Frankfurt: Feldmann weist Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück
Das sieht auch Feldmann selbst so. „Es gibt keine Mail, kein Telefonat, keinen Brief und keine SMS, die beweisen, dass ich die Stadtverwaltung beeinflusst habe“, sagte er. Dies hätten auch die Zeugenaussagen ergeben. „Stillschweigende Unrechtsvereinbarungen schmecken anders“, sagte der ehemalige Oberbürgermeister und wies die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in seinem letzten Wort abermals zurück: „Ich habe in keine Kasse gegriffen, ich bin nicht korrupt.“ Feldmann betonte, dass er von einer „ordnungsgemäßen Anstellung“ seiner damaligen Frau ausgegangen war. Quereinstiege seien in seinem Leben normal. Auch seine Mutter habe als gelernte Krankenschwester und Erzieherin zunächst als Bibliothekarin in einer Schule gearbeitet, später habe sie, verbeamtet, alle Fächer unterrichtet, „ohne jemals „eine Uni von innen gesehen“ zu haben.
„Ich bin niemals davon ausgegangen, dass die Awo unzulässig Einfluss auf mich nehmen wollte“, sagte Feldmann. Allerdings bereue er, nicht genauer hingeschaut zu haben, was in seinem Umfeld passierte. „Hätte ich einen unzulässigen Einfluss bemerkt, hätte ich mit Härte reagiert“, so Feldmann. Der Staatsanwaltschaft warf er vor, ein Exempel statuieren zu wollen.
Frankfurts Ex-OB Feldmann: Höchststrafe bereits erhalten
Und so sagte Feldmann: „Ja, ich will den Freispruch. Unbedingt.“ Die Höchststrafe habe er bereits erhalten. In den vergangenen drei Jahren sei er genug mit dem Thema gequält worden, habe Ablehnung und blanken Hass ertragen müssen. „Das ist nicht vergnügungsteuerpflichtig“, sagte Feldmann. Zumal ihn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seinen „großartigen“ Job als Oberbürgermeister gekostet hätten.
Feldmann erinnerte den Richter zudem daran, dass ihm bei einer Verurteilung der Verlust seiner Pensionsansprüche drohe. Für den Fall, dass das Gericht ihn dennoch verurteilen wolle, bat der 64-Jährige darum, nicht mehr als 90 Tagessätze anzusetzen. Dann würde er nicht als vorbestraft gelten. „Das ermöglicht mir eine berufliche Zukunft“, sagte Feldmann.
Ob er bei der Urteilsverkündung am Freitag dabei sein wird, war am Mittwoch noch nicht klar. Ursprünglich wollte Peter Feldmann am heutigen Donnerstag in den Skiurlaub fahren. (Julia Lozenz)